Veröffentlicht: 31.01.2025. Rubrik: Fantastisches
Materie 14 -Magie-
„Adrian,letzte Nacht...es ist wieder passiert. Ich träumte. Wie nanntest du das?“
„Synchronizität. Unterscheidet sich der Traum von Anderen?“
„Ja, die Lebendigkeit, die Plastizität…“
„Ich verstehe. War es schlimm?“
Heftig mit dem Kopf nickend:
„Meine Mom und Didi brauchten fast eine Stunde, um mich zu beruhigen.“
„Wollen wir darüber sprechen, oder möchtest du zuerst etwas sehen, was ich dir zeigen möchte?“
Sein konzentrierter Blick sagt fast alles. Es ist ihm wichtig.
„Später.“
Ich lächle ihn aufmunternd an.
„Schau, all die Dinge, die du siehst, sind eigentlich nicht existent. Alles um uns herum besteht zum größten Teil aus Nichts. Laut Physik!“
„Erklär´s mir.“
„Alles, was man dir in der Schule erklärt, entspricht eigentlich nicht der Wirklichkeit. Oder oft nur zu einem geringen Teil. Man zeigt dir die Welt nur durch ein Schlüsselloch!“
Mir läuft es eiskalt den Rücken herunter.
„Ein Atom ist aus kleinsten Teilchen aufgebaut. Zwischen dem Atomkern und den Elektronen ist genauso viel leerer Raum, wie zwischen der Sonne und den Planeten. Ungeheuer mehr Leere als Materie oder besser Energie. Es ist quasi so, als wenn du einen Fußball auf die eine Seite eines Fußballfeldes platzierst und eine Murmel auf der anderen Seite. Das meiste ist einfach Fußballfeld, Möglichkeiten.“
Adrian mustert mich. Sucht nach Anzeichen von Verstehen.
„Weiter, so schwer ist es nicht. Das weiß ich noch alles.“
„Falsch, jetzt kommt der interessante Teil. Diese Atome flitzen in der sogenannten Leere herum und es ist sehr schwierig ihre Position zu bestimmen. Und selbst wenn man das kann, steht man vor dem Problem nicht zu wissen welche Energie diese haben. Es geht nur das Eine oder das Andere. Entweder Energie oder Position! Stell dir eine Lichtkanone vor, die beständig Photonen auf einen Leuchtschirm abfeuert. Du weißt, was Photonen sind?“
„Adrian, bitte! Es sind Lichtteilchen. Physik ist nicht mein Steckenpferd wie bei dir, aber die Grundlagen kenne ich noch.“
„Diese Lichtteilchen treffen in einem stetigen Strom auf den Leuchtschirm. Was also siehst du dort?“
„Lichtpunkte?“
„Ja klar, Lichtpunkte. Aber was ich meinte, ist ein runder, leuchtender Kreis. Wir wissen ja nicht, wo das Lichtquant auftrifft. Durch die Wahrscheinlichkeit verteilt sich der stete Strom an Photonen gleichmäßig innerhalb der Streuung zu einem Lichtkegel, wie eine Taschenlampe. Jetzt nimm eine Platte mit einem senkrechten Spalt in der Mitte und stell ihn zwischen dem Schirm und der Lichtkanone. Was passiert, was siehst du?“
„Ich nehme mal an, ich sehe einen Lichtspalt?“
„Richtig! Du siehst einen Lichtspalt. Jetzt ersetze den Schirm mit nur einem Spalt, gegen einen mit zwei Spalte. Was siehst du jetzt?“
„Zwei Lichtspalte?“
Er lächelte.
„Nein, du siehst eine Interferenz!“
„Muss ich wissen, was das ist?“
„Entschuldige. Auf dem Schirm entstehen mehrere Lichtspalte, deren Maximum in der Mitte ist und nach den Seiten abflachen. Wie eine Welle, mit Unterbrechungen!“
„Was bedeutet das?“
„Es bedeutet erst mal, dass die Welt nicht so ist, wie wir glauben. Wir haben zwei Lichtspalte erwartet, wie bei dem Schirm mit nur einen Spalt. Es ist aber etwas anderes eingetreten. Und halt dich fest! Es ist abhängig davon, ob jemand zuschaut oder nicht!“
„Ich bin verwirrt. Wieso soll ein anderes Ergebnis herauskommen, wenn jemand zuschaut als wenn nicht?“
„Wenn du zuschaust, erscheinen zwei Lichtspalte, wenn nicht, entsteht die Interferenz!“
„Ich verstehe immer noch nicht, was das bedeutet.“
„Wenn sich die Materie deinem Willen beugt, also der Materiezustand davon abhängig ist, ob du hinschaust oder nicht und der größte Teil aller Dinge Nichts oder besser Möglichkeiten sind, dann ist alles um uns herum nur da, weil jemand seine emotionale Aufmerksamkeit darauf gerichtet hat!“
Fassungslos schau ich ihn an.
„Ich…ich verstehe nicht.“
„Jules, jeder von uns ist ein Magier! Wir erschaffen ständig die Realität.
Unbewusst!
Wach auf und mache das bewusst!“
„Du spinnst!
„Tu ich das? Probiere es!“
„Du meinst also, wenn ich mir vorstelle hier und jetzt einen Vogel in meiner Hand erscheinen zu lassen, geschieht es?“
„Hm, ich denke es gibt Regeln. Etwas Lebendiges zu erschaffen, gehört nicht dazu. Die Zeit zu manipulieren, erscheint mir auch schwierig. Aber zum Beispiel etwas zu bewegen sollte gehen.“
„Wieso sollte das funktionieren?“
„Schau, du erinnerst dich an die Lichtquanten am Anfang meiner Erklärung, die einen Lichtkegel schufen?“
„Hmhm.“
„Wenn der Quant auftrifft, kann das überall sein. Also ist jeder Punkt auf dem Schirm möglich. Aber nur einer wird wahr. Rate welcher?“
Ungläubig schaue ich ihn an.
„Da wo ich hinschaue?“
Er nickt.
„Da wo deine Aufmerksamkeit ruht!“
„Ist dir klar, was du da behauptest?“
„Mehr als du dir vorstellen kannst!“
„Das macht mir Angst!“
„Warum? Du machst das beständig, die ganze Zeit. Nur weil du jetzt weißt, wie es funktioniert, ändert sich nichts. Es wird sich auch erst einmal nichts ändern, wenn du versuchst etwas zu bewirken.“
„Also funktioniert es doch nicht!“
Er lacht auf, um sofort wieder ernst zu werden.
„Glaub mir, es funktioniert. Es gehört Übung dazu und eine starke Emotion. Du vertraust dem Wissen nicht, hast beständig Zweifel. Du musst Selbstvertrauen entwickeln. Vertrauen darin, dass du laufen kannst. Eine klare Vorstellung, Emotion und Übung!“
„Ich kann das nicht glauben!“
„Nein?“
Er fischt ein 10 Cent Stück aus der Hosentasche und legt es auf den Tisch.
„Pass genau auf!“
Er schließt die Augen, atmet ruhig und langsam ein und aus, bewusst. Dann öffnet er die Augen und blickt auf die Münze, minutenlang. Die Münze scheint in den Tisch zu sinken. Dann ist sie verschwunden! Mit einem Klingen fällt sie auf den Boden unter dem Tisch.
Keuchend atme ich aus. Meine Nackenhaare stellen sich auf und ich bekomme eine Gänsehaut.
„Oh mein Gott! Wie…wie ist das möglich?“
„Erinnere dich an den Anfang. Das meiste ist einfach leerer Raum. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Atome vom Tisch und der Münze berühren ist verschwindend gering.“
„Ich meine, wie hast Du das gemacht? Wie?“
„Auch das habe ich dir schon gesagt. Das was du gerade gesehen hast, ist nur eine aus unendlichen Möglichkeiten. Eine sehr Unwahrscheinliche zwar, aber eine Möglichkeit. Und genau das ist die Kunst. Zu erkennen was möglich ist und alle Schranken im Kopf beiseite zu schieben. Dann ist es nur ein kleiner Schubs.
Es gibt einen kausalen Zusammenhang aller Dinge in der Welt. Nicht physikalisch, eher potentiell. Alles kann, muss aber nicht zusammenwirken. Nur durch unseren Willen wird es real.“
Mir schwindelt.
„Ich habe so viele Fragen. Warum macht das nicht jeder, wieso kannst nur du das?“
„Das kann jeder. Übung, schon vergessen? Warum das nicht jeder macht? Warum hast du es nicht gemacht?“
„Aber ich wusste es nicht!“
„Ja, du hast es nicht gelernt. Niemand lernt es. Weil man es dir und mir nicht erzählt! Das Wissen dazu existiert jedoch und ich glaube auch nicht, dass wir die ersten sind die es herausgefunden haben. In den alten Schriften ist das Wissen überliefert. Zum Beispiel in der Hermetischen Tradition; die Tabula Smaragdina …Das was unten ist, ist wie das, was oben ist, und das was oben ist, ist wie das was unten ist, ein ewig dauerndes Wunder des Einen.
Im Huna, den 7 spirituellen hawaiianischen Prinzipien:
Makia: Deine Energie folgt der Aufmerksamkeit
Mana: Macht kommt von innen
Selbst in der Bibel findest du die Hinweise:
Wahrlich, so ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so möget ihr sagen zu diesem Berge: Heb' dich von hinnen dorthin! So wird er sich heben, und euch wird nichts unmöglich sein.“
Er reicht mir das 10 Cent Stück.
„Verstehst Du? Glaube! Sei vollkommen davon überzeugt.“
Ungläubig nehme ich es vorsichtig in die Hand, starre darauf. Die Münze sieht normal aus und fühlt sich fest an.
„Nur Übung? Wie? Du hattest die Augen geschlossen und hast anders geatmet. Woran hast du gedacht?“
„Ich habe meinen Gedanken gestoppt und meinen Körper beruhigt. Dann habe ich gesehen, was geschehen soll. In meinen Gedanken. Und mit meinen Augen.“
Ich schaue auf die Münze, lege sie auf den Tisch. Schließe die Augen.
„An nichts denken, an nichts denken, an nichts denken…“
Er lacht auf.
„Nicht so. Eliminiere eine Wahrnehmung nach der anderen. Tasten, riechen, hören, sehen, denken. Das ist das Schwierigste. Versuche die Münze durch den Tisch fallen zu sehen. Höre den Klang, wenn sie auf den Boden fällt. Als wenn alles schon passiert wäre. Habe keine Zweifel an dem was geschieht.“
Zuerst die Augen schließen, dann nichts fühlen, wie die warme Sonne auf der Haut. Verdammt! Ich fühle! Nichts riechen, seinen Geruch nach dunkler Schokolade!
„Ich kriege das nicht hin!“
Frustriert öffne ich die Augen.
„So klappt es nicht. Ich bin zu abgelenkt.“
„Ich sagte dir doch es erfordert Übung. So einfach ist es nicht.“
Er greift nach dem 10 Cent Stück betrachtet es einen Moment und legt es mir in die Hand.
„Aber es ist machbar. Probiere weiter, lass nicht nach!“
Die Münze liegt warm in meiner Faust. Ich fühle das Metall, die Oberfläche, die Prägung. Doch ich fühle noch mehr. Den Verbund, den Halt in dem Metall. Die ungeheure Kraft die alles verbindet und …und den Willen dahinter!
Entsetzt lasse ich die Münze fallen. Es ist, als wenn ich in einem bodenlosen Abgrund schaue. Alles, was ich glaube über die Welt zu wissen ist belanglos. Die Regeln sind andere als die, die ich glaubte zu kennen!
Fortsetzung folgt...

