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geschrieben 2025 von Dan Prescot (Dan Prescot).
Veröffentlicht: 14.01.2025. Rubrik: Fantastisches


Materie 5.1 -Fotoshooting-

„Los Leute, gebt mir eine krasse Modelpose!“
Selbst Adrian lächelt bei der guten Laune, die Didi verbreitet, als sie ein Foto von uns mit dem Handy schießt. Wir sind auf dem Weg zur Schule und der Tag gestern hat in vielerlei Hinsicht Klarheit geschaffen. Zwischen Adrian und mir und in mir selbst. Wir schlendern entspannt, mein linker Arm liegt um seine Taille, sein rechter Arm um meine Schulter. Didi springt um uns herum. Mal Fotos schießend, mal aufgeregt auf uns einredend. Entweder ahnt Didi, wie es um uns bestellt ist, oder sie hat beschlossen die Entscheidung ihrer großen Schwester zu akzeptieren.
„Edith, wird das Knipsen nicht langweilig?“
„Echt Adrian, entweder du nennst mich auch Didi oder ich rede kein Wort mehr mit dir!“
„Sicher?“
Er schaut Didi genauso ernst an, wie er mich so oft verunsichert hat. Didi ist irritiert, weiß nicht, warum die Situation plötzlich so ernst wird. Ich lache laut los und behalte im Hinterkopf, das seine Masche scheinbar nicht nur bei mir Unsicherheit auslöst.
„Mensch Didi, er nimmt dich auf den Arm! Adrian, schäm´ dich! Sie ist meine kleine Schwester.“
„Sorry... Didi?“
Adrian lächelt sie an.
Edit lächelt unsicher zurück.
„Du weißt, dass du unheimlich rüberkommst, oder?“
Der Zwischenfall dämpft Didis Übermut eine Weile. Die Fotosession ist jedenfalls zu Ende. Aber Didi wäre nicht sie, wenn sie sich lange darüber Gedanken machen würde.
„Was hat eigentlich Tina gesagt?“
„Wozu?“
„Oh komm schon Jules, wozu wohl? Zu eurem Link natürlich!“
Ja, was wird Tina wohl sagen? Die Schultasche hatte sie gestern Didi in die Hand gedrückt. Wir hatten noch keine Zeit uns auszutauschen. Und ehrlich gesagt, habe ich auch nicht eine Sekunde an sie gedacht. Wir hatten sie gestern ja quasi stehengelassen.
„Das werden wir wohl in einigen Augenblicken raus finden. Bis gestern jedenfalls nicht viel, ausgenommen natürlich, dass ich mich in Acht nehmen soll wegen Adrian. Wie man sieht, war die Warnung zwar angebracht aber vergebens.“
Als ich deswegen lache, fällt auch Didi ein. Als wir auf den Schulhof einbiegen, sehen wir Tina und Jochen. Tina winkt uns zu, Jochen sieht aus, als wenn er uns fressen wollte.
„Sieh an, kommt ihr also doch noch zur Schule!“
„Na ja, wir hatten ja ein tolles Vorbild!“
Einen Moment mustern Tina und ich uns, dann lachen wir beide und umarmen uns. Adrian versucht zu mindestens das Eis mit Jochen zu brechen:
„Hallo Tina, Jochen?“
„Hi Adrian, du hast Glück, weißt du? Jules ist sehr wählerisch. Was immer es ist, das dich in ihren Augen so besonders macht, verliere es nicht.“
„Das ist mir bewusst, Tina. Mehr als du dir vorstellen kannst.“
Tina presst die Lippen aufeinander.
„Wir sehen uns später Jules, Didi.“
Sie dreht sich um und geht in Richtung Schule. Jochen folgt ihr, zögert kurz bei Adrian:
„Krasser Auftritt, Bro.“
Sein Lächeln verspricht nichts Gutes. Im Vorbeigehen haut er scheinbar freundschaftlich Adrian auf die linke Schulter. Aber ich kann sehen, wie kraftvoll der Bodycheck ist. Bevor Jochen Tina folgt, zwinkert er Adian zu.
„Wir sehen uns!“
Adrian schaut den Beiden hinterher.
„Ja, wir sehen uns.“
„Das lief ja super! Tschüs ihr Beiden, ich muss auch los.“
Ich warte bis auch Didi in dem Eingang verschwunden ist.
„Bitte sieh dich vor, Jochen fackelt nicht lange. Ich habe da ein ganz mieses Gefühl.“
„Sicher, ich passe auf.“
„Adrian bitte nimm das ernst, okay?“
„Juliana ich passe auf!“ Ein ganz schiefes Grinsen: „Jules?“
„Oh man, das musst du üben. Wirklich!“
Ich greife in seinen Nacken und ziehe ihn zu mir. Der Kuss schmeckt nach Kaffee und ihn umgibt ein Geruch nach Moos an einem frischen Morgen. Diesmal scheint der herbe Schokoladengeruch fast verschwunden zu sein. Ich frage mich, ob die Situation oder mein Wunsch nach der jeweiligen Duftnote meine Wahrnehmung beeinflusst.
„Ich freue mich auf später, vermiss mich.“
Jedes Wort meine ich, wie ich es sage.
„Mach ich.“

*

Ich bringe sie um! Ich schwöre, ich bringe sie um! Diesmal hat Didi es so richtig vergeigt. Vor Wut schäumend starre ich auf mein Handy. Unser kleines Footoshooting von heute morgen ist viral gegangen, nachdem es meine kleine Schwester in die Social Media gestellt hat. Nicht das die Bilder anstößig oder zweideutig wären, nein das Problem sind die miesen Kommentare:
„Ein blinder Nerd findet auch mal ´ne Mieze.“
„Nachhilfe? In welchem Fach denn?“
„Hey Jules, hast du Mitleid?“
„Sucht euch ein Zimmer...“
Und das sind noch die Harmlosesten. Doch eins ist fast allen gemein. Adrian ist der Außenseiter, der Loser, der Nerd. Entsetzt stelle ich fest, das es weniger Neid ist, sondern Missgunst der die Kommentare bestimmt. Der Counter zeigt weit über 500 Klicks. Verdammt, ich muss das sofort stoppen.
„Edith, EDITH komm sofort hierher!“
Das Gepolter und den Krach kann ich durch die geschlossenen Zimmertüren hören. Nacheinander werden erst ihre dann meine Tür aufgerissen. Als Edith den Kopf durch den Türspalt schiebt ohne meinen Raum zu betreten, weiß ich bereits das sie genau weiß was ihr blüht.
„Los erklär mir, was das soll!“
„Ich... ich habe mir nichts dabei gedacht.“
„Das merke ich auch. Los, nimm die Bilder aus der Story, sofort!“
„Das habe ich schon gemacht, eben gerade. Wirklich! Aber einige Screenshots sind bereits in anderen Accouts gepostet, da komme ich nicht mehr dran...“
„Verdammt! Verdammt! Verdammt!“
Meine Gedanken rasen. Egal welchen Verlauf der Geschichte ich mir vorstelle, nirgends kann ich ein gutes Ende entdecken.
„Jules, soll ich die Leute bitten die Bilder zu löschen? Bis jetzt sind es nur 4 oder 5 Accounts.“
„Nein, lass das lieber. Das erweckt nur noch mehr Interesse. Hoffen wir das sich die Sache einfach totläuft.“
Ich versuche es möglichst gelassen rüber zu bringen, aber innerlich tobte ich noch immer. Während ich auf das Handy starre, klingelt es:
„Hallo kleine Schwester, du hättest mich vorwarnen können.“
„Tobi, nicht du auch noch! Didi hat den Mist verzapft. Glaub mir, wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich die Sacher unter dem Deckel gehalten.“
Ich winke Didi, sie soll aus dem Zimmer verschwinden, was sie auch gleich als Chance betrachtet und die Tür hinter sich zuzieht.
„Du übertreibst Jules, Ihr beide passt doch gut zusammen.“
„Da bist du wohl einer der wenigen, die das so sehen. Schau dir doch nur die Kommentare an.“
„Alles nur Neidhammel. Da stehst du doch drüber, so etwas hat dich noch nie aufgehalten.“
„Ich wünschte es wäre so einfach. Tina und selbst Didi, wenigstens am Anfang, haben mich gewarnt, mich mit Adrian einzulassen. Jochen ist sogar richtig feindselig gegenüber ihn. Irgendwie klingelt bei mir ständig so eine Warnglocke. Nur wenn ich mit Adrian zusammen bin, schweigt sie. Für eine Weile.“
Einen Augenblick sind wir beide stumm.
„Ich wünschte, ich könnte dir helfen. Hat Adrian denn so einen schlechten Ruf? Irgendwie weiß ich den gar nicht einzuordnen. Er ist jedenfalls keiner deiner bisherigen Bekannten, du hast ihn nie erwähnt.“
„Nein eigentlich ist er völlig unauffällig. Selbst ich habe ihn vorher nie bemerkt. Er ist ziemlich gut in fast allen Fächern, zurückhaltend und rücksichtsvoll. Vielleicht ist das ja einer der Gründe, dass eben nichts an ihm auszusetzen ist. Bestimmt hast du recht, ich sollte darüber stehen und nicht so viel interpretieren. Aber wie geht es dir? Vor ein paar Tagen klangst du noch nicht so gut. Alles wieder ok?“
„Ja alles wieder ok. Es war nur ein ziemlicher Schock. Hast Du dir mal die Bilder angesehen? Das sieht echt schlimm aus.“
„Was, nein bin ich noch nicht zu gekommen. Im Augenblick bekomme ich nicht viel mit.“
„Macht nichts, ich schicke euch die Bilder aus der Zeitung zu. Zum Glück ist meiner Kommilitonin nichts passiert. Sie ist mit einem Typen eine Haltestelle vorher ausgestiegen. Echt merkwürdig die Sache. Na, jedenfalls war der Tipp mit Frank los zu ziehen goldrichtig.“
„Tobi, ich melde mich heute Abend nochmal. Jetzt wollte ich mich mit Adrian treffen, wir hatten uns auf drei verabredet.“
„Ok, grüß den Rest der Familie, bis später.“

Fortsetzung folgt...

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