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geschrieben 2025 von Dan Prescot (Dan Prescot).
Veröffentlicht: 08.01.2025. Rubrik: Fantastisches


Materie 2 -Schmetterlinge-

Da ist es wieder! Die ganzen Schulstunden gestern und heute, habe ich nicht mehr an den gestrigen Morgen und an ihn gedacht. Doch jetzt ist es wieder da. Was ist los mit mir? Tina ist mit Jochen schon nach der zweiten Stunde in die Stadt abgehauen. Die Beiden haben das jetzt das zweite Mal in diesem Monat abgezogen. Ich habe da so eine Ahnung das Tina sich in der nächsten Zeit rarmachen wird. Irgendwie beneide ich sie für ihren zwanglosen Umgang mit Jochen, was mich wieder zu Adrian bringt. Was ist an ihm das mich so beschäftigt? Seine Stimme, na klar! Aber er war mir so nah. Wonach hat er nur gerochen? So nah wie er war, muss ich doch seinen Geruch bemerkt haben? Nähe ja und berührt hat er mich. Oder war das alles nur eine widerliche Anmache? Nein, das kann nicht sein, seine Verwirrung, seine Unsicherheit, war unmöglich gespielt! Mir wird warm, es ist ja auch warm.
Ich bleibe stehen und hebe meine rechte Hand an die Stirn, um meinen Blick gegen die Sonne abzuschirmen. Der Pulli, den ich mir über gelegt habe, rutscht mir von der Schulter. Obwohl ich sofort nachfasse, kann ich ihn nicht greifen. Aber er fällt nicht zu Boden, in einem Paar Händen verbleibt er in Höhe meiner Hüfte. Mein Blick folgt den Händen, über seine Arme, zu dem Oberkörper, in sein Gesicht. Adrian. Seine Gesichtszüge sind konzentriert. Nicht freundlich, kein Lächeln, aber auch nicht abweisend. Nur konzentriert.
„Danke.“
Keine Antwort. Er blickt von dem Pulli in meine Augen. Der konzentrierte Gesichtsausdruck weicht einem Erkennen. Meine Härchen richten sich wieder auf.
„Du!“
Es wird mir noch wärmer.
„Ja ich. Trittst Du mich jetzt wieder oder…“
Er verdreht die Augen.
„Hey, ich hatte mich entschuldigt und nochmal: Es war keine Absicht. Weder das ich dir in die Hacke getreten habe noch…noch das andere.“
Als ich nach dem Pulli greife, presse ich die Lippen aufeinander. Suche und finde seinen Augenkontakt, halte ihn. Mit Absicht berühre ich seine Hände. Streife die Innenflächen, seine, mit dem Pulli in der Faust entlang. Lasse in dem Blickkontakt keine Sekunde nach. Interesse flackert in seinen Augen auf.
„Du bist Juliana, nicht wahr? Aus der A?“
Ich halte den Blick und ziehe den Pulli langsam zu mir. Die Zeit verstreicht, endlos, bis ich antworte.
„Ja.“
„Du bist mir bisher noch nicht aufgefallen.“
Ich schnaube! Dieser Vollpfosten!
„Danke schön! Du bist auch nicht gerade ein strahlender Adonis!“
„So meinte ich das nicht. Die meisten mit denen ich zu tun habe sind sehr oberflächlich, sogar verletzend. Ich habe dich weder gestern Morgen noch jetzt an deinem Handy gesehen. Viele hätten während unserer Unterhaltung schon mindestens einmal ihre Nachrichten gecheckt. Du nicht.“
Mein Gefühl sagt mir, das ich gerade rot anlaufe. Verlegen blicke ich zu Boden.
„Vielleicht ist mein Handy ja einfach nur kaputt?“
Mit einem schnellen Blick in sein Gesicht erkenne ich, das er jetzt endlich lächelt.
„Ja vielleicht. Oder dir ist unser Gespräch einfach nur wichtiger als irgendeine Nachricht über eine Mahlzeit oder Kosmetiktipps. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit die du mir schenkst.“
Jetzt muss ich schmunzeln.
„Hast du mich denn jetzt bemerkt?“
„Du hast meine ganze Beachtung! Um mein schlechtes Benehmen von gestern Morgen zu entschuldigen, darf ich dich zu einem Eistee oder so was einladen?“
Ich lache auf, freue mich über die Einladung.
„Entschuldigung angenommen, du darfst mir ein Eis ausgeben.“
Etwas übertrieben deutet er eine Verbeugung an. Er setzt sich in Bewegung und ich gehe neben ihn an der rechten Seite. Er schmunzelt und sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an.
„Was? Habe ich was falsch gemacht?“
„Nein. Nein, ganz im Gegenteil, alles genau richtig.“
„Wie meinst Du das?“
„Historisch geht die Dame immer an der rechten Seite, damit das Schwert auf der linken Seite frei ist.“
„Ganz ehrlich, du weißt schon, dass das schräg rüberkommt? Warum hattest Du es gestern Morgen so eilig…“
An seinen dunklen, braunen Augen hängend, bemerke ich den tiefstehenden Pflasterstein am Ende des Schulhofs nicht. Mein Fuß knickt um und ein kurzer, stechender Schmerz durchfährt mich. Mit einem spitzen Schrei strauchle ich und bereite mich auf den kommenden Sturz vor. Meine Hände schnellen nach vorn. Mit einem schnellen Schritt vorwärts fängt Adrian mich auf und ich liege in seinen Armen. Ewig! Ganz langsam richtet er mich auf und stützt mich am linken Arm und seine Rechte umfasst meine Taille.
„Übrigens bleibt so auch der rechte Arm bei der Begleitung, um sie zum Beispiel aufzufangen, sollte sie stürzen.“
Ich merke wie mir noch wärmer wird. Die Stellen an der er mich berührt, glühen förmlich.
Mein Blick trifft den seinen. Jetzt kommt noch ein flaues Gefühl im Bauch dazu. Er schaut mit einer völlig ernsten Mine zu mir herab, so ernst, dass ich auflachen muss. Auch er beginnt zu lächeln. Mit allen Sinnen ist mir bewusst was jetzt gerade passiert. Vage hoffe ich, dass es ihm genauso geht.
Verdammt, Tina wird mich durchschütteln!
Seine rechte Hand wandert von meiner Taille in meine linke Hand.
„Wollen wir weitergehen?“
Ich bleibe ihm die Antwort schuldig und blicke ihn nur weiter an. Wieviel Empfindung kann in nur einem Händedruck liegen? Ist es möglich, sich Hals über Kopf zu verlieben? Seine Hand hält meine, warm und fest. Es fühlt sich sicher und geborgen an.
Irgendwann, sehr viel später, während ich versuche das Chaos in mir zu ordnen, bleiben wir stehen. Vor dem Kiosk, an der Straßenecke lässt er meine Hand los.
„Welches Eis möchtest du denn?“
„Ich…äh, irgendwas mit Erdbeere…bitte.“
Er wendet sich ab und geht die zwei Schritte zu dem geöffneten Fenster des Kiosks, redet mit der Frau dahinter. Langsam kehren meine Gedanken zu mir zurück. Was ist es, dass ihn in meinen Augen interessant erscheinen lässt? Gestern Morgen habe ich Tina noch heftig widersprochen als sie es mir unterstellte.
„Erdbeere, wie bestellt. Wollen wir uns irgendwo setzen oder gehen wir noch ein Stück?“
„Ich würde gerne noch gehen.“
Wir schlendern einige Minuten durch die Straße dahin. Mir fällt wieder ein, was ich ihn fragen wollte, kurz bevor ich stürzte und er mich auffing. Gerade als ich ihn ansprechen will:
„Gut?“
Ich bleibe stehen und schaue ihn verwirrt an.
„Schmecktˋs?“
„Oh!“
Ich blicke auf mein Eis und merke das ich es fast gegessen habe, ohne auch nur entfernt den Geschmack wahrgenommen zu haben. Wieder spüre ich, wie mir die Wärme ins Gesicht steigt.
„Sicher, ganz lecker,“ versichere ich schnell, um meine Unsicherheit zu überspielen.
„Wirklich?“
Meine Unsicherheit verstärkt sich. Kann es sein, dass er mich so einfach durchschaut? Ist das Chaos, das er in mir auslöst, so offensichtlich?
„Doch, ganz sicher. Wieso?“
„Ich meine nur. Vielleicht sollte ich mich selbst davon überzeugen?“
Erneut blickt er mich mit vollkommen ernster Miene an. Dann wird mir klar, dass er mich neckt! Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und löse den Blickkontakt, schaue auf mein Eis, lege den Kopf leicht schräg.
„Wo du es erwähnst, ein wenig komisch schmeckt es schon.“
Als ich von meinem Eis wieder aufblicke und in seine Augen schaue, strecke ich ihm meine Hand mit dem Eis entgegen.
„Was meinst du?“
Einige Sekunden taxiert er mich, dann betont langsam schleckt er an meinem Eis.
„Nein, alles in Ordnung. Erdbeere durch und durch.“
„Na, dann ist ja alles gut.“
„Allerdings…“
„Ja?“
„Allerdings, etwas ist doch …anders.“
„Was soll denn anders sein?“
„Lass mich das nochmal nachprüfen.“
Verwirrt schaue ich auf mein Eis und strecke es ihm in meiner Faust entgegen. Spielt er ein weiteres Mal mit mir? Er schaut mich prüfend an. Dann fährt seine linke Hand neben meine Faust und schiebt diese zur Seite. Sacht tritt er näher zu mir. Ich fühle seine Rechte sanft meinen Rücken hinauf tasten zu meinem Nacken. Leicht, fast scheu berühren sich unsere Lippen. Kosten, schmecken den anderen, kühl und süß von dem Eis. Jetzt endlich weiß ich wonach er duftet: Moos und dunkle Schokolade.
Meine Arme sinken hinab, ich lasse das Eis fallen. Überwältigt von der Situation, schießt mein Puls in die Höhe. Unfähig zu einer Bewegung, absolviert mein Körper gerade gefühlt einen 100 Meter Sprint.

*

Fortsetzung folgt...

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