Veröffentlicht: 23.01.2025. Rubrik: Satirisches
Nachwuchsprobleme im Himmel
Petrus geht gebückt mit seinem Rollator von Wolke zu Wolke und erkundigt sich nach dem werten Befinden seiner Engel. „Alles in Ordnung, Aloisius ?“ fragt der Oberhirte. „Wer ist jung?“ entgegnet Aloisius und hält die rechte Hand hinter das rechte Ohr. Der Bayer ist vor lauter Frohlocken, über die Jahre hinweg, schwerhörig geworden. Petrus geht weiter, aber wohin er auch blickt: nichts als Engel mit Rollstühlen, Krücken und Rollatoren. Nichts als kraftlose Körper, bei denen die Flügel schlaff herunterhängen. Nur Marta, von Wolke 4711, wirkt rüstig und agil. Mit aufrechtem Oberkörper lässt sie Ihre Beine von der Wolke baumeln. Ihr faltenfreies Gesicht drückt Zufriedenheit aus. Als sie Petrus sieht, winkt sie, wie ein kleines Mädchen und ruft ihm zu: “ Bist Du mein Papa ?“ Petrus schüttelt schweigend den Kopf und geht weiter.
In seinem Büro sagt er zu seiner Sekretärin: „Wir müssen dringend eine Vorstandssitzung einberufen. So kann es nicht weitergehen.“
Als sich der gesamte Vorstand um einen runden Tisch versammelt hat, ergreift Petrus das Wort: „ Unsere Belegschaft ist überaltert. 98% von ihnen sind bereits pensioniert und wir können das Rentenalter nicht noch weiter anheben. Es müsste dringend jemand zur Erde fliegen und die Göttliche Eingebung im Berliner Reichstagsgebäude verteilen. Nur wer ?“ Ratlosigkeit macht sich unter den Führungskräften breit. „Wir brauchen Nachwuchs“, fordert Erzengel Michael. „Du hast gut reden“, sagt Petrus. Ich muss die doch alle wegschicken, weil keiner unseren Aufnahmetest besteht. Sie glauben nur noch an Zwitscher und Finstergram. Verbreiten Lügen und sind neidisch auf Likes und Follower bei anderen. Gelähmt von ihrer eigenen Trägheit wollen sie nur noch an 4 Tagen pro Woche arbeiten. Habgier, Zorn und Respektlosigkeit werden von ihnen zur Schau gestellt, wie eine Monstranz. Bei dem Wort Wollust denken sie, es handele sich um etwas zum Essen, fragen aber im selben Atemzug, wie viele Jungfrauen ihnen zugeteilt werden. Qualifizierte Kandidaten erscheinen noch nicht einmal zum Vorstellungsgespräch - sie fliegen lieber auf die Canaren.“
Betroffen und mit gefalteten Händen schauen die Herren in die Runde. Niemand wagt sich, etwas zu sagen. Nur Aloisius unterbricht das Schweigen aus der Ferne: „„Halleluja, halleluja, luja sog i“ hört man den braven Bayern frohlocken. Sein ungelenkes Zupfen an der Harfe, erzeugt Töne, die durch Mark und Bein gehen.
Der CEO des Unternehmens Himmelreich schüttelt resigniert den Kopf und schließt das Fenster. Auch nach einer halben Stunde gibt es keine neue Wortmeldung und keine Vorschläge. Die Lage scheint aussichtslos. Mit den Worten:“ Die Sitzung ist geschlossen“, erhebt sich Petrus und geht.
Und so kommt es, dass man im Berliner Reichstagsgebäude noch immer auf die Göttliche Eingebung wartet.
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