Veröffentlicht: 21.01.2025. Rubrik: Nachdenkliches
Hurra wir verblöden
Vorratsschränke und Kühlschrank sind mit Sensoren versehen, die jeden Verbrauch registrieren und selbständig Einkaufslisten generieren. Diese sind wiederum mit einer App verbunden, die den Supermarkt, mit dem günstigsten Tagespreis anzeigt und dort online eine Bestellung aufgibt. Lieferung frei Haus.
Eine weitere App erstellt einen Essensplan für die ganze Woche und ergänzt die im Haushalt nicht verfügbaren Zutaten auf der Einkaufsliste. Die Zubereitung übernimmt Thermomix. Nur essen müssen wir noch selbst.
Das Auto fährt komplett autonom zum Arbeitsplatz. Eine App liest auf dem Weg die Tageszeitung vor.
Egal ob Briefe oder ein Glückwunsch an Tante Berta – kein Problem. Die KI des Notebooks ist stets zu Diensten und erledigt eigenständig und fehlerfrei den gesamten Schriftverkehr. In der Zwischenzeit sorgt Robbi für ein staubfreies Zuhause, frei nach der Devise: Es saugt und putzt der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur wischen kann. Die Wohnung stellt mit ihrer Sterilität jeden OP in den Schatten.
Endlich Feierabend. Zuhause stehen bereits die Einkaufstüten vom Lieferservice vor der Haustür. Leider gibt es noch keine App die das Zeug auspackt und an ihren Platz stellt. „Alles muss man selber machen“, klagt die Frau des Hauses.
Pünktlich signalisiert der Thermomix, dass das Essen fertig ist. Essen muss Mensch, ohne Hilfe einer App, genau wie das Einräumen von schmutzigen Geschirr in die Spülmaschine. Das Gerät erkennt, am Grad der Verschmutzung, mit welcher Temperatur und wie lange sie laufen muss und dosiert eigenständig die unterschiedlichen Reinigungsmittel. Bei der Waschmische ist es ähnlich. Klappe auf und dreckige Klamotte rein. Die Maschine erkennt die einzelnen Gewebe und programmiert den Waschgang, der dem gesamten Inhalt gerecht wird.
„Pappa, ich kapier die Matheaufgaben nicht. Kannst Du mir helfen“, ruft der Junior. „Kein Problem, mein Sohn. Ich hab da so eine App, die weiß, wies geht.“ Pappi gibt die Aufgabe ein und erhält auch in Sekundenschnelle die Lösung. Nur, wie die App auf das Ergebnis kommt, das verrät sie nicht. Egal, der Sohnemann muss ja nicht alles wissen. Hauptsache die Lösung stimmt.
Englisch Hausaufgaben, easy. Die App konjugiert und dekliniert, übersetzt vor und zurück. Alf, der Außerirdische sagt in solchen Situationen: „Null Problemo“. Alf ist kleverer wie, oder sagt man kleverer als ? Moment, ich frage meine App.
Reiseapp, eine App die Inhaltsstoffe aller Lebensmittel kennt und auswertet, Entspannungsapp, Apps für Singles und für Arzttermine - nichts läuft ohne App.
Vor der Mattscheibe wird Mutti von ihrer App gefragt, welchen Film sie gerne sehen möchte. „Äääh, äääh“. „Diesen Film kenne ich nicht“, lautet die Antwort der KI. „Sex and City“, ertönt es jetzt, wie aus der Pistole geschossen, und schon erscheint der Vorspann des Wunschprogramms.
Die Lebensapp prüft unterdessen alle Vitalparameter und passt bei eventuellen Auffälligkeiten den Speiseplan für die kommenden Tage an. Gleichzeitig erstellt sie ein Fitnessprogramm, um einen Ausgleich zu den nicht erreichten 4000 Schritten zu schaffen. Die Häufigkeit und Menge aller Körperausscheidungen werden dabei selbstverständlich mit berücksichtigt.
Um 23.30h meldet sich die App mit den Worten:“ Zeit zum Schlafen gehen“.
Und ich sage: “Gute Nacht !“