Veröffentlicht: 05.01.2025. Rubrik: Aktionen
Ian Mc. Gowens
Ian war der Schwarm aller Mädchen. Pech, dass es sich bei den Verehrerinnen ausschließlich um seine Schülerinnen handelte. Mit verklärten Blicken lauschten sie seinen Lektionen. Selbst eintönige Grammatikübungen der englischen Sprache lösten Verzücken bei seinem „Publikum“ aus. Sie waren so berauscht, von der tiefen, rauchigen Stimme, dass sie gar nicht merkten, dass Alles, was Ian von sich gab, so weit von Oxford English entfernt war, wie der Oberpfälzer Dialekt von Hochdeutsch.
Die Anzahl der Sätze, in denen er das Wort „Bloody“ nicht verwendet hatte, war überschaubar. Gleich ob im positiven oder negativen Sinne – bloody durfte nicht fehlen. Aber wehe, wehe Ian hörte auch nur den Hauch eines amerikanischen Slangs bei seinen „Mädels“. Da hörte für ihn der Spaß auf und er ergänzte das blutige Wort noch mit einem fucking. Die Schülerinnen waren sich einig: „Das klingt so, ja soooo süß,“ und übernahmen möglichst viele Textbausteine aus amerikanischen Liedern, um möglichst oft in diesen Hörgenuss zu kommen. Und wie er dabei schaute. Süüüüß, einfach süß.
Am letzten Schultag vor den Ferien, lud Ian die Klasse zu einem Umtrunk ein. Martina brauchte nichts mehr trinken. Sie schwebte, nur bei dem Gedanken, bereits auf Wolke 7. Und so kam es, dass sie beim Überqueren der Straße ein Auto übersah und Ian, nach einem beherzten Sprung auf die Fahrbahn und einem Griff nach Martinas Arm, Schlimmeres verhinderte. „Mortina, willst Du störben ?“ rief er und nahm sie in den Arm, was fast zu einer Ohnmacht der Geretteten geführt hätte.
Noch Wochen, ach was sage ich, Monate später, wiederholte Martina den Satz und zeigte jedem, wo Ian sie berührt hatte. Er war halt sooo süß.