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3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2024 von Kargut (Kargut).
Veröffentlicht: 03.01.2025. Rubrik: Aktionen


Der U-Stahl

In meiner Schulzeit gab es viele Gemeinheiten, aber keine war so fies, wie der U-Stahl.

Breit grinsend verteilt der Ausbilder an jeden Schüler ein Stück Metall, bei dem die Frontansicht einem U gleicht. Problem ist, dass die Maße von diesem Stück Metall, nach einer konkreten Vorgabe, verändert werden müssen. Und zwar ohne maschinelle Hilfe, nur mit einer Metallfeile. „Na und ?“ denkt jeder, der diese Aufgabe noch nie selbst bewältigen musste. „Oh je“, sagen die, die dieses Werkstück bereits selbst bearbeitet haben.
Den U-Stahl in den Schraubstock einspannen ist machbar. Die richtige Feile auszuwählen auch. Aber dann geht’s los. Richtige Körperhaltung einnehmen und die Feile, mit nicht zu viel Anpressdruck, gleichmäßig und gerade vom Körper wegdrücken. Zurück, ohne Kraft, weil die Feile nur in eine Richtung Material abtragen kann.

„Easy“ denkt der Theoretiker. Der Praktiker weiß aber, dass der Feilenhub sehr kräftezehrend ist und dadurch mit der Zeit ungleichmäßig wird. Resultat: die Fläche, die über die volle Länge und Breite dieselben Maße haben sollte, ist hinten und links höher, als vorne und rechts, oder umgekehrt.

Die Hände beginnen zu schwitzen, die ersten Blasen bahnen sich ihren Weg durch die Haut und am Ende schmerzt der komplette Oberkörper. Selbst ein Suppenlöffel erscheint tonnenschwer, die Hände zittern, die Schultermuskulatur ist verkrampft und hart wie Stein.

Hoffnungsvoll wird alle 5 Minuten kontrolliert, in wie weit die Abmessungen des Werkstücks die Vorgaben erfüllen. Es handelt sich „nur“ noch um wenige Millimeter. Aber dieses blöde Teil hat drei Seiten. Die Flüche werden lauter. Neben Schweiß fließen die ersten Tränen. Die Ausbilder scheinen den Anblick zu genießen. Mitleid ist ihnen fremd. Einige geben grinsend den Tipp: „Du musst die Feile ölen, dann geht es leichter.“

Zwei der drei Seiten sind fast geschafft. Jetzt heißt es: Vorsicht. Ganz vorsichtig weiter feilen, damit das Sollmaß nicht unterschritten wird. Dann wäre nämlich die ganze Arbeit umsonst gewesen.
Feilen, messen, schimpfen. Immer abwechselnd. Und nach einer Woche ist es so weit. Geschafft. Der U-Stahl ist fertig und ich auch. Fix und fertig.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Jens Richter am 03.01.2025:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Kargut,
In meiner Lehre hatten wir neben Hämmern eine Schwalbenschwanzpassung gefeilt.
Da müssen beide Teile ineinander passen...
Ich hatte dieses Teil verflucht, war aber umso glücklicher über das gute Resultat.
Gern gelesen und aufrichtig nachgefühlt.
Viele Grüße von Jens




geschrieben von Bad Letters am 04.01.2025:
Kommentar gern gelesen.
Der U-stahl ist ja eher zum Aufwärmen Kargut, tut aber mächtig weh, wenn Hornhaut fehlt und die Feile das Metall mehr streichelt, als es abzuhobeln. Richtig interessant wurde es erst, als der Meister ein Stück Edelstahl in den Schraubstock spannte, da feilst du dir einen Wolf!

MfG
Bad Letters


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