Veröffentlicht: 01.01.2025. Rubrik: Aktionen
Caramba, mir kocht der Blut ( Aktion Erinnerungen an die Schulzeit )
Das 900 Seelendorf in Hessen engte Martina ein. Jeder kannte jeden. Immer dieselben Gesichter und das tägliche Einerlei. Keine Disco, trübes Wetter. „Das macht man nicht!“ „Das sagt man nicht.“ „Wie läufst Du denn rum?“ „Was sollen denn die Leute sagen ?“ Mindestens einen dieser Vorwürfe musste sie sich Tag für Tag anhören und ließen ihren Wunsch ins Unermessliche wachsen: „ Ich will hier raus“.
Als Türöffner für ein neues Leben sah sie das Erlernen von Fremdsprachen. Pech, dass eine solche Sprachschule privat war und die Eltern die Meinung vertraten:“ Für so einen Quatsch, geben wir kein Geld aus.“ Martina schaltete auf Stur. Jetzt erst Recht und verdiente als Servicekraft und an einer Abendschule so viel, dass sie die Schulgebühren aus eigener Tasche bezahlen konnte.
Sie liebte diese Schule. Es stimmte wirklich alles. Die Klassenkameraden und Lehrer waren sensationell, aber keiner war wie Sr. Gonzales. Ein quirliger Spanier, mit der Statur eines Stierkämpfers: sehr klein und sehr dünn. Schwarze Haare und sehr gepflegtes Äußeres rundeten das Bild ab. Sr. Gonzales lehrte gekonnt seine Heimatsprache, hatte aber bei der deutschen Grammatik und den Artikeln „DER, DIE, DAS“ resigniert, was sehr häufig für Gekicher oder schallendes Gelächter unter seinen Schülerinnen sorgte. Bereits beim ersten Glucksen stieg der Rotanteil in Sr. Gonzales Gesichtsfarbe, und somit auch die Lautstärke des Kicherns. Die Bewegungen des Lehrers wurden hektischer. Er gestikulierte, stampfte mit einem Fuß auf und rief einer Schülerin ( meist Martina ) zu: „Sie dumme Glucke, sie!“ Und dann brachen alle Dämme in der Klasse. Oft flossen sogar Tränen, aber vor Lachen, denn alle wussten, jetzt kommt das Beste:“ Caramba, mir kocht der Blut!“
Als Wiedergutmachung lernte Martina bei keinem Lehrer so viel, wie bei Sr. Gonzales. Ihre Noten waren sehr gut und ließen ihren Traum wahr werden: Leben und arbeiten in Spanien.