Veröffentlicht: 19.01.2025. Rubrik: Satirisches
Werwiewowas-Veritas
Satire
Neben 'Bluesky' etabliert sich ein weiteres Start-up auf dem Markt, um Wahrheiten mehr Gewicht zu verleihen.
‚Werwiewowas-Veritas‘ ist ein sehr junges Unternehmen. Die Mitarbeiter dieses Unternehmens wissen, dass es mit dem Bildungssystem in unserem Land nicht zum Besten bestellt ist. Fake News in sozialen Netzwerken erfreuen sich einer hohen Glaubwürdigkeit. Eigenes Nachdenken stört die Bequemlichkeit.
Es ist es sehr einfach, Fake News in den sozialen Netzwerken zu platzieren. Alle Influencer glauben doch, ein Messias der Fakten zu sein. Sie tragen dazu bei, dass Fake News schneller wachsen als der Trend zum Avocado-Toast. Brain rot mutiert zur anerkannten Volkskrankheit. Diesen Erkrankten muss geholfen werden.
Deshalb hat sich aus einer Studierenden-WG das Start-up ‚Werwiewowas-Veritas‘ gegründet. Ihr Ziel, Fakten wahrheitsgemäß zu präsentieren.
Angela, eine diplomierte Informatikerin, leitet als Geschäftsführerin dieses Unternehmen.
Die von ihr und ihren Mitstreitern entwickelte Methode zum Erkennen von Fake News nennt sich ‚FAKTenfilter‘ und basiert auf vier Grundpfeilern:
1. Wer? Wer hat die Nachricht verbreitet? Ein namentlich bekannter Schreiber, ein anonymer Troll oder Tante Emma auf Facebook?
2. Wo? Woher kommt diese Information? Ein Nachrichtenportal, eine Mitteilung der Springer-Presse oder ein dubioser Blog mit Comic-Stans als Standardfront?
3. Wie? Wie überzeugend ist diese Nachricht? Hat sie mindestens ein Bild, das nicht aus den 90 gern stammt?
4. Was? Was soll diese Nachricht bezwecken? Soll sie die Leser aufklärend informieren oder glaubhaft verarschen?
„Die meisten Fake News scheitern schon am Punkt 2“, sagt Angela. „Wer glaubt bitte, dass thrutfinder.global/real/welt/katastrophen.xyz eine vertrauenswürdige Adresse ist?“
Die Tage bei ‚Werwiewowas –Veritas‘ sind lang und anstrengend. Jeden Morgen beginnt das Team mit der Sichtung der absurdesten Nachrichten:
„Neues Gesetz verbietet das Atmen in Innenräumen“
„Tomaten heilen Krebs, aber nur, wenn sie rückwärts geschält werden.“
„Elon Musk plant, den Mond zu veganisieren.“
„Die Insel Sylt soll renaturiert und als Trainingsgelände für eine Marslandung genutzt werden.“
Während KI die Quellen analysiert, sitzt das Team im Großraumbüro und diskutiert die wirklichen Fragen.
„Ist es Fake News, wenn es technisch möglich wäre, aber trotzdem völliger Unsinn ist?“
Natürlich hat auch ‚Werwiewowas-Veritas‘ Kritiker. Besonders Influencer und dubiose Nachrichtenseiten werfen diesem Start-up vor, die Meinungsfreiheit zu gefährden.
„Warum sollte ich nicht mehr posten dürfen, dass ein 5G-Mast meinen Goldfisch hypnotisiert hat?“, fragt einer in einem Kommentar.
Doch die Kundschaft wächst. Unternehmen buchen das Start-up, um Shitstorm zu vermeiden. Eltern abonnieren dieses Start-up, um die WhatsApp-Gruppe ‚Mütter gegen Chemtrails‘ unter Kontrolle zu bringen. Und die Politiker? Nun, sie sind die größten Herausforderer von ‚Werwiewowas-Veritas‘.
„Wie filtern wir Fake News, wenn der Absender selbst sie für echt hält?“, fragt Angela verzweifelt.
Eines Tages jedoch geriet ‚Werwiewowas-Veritas‘ in einen Skandal.
Eine harmlose Nachricht über den besten Weg, Avocado zu lagern, wurde von ihrer KI versehentlich als Fake News markiert. Sofort startete ein wütender Mob von Food-Bloggern eine Hetzkampagne.
„Die sind doch selbst Fake!“, hieß es.
„Avocado Leugner“ wurde geschimpft.
Der Shitstorm dauerte 48 Stunden, bevor das Team eingestand:
„Okay, vielleicht war der Algorithmus zu hart. Avocados sind zu kompliziert.“
Trotz aller Rückschläge bleibt ‚Werwiewowas-Veritas‘ optimistisch.
„Die Wahrheit ist ein Marathon, kein Sprint“, sagt Angela und nimmt sich einen weiteren Kaffee aus der Firmenküche. Die Tassen tragen alle die Aufschrift:
„Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann. Tatsächlich ist es das Einzige, was jemals funktioniert hat.“
Margaret Mead
Solange es Fake News gibt, wird es Menschen geben, die verzweifelt versuchen, diese zu entlarven. Und solange wird es auch Start-ups wie ‚Werwiewowas-Veritas‘ geben.