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5xhab ich gern gelesen
geschrieben 2024 von Ernst Paul.
Veröffentlicht: 23.11.2024. Rubrik: Satirisches


Mission Silberlocke

Satire

SatirepatzerSatirepatzerDeutschland, das Land der Ingenieure, Dichter und Rentner, das Land der ewigen Baustellen, hat es wieder geschafft, ein Problem zu lösen: das Problem des Arbeitskräftemangels.
„Mission Silberlocke“ nennt der Arbeitsminister sein Projekt. Dieses Projekt wird ein wichtiger Baustein bei der Bewältigung des Arbeitskräftemangels sein.
Der Arbeitsminister ist froh, dass 3 couragierte Veteranen der Politik vorweggehen, um Deutschland wachrütteln zu können. Seht her: Seit an Seit, so schreiten wir. Der Wind, den sie verursachen, ist so stark, dass selbst der 83-jährige, scheintot geglaubte Alexander erwachte. Auch er beschließt, sich auf den Weg ins Parlament zu begeben, um seine Erfahrungen einzubringen.
„Ich werde die Generation Z vor mich hertreiben“, ruft er mit brüchiger Stimme.
Das ganze Land befindet sich im Aufbruch.

„Vom Rollator an die Werkbank. Ein Wumms geht durch Deutschland. Dieser Slogan ist das Ergebnis einer langen und konstruktiven Zusammenarbeit des Ministers mit einer Werbefirma. Nicht gerade billig, dafür aber von Profis gemacht und aus der Rentenkasse finanziert.

Das Konzept ist bahnbrechend: Menschen über 75 Jahre sollen als das neue Zugpferd in der Wirtschaft dienen. Warum Arbeitskräfte aus dem Ausland, wenn wir hier eine Armee von erfahrenen Senioren haben, die nichts weiter machen müssen, als noch einmal richtig zupacken oder zumindest so tun?
Bei der Vorstellung des Projekts spricht der Arbeitsminister Klartext: „Diese Menschen wissen noch, wie man ohne Smartphone lebt-sie sind also multitaskingfähig!“
Die Branchen reiben sich die Hände: Ob Fließband, Callcenter oder Baustelle – für jeden Rentner gibt es die passende Aufgabe.
Besonders beliebt ist das Konzept des „Senior-Scouts“. Hier stehen erfahrene Rentner an der Supermarktkasse, um verzweifelten Kunden den Unterschied zwischen „Bargeld“ und „kontaktlosem Zahlen“ zu erklären.

Auch die Bauindustrie setzt auf Senioren-Power. „Die Zeitlupe, in der sie sich bewegen, ist perfekt für präzise Arbeiten“, schwärmt ein Bauleiter aus Berlin, der seine neuen Mitarbeiter liebevoll „Beton-Methusalems“ nennt.

Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein. Um Arbeitskräfte zu halten, entwickelt die Bundesregierung ein flächendeckendes Exoskelett-Programm. (Exoskelett: äußere stabile Hülle für einen Organismus) „Das ist quasi ein Rollator, nur ohne Räder. Und mit mehr Power!“, erklärte ein Regierungssprecher. Kritiker werfen ein, dass diese Technologien sehr kompliziert und teuer sind. Doch der Minister widersprach: „Dann basteln die Senioren ihr Exoskelett eben selbst. Das hält sie geistig fit“.
Während Arbeitgeber diese Initiative feiern, sind junge Arbeitnehmer verunsichert. „Mein Opa ist jetzt mein Chef“, jammert die 25-jährige Marie-Luise, die sich seitdem nicht mehr traut, länger als 30 Minuten Pause zu machen.
Gewerkschaften warnen vor einer möglichen Genetationenüberbelastung. „Es ist absurd, Menschen im Rentenalter wieder in die Arbeitswelt zu schicken“, warnt eine Sprecherin der Gewerkschaften. „Aber immerhin: Wenn sie im Büro sind, brauchen wir weniger Pflegekräfte“.
Ein weiterer Höhepunkt der Aktion Silberlocke: die Verbindung von Arbeit und Gesundheitsvorsorge. „Unsere Senioren können ihre Schicht am Fließband nutzen, um gleichzeitig ihre Motorik zu trainieren.“ „So sparen wir Millionen im Gesundheitswesen“, erklärte der Minister.
In einer Pilotfabrik in München gibt es bereits ergo metrische Fließbänder, die zusätzlich den Blutdruck messen.

Mit der Aktion Silberlocke „Vom Rollator zur Werkbank“ ist Deutschland bereit für eine neue Ära. Der Fachkräftemangel wird behoben, die Rentenkasse wird entlastet, und auch die Wirtschaft jubelt. Was bleibt, ist die Frage: Wird der Wumms, der durch Deutschland geht, wirklich etwas verändern? Oder ist es nur ein weiterer Schlag auf die schon angeschlagene Hüfte der Nation? Egal, die Hauptsache ist, es gibt eine neue Statistik, die wir stolz in Brüssel präsentieren können.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Kargut am 23.11.2024:
Kommentar gern gelesen.
Lieber Ernst Paul,
Du hast die Situation ganz wunderbar auf den Punkt gebracht. Einfach herrlich.
Wenn ich an meine letzten Jahre im Berufsleben zurückdenke, ist diese Mission gleich doppelt grotesk. Damals zählten Kollegen im Alter von 50+ pauschal zu den "Alten Säcken". Mit großzügigen Abfindungen hat man sich ihrer entledigt um die Belegschaft zu verjüngen. Jetzt wäre man froh, wenn man wieder auf sie zurückgreifen könnte.
Liebe Grüße
Kargut





geschrieben von ehemaliges Mitglied am 24.11.2024:
Kommentar gern gelesen.
Geil :-) Klingt in sich stimmig die Lösung mit den Rentnern und wird bestimmt ein großer Erfolg^^




geschrieben von Bad Letters am 24.11.2024:
Kommentar gern gelesen.
Vor die Ingenieure Ernst Paul, hätte ich noch die Beamten gestellt.😉 Sehr humorvoll deine Satire!

MfG
Bad Letters

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