Veröffentlicht: 02.08.2024. Rubrik: Aktionen
Wenn Fliegen fliegen
Satire
Professor Lautenberg nahm den Nachmittagstee heute auf der Veranda ein. Er war ein stets korrekt gekleideter Herr in den Fünfzigern, der auch zum Nachmittagstee einen dunklen Anzug mit Weste, weißem Hemd und Fliege trug. Dieses Nachmittagsritual nutze er zur Entspannung. Seine Gedanken hatten so freien Lauf und seine Kreativität bekam neue Impulse.
Über der Wiese vor der Veranda sah er einen großen Schwarm tanzender Fliegen. Die Fliegen bewegten sich nicht willkürlich, sondern folgten bestimmten Rhythmen und Reihenfolgen. Professor Lautenberg holte sein Fernglas und betrachtete das Spektakel genauer. Zu seinem Erstaunen bemerkte er, dass diese Fliegen einem ganz bestimmten Muster folgten. „Wenn vor Fliegen Fliegen fliegen“, staunte er, „dann fliegen hinter Fliegen Fliegen her“.
Die Nachbarskinder, die die Veranda des Professors oft als Spielplatz nutzten, hörten seinen merkwürdigen Satz und rannten neugierig zu ihm.
„Was hast du gesagt, Onkel Carl?“, fragte der kleine Robert.
Der Professor nahm einen tiefen Atemzug und erklärte: „Nun, meine kleinen Freunde, schaut euch das an. Diese Fliegen da oben scheinen genau zu wissen, wohin sie fliegen. Die eine Fliege fliegt voraus, und die anderen Fliegen folgen ihr. Also fliegen Fliegen Fliegen nach. Versteht ihr?"
Die Kinder starrten ihn mit großen Augen an. Sie verstanden zwar nicht ganz, was der Professor meinte, aber sie lachten dennoch. Der Professor war bekannt für seine kuriosen Sprüche, und die Kinder liebten es, ihm zuzuhören.
„Also, wenn die erste Fliege aufhört zu fliegen, hören die anderen auch auf?“, fragte Anna, Roberts ältere Schwester. Der Professor grinste. „Richtig, Anna. Es ist wie bei uns Menschen. Wenn einer vorausgeht, folgen die anderen oft, ohne nachzudenken. Aber schaut nur, was passiert, wenn die führende Fliege plötzlich anders fliegt“.
Und tatsächlich, als ob die Fliege die Gedanken des Professors erahnt hätte, machte sie eine scharfe Kurve nach rechts. Sofort änderten alle nachfolgenden Fliegen ihre Richtung und flogen hinterher.
„Das ist ja lustig!“, rief Robert, „Die Fliegen fliegen der Fliege nach!“.
Die Kinder sprangen auf und ab vor Freude über diese einfache, aber faszinierende Beobachtung. Der Professor genoss den Moment, in dem die Welt durch die Augen der Kinder wieder zu einem Ort voller Wunder wurde.
In den nächsten Tagen sprach das ganze Dorf über die Beobachtung des Professors und seinen humorvollen Satz: „Wenn Fliegen hinter Fliegen fliegen, fliegen Fliegen hinter Fliegen her“.
Dieser Satz wurde zu einem geflügelten Zitat in der Gemeinde. Wann immer jemand über Nachahmung oder blinden Gehorsam sprach, fiel dieser Satz. Auch der Bürgermeister verwendete in seinen Reden dieses Zitat. Er ermutigte die Dorfbewohner, selbst zu denken und niemandem blind zu vertrauen.
Eines Abends, als der Professor wieder auf seiner Veranda saß und die untergehende Sonne betrachtete, dachte er darüber nach, wie solch eine einfache Beobachtung so viel Freude und Nachdenken ins Dorf gebracht hatte.
Mit einem zufriedenen Lächeln murmelte er: „Manchmal braucht es nur eine kleine Fliege, um große Gedanken zum Fliegen zu bringen.“