Veröffentlicht: 13.12.2024. Rubrik: Menschliches
Schlussfolgerung
Gestern kam der Bus etwas verspätet. Außer ein paar Schülern und mir stieg diesmal noch ein Pärchen gesetzteren Alters ein, es handelte sich um einen rüstigen Herrn und eine Dame mit einer Pudelmütze. Jeder führte jeweils einen Koffer mit sich.
Nachdem sie mit großem Aufwand durch die hintere Tür des Busses eingestiegen waren, blieben sie stehen, ihre Koffer fest im Griff, mit Blick auf die vorderen Sitzplätze. Die meisten waren frei. Zwei andere Fahrgäste hatten es sich sehr bequem gemacht. Sie schliefen tief und fest, ihre Rucksäcke auf dem Platz neben sich.
„Jetzt müssen wir stehen", bemerkte der rüstige Herr missmutig. „Nur weil sich die Leute alle so breit machen müssen."
„Das ist eine Unverschämtheit", stimmte die Dame mit der Pudelmütze zu.
Ich fühlte mich angesprochen, denn ich hatte es gewagt, mich auf einen der freien Plätze zu setzen, ohne ihn dem Paar vorher anzubieten, und drehte mich um. „Hier sind lauter Plätze frei", bemerkte ich und zeigte zur Sicherheit mit der Hand darauf. „Hier sind zwei Plätze nebeneinander frei, vor mir auch und dort ebenfalls."
„Wir haben Koffer", entgegnete die Dame. Ich verstummte. Diesen Einwand konnte ich nicht entkräften. Sitze für die Koffer hatte ich in meinem Plan nicht vorgesehen.
An der nächsten Haltestelle stieg ich aus und sah, dass das Pärchen samt Koffern nach vorne eilte. Während der Bus weiterfuhr, erhaschte ich einen Blick auf das nun sitzende Paar. Jeder hatte seinen Koffer auf den Platz neben sich gestellt, sodass sie nun insgesamt vier Plätze einnahmen.
Das brachte mich zu einer allseits bekannten Schlussfolgerung: Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe.