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geschrieben von ORF.
Veröffentlicht: 05.11.2024. Rubrik: Satirisches


Komparsereien

Gestern unterhielt ich mich mit, vorzugsweise, Ehrenamtlerinnen über den, jeweils eigenen Werdegang und was aus uns hätte alles werden können.
Als ich noch klein war und, dem sozialen Status unserer Familie entsprach, sah ich meinem Alter nach, relativ kleinwüchsig und ziemlich unterernährt aus (das Letztere ist jetzt nicht mehr der Fall, das walte Hugo) was einen mittfühlenden, älteren Menschen dazu brachte mir eine Rolle als Statist bei Nachdreharbeiten zu dem Film „Die brennende Ruhr“ in der Töpferstadt Waldenburg/Sa anzubieten. Klar habe ich die Chance genutzt auch mal, vielleicht, berühmt zu werden. Man hat mir dreimal verschiedene, der Zeit des Kappputsches (?) entsprechende Anziehklamotten gegeben, Ich rannte ebenso oft über eine Straße und bin jedes Mal „tot“ umfallen wenn mir einer vom Regiestab ein Zeichen gab. Ich muss, schon damals meine Aufgabe mit Bravour gemeistert haben denn mir wurden im Nachgang 5 DDR Mark in die Hand gedrückt. Es können natürlich auch zehn gewesen sein aber so genau weiß ich das nicht mehr, ist zulange her. Den Film jedenfalls habe ich mir nie angesehen, trotz dieses hervorragenden Komparsen der dreimal auf offener Straße von einer widerlichen und eindeutig kinderfeindlichen Soldateska umgelegt wurde. Dann gingen viele Jahre ins Land und in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts leistete ich meinen „Ehrendienst“ bei der Nationalen Volksarmee (NVA) in Peenemünde als Flugzeugmechaniker an der MIG 21ab. Was tut man nicht alles wenn man im Nachgang studieren will. In meinem speziellen Fall wären das Grafik oder Malerei, also Kunst gewesen. Nach zwei Jahren wurde ich ein Jahr vorfristig wegen guter Führung entlassen und der Staat, sah sich, nach dem Studium meiner Beurteilung, nicht genötigt, mir ein Kunststudium zu gewähren. Ist ja nun egal. Mein Job bei der Armee war, dass ich Triebwerks- und Pilotensauerstoff immer nutzbar zu halten hatte, dann musste ich vor Start bzw. nach Landung der Kampfjets meiner Staffel den Piloten beistehen, die Kabinenabdeckung ordentlich schließen bzw. öffnen und viele andere Aufgaben über die ich hier nicht schreiben mag da mir unbekannt ist ob das damalige Dienstgeheimnis noch Geltung hat, welches ich unterschrieb.
Jedenfalls war ich eben bei dem beschriebenen Geschäft als urplötzlich Leute mit Kameras auftauchten und filmten wie ich dem Piloten aus der Kanzel half. Im Nachgang sagte man mir es wären erforderliche Nachaufnahmen für einen Film „Anflug Alpha 1 – aus dem Leben eines Düsenjägerpiloten“ und so wurde die DEFA weltweit bekannt aufgrund der Tatsache dass sie zweimal einen immens begabten Statisten bei ihren Filmen einsetzten. Ich wartete dann viele Jahre, mindestens bis zur Wende dass irgendwelche Aufforderungen an mich gestellt wurden auch mal größere Rollen in abendfüllenden Filmen zu übernehmen. Doch ich habe nicht nur bis zur Wende vergebens gehofft. Zuerst hat der DEFA Klüngel und später der Kapitalismus mit dem, am Filmset vorherrschende Kommerz, meine schauspielerischen Ambitionen zunichte gemacht.
(ORF, der nicht traurig ist dass er kein Schauspieler wurde)

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