Veröffentlicht: 19.10.2024. Rubrik: Satirisches
Vortrag
Gestern war ich zur literarischen Herbstlese im heimischen Gemeindehaus. Wir wohnen hier in einem winzigen Dorf aber einmal im Jahr findet eine solche Veranstaltung statt. Ich hege den schwachen Verdacht dass dies so ist weil es nur einen pro Jahr gibt, einen Herbst meine ich.
Die literarischen Ergüsse haben mich nicht direkt vom Hocker gerissen. Lyrik, mit Vehemenz vorgetragen. Gedichte sind eh nicht meins und an keiner Stelle reimte sich Haus mit Maus oder ähnliche, poetische Höhepunkte. Dafür hat der Dichter an und ab auf der Klampfe gezupft und das entsprach meinen Intentionen schon wesentlich mehr, denn dies tat er, nach meinem Dafürhalten recht meisterhaft, Für mich, als ehemaligen Musikalienhändler (vor vielen Jahren in Sachsen) gab es da jedenfalls keinen Grund um herumzumeckern. Wie hätten die Mitbürger dieses Ortes, wo jeder, jeden kennt reagiert, falls ich mich abfällig geäußert hätte? Ich wäre doch der Kulturmuffel pur gewesen, dessen Kopf nicht einmal zum Haartragen geeignet wäre. Klar, irgendwie hätten sie nicht ganz unrecht gehabt da ich eine fulminante Kopfglatze mein eigen nenne und mit Stolz, energetisch den heutigen Zeiten angepasst, mit mir herumtrage. Windschnittigkeit, also ein wesentlich geringerer Luftwiderstand als Leute mit Haaren auf dem Kopf haben. Ein kleiner Widerstand braucht halt eine geringe Energieaufwendung bei Bewegungen irgendwie, irgendwo. Wenn ich mit offenem Fenster Auto fahre brauche ich demzufolge wesentlich weniger Fahrzeugtreibstoff als wenn ich irgendwelchen gängigen Schönheitsidealen entspräche wie Haare offm Gobb und so. Nicht mit mir, schon der Umwelt zu Liebe.
Letztendlich habe ich es jedenfalls nicht bereut dass ich gestern eher beim Ehrenamt war und demzufolge auch entsprechend abdüsen (Hammer fallen lassen, Feierabend machen usw.) konnte. Sonst hätte ich sie zeitlich nicht geschafft, die Herbstlese hier.
(ORF)