Veröffentlicht: 11.10.2024. Rubrik: Unsortiert
Einladung
Anspannung pur für mich im Taxi auf dem Weg zum Flughafen an diesem regnerischen Tag, die Stadt verschwamm hinter einem grauen Schleier. In mir stieg die Aufregung immer stärker hoch. Ein Vorstellungsgespräch in Paris – die einmalige Chance, einen entscheidenden Schritt auf der Karriereleiter zu machen. Mit unruhigen Händen überprüfte ich die Reisedaten zum wiederholten Mal auf meinem Smartphone, alles gespeichert, gleichwohl, die Vorfreude mischte sich allmählich mit Nervosität. Ich hatte lange auf diesen Moment warten müssen, hatte ungezählte Bewerbungen formuliert und wieder verworfen, und nun diese, alles war stimmig.
Am Flughafen drängte ich mich ungeduldig durch die Menschenmenge. Der Check-in-Schalter war voller Menschen, und ich spürte irgendwie, die Zeit arbeitete gegen mich. Als ich an der Reihe war, legte ich meine Buchungsunterlagen vor. Die Airline-Mitarbeiterin schaute mich kurz an und dann auf ihren Bildschirm; die Stille dehnte sich. Nach einer gefühlten Ewigkeit erklärte sie, es läge keine Buchung auf meinem Namen vor. Ein Blick auf mein Handy sagte etwas anderes, dort wurde die Bestätigung angezeigt, die ich vor wenigen Tagen erhalten hatte. Ein Schock durchfuhr mich, ich suchte krampfhaft nach einer Lösung. Nach einigen hektischen Telefonaten fand ich einen Alternativflug – in letzter Minute. So hetzte ich durch den Flughafen, meine Gedanken rasten, während ich die Sicherheitskontrolle passierte. Als ich endlich im Flugzeug saß, wechselte sich Erleichterung mit aufkommender Panik. Würde ich es rechtzeitig schaffen?
Dann der Flug nach Paris, der elendig lange zu dauern schien. Auf dem Terminal angekommen, setzte sich das Chaos fort, der zugesagte Abholer erschien nicht. Es war nicht weit bis zum Meeting-Point, aber die Zeit spielte gegen mich. Ich lief von einem Ort zum anderen, fragte mich durch, doch niemand konnte mir helfen. Kurz vorm Verzweifeln konnte ich ein Taxi ergattern, dessen Fahrer allerdings kein Englisch sprach, egal, ich zeigte ihm die Adresse auf einem Schriftstück. Als ich schließlich an dem imposanten Gebäude meines potentiellen neuen Arbeitgebers ankam, war es zu spät, die Besprechung war bereits beendet, hieß es. Mit Mühe fand ich einen kompetenten Ansprechpartner; ich fühlte mich fehl am Platz, fast wie ein Eindringling. Eine der Mitarbeiterinnen sah mich an, erkannte mich und zuckte bedauernd mit den Schultern
Dann eine Erklärung, und die war ungeheuerlich, jedoch klar und deutlich in der Aussage. Die Informationen, die ich vorab digital erhalten hatte, waren alle manipuliert, die Einladung sollte nicht direkt in ein tatsächlich stattfindendes Bewerbungsinterview führen, man wollte zuvor testen, wie ich unter extremer Belastung reagieren würde. Das konnten die haben! Ich hinterlegte grimmig lächelnd die Bewerbungsunterlagen auf dem Konferenztisch, bat um zügige Erstattung der Spesen und verließ das Gebäude, die Stadt, das Land – ich wurde immer lockerer.
Die Entspannung steigerte sich, als ich zuhause angekommen war. Zwei Glas Rotwein später konnte ich über den mühseligen Kampf auf dem Weg nach Paris nur noch lächeln. Als kurz darauf eine Nachricht auf dem Handy mir mitteilte, ich hätte den Test mit Bravour bestanden, man würde mir einen Anstellungsvertrag zusenden, betätigte ich ohne zu zögern die Löschtaste.