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5xhab ich gern gelesen
geschrieben 2024 von Kargut (Kargut).
Veröffentlicht: 30.08.2024. Rubrik: Persönliches


Frau Karin, dürfen wir kommen ?

Vier bezaubernde Vietnamesenmädchen aus dem Nachbarhaus hatten mich als „Tante adoptiert“. Sie warteten bereits am Fenster, wenn ich von der Arbeit kam und riefen „Frau Karin, dürfen wir kommen ?“ Natürlich durften sie. Ich liebte diese Kinder und fand es herrlich, wenn sie im Treppenhaus immer wieder „psst“ zischten und ihre Finger auf die Lippen legten, weil ich ihnen gesagt hatte, dass sie im Haus leise sein müssen. Der Weg in die 3. Etage war für die Jüngste, mit gerade einmal 3 Jahren, sehr beschwerlich. Die Zwillinge, mit 6 und die Älteste mit 9 Jahren taten sich da schon leichter, denn der Aufzug war für sie tabu.
Am Wochenende besuchte ich mit ihnen einen Abenteuerspielplatz, wo mir die 3-jährige Tam Anh zeigte, wie man auf den einzelnen Geräten spielt. „So, und jetzt Du“, sagte sie, nach jeder Vorführung. Ich genoss es. Ich durfte, ohne Scham und vorwurfsvolle Blicke von Erwachsenen, rutschen, schaukeln und balancieren. Herrlich. Nachdem die zuckersüße Tam Anh ihre Lektion an den Geräten beendet hatte, setzte sie sich mit einem Plastiksieb in den Sandkasten und siebte den Sand. Mit den Worten: „So und jetzt Du“, reichte sie mir das kleine Sieb. Ich nahm es mit einer Hand und siebte. Tam Anh zog ihre Sonnenbrille auf die Nasenspitze, blickte über die Brillengläser hinweg und schüttelte den Kopf. „Nicht so ! Mit drei Händen !“ rief sie und demonstrierte mit ihren zwei Kinderhändchen, was sie meinte. Dieses Kind war so süß, dass man bereits beim Anschauen Karies bekommen konnte.
Einmal besuchten wir zusammen den Tierpark Hellabrunn und waren die Attraktion des Tages. Die Blicke der Besucher wanderten von mir zu den 4 mandeläugigen Mädchen und wieder zurück. Imaginären Fragezeichen standen den Betrachtern ins Gesicht geschrieben. Ein kleiner Junge rief laut: „Mama, Mama. Da sind ja zwei gleiche“, als er die Zwillinge sah.
Wir hatten eine wunderschöne Zeit, bis zum Tag des Mauerfalls. Die Älteste der Mädchen besuchte mich alleine und erzählte mir traurig, dass ihre Eltern ein Restaurant in Dresden gekauft hätten und die ganze Familie bald dorthin ziehen würde. Der Abschied fiel allen sehr schwer.
Minh schrieb mir noch einige Male und besuchte mich, nachdem ihre Eltern sie in einem Internat am Chiemsee angemeldet hatten. Ab da brach der Kontakt ab. Dann kam die Zeit der digitalen Medien: Facebook, Instagram und Co und ich erhielt folgende Nachricht :

Liebe Karin, jetzt bin ich baff! Ich freu mich riesig, dass ich dich gefunden habe. Ich habe oft an dich gedacht ( meine Geschwister waren zu klein). Wie ist es dir ergangen? Ich weiß nicht ob ich dir je gesagt habe, dass ich dir sehr dankbar bin für unsere gemeinsame Zeit! Dafür das du dir soviel Zeit für uns genommen hast und sicher auch das eine oder andere graue Haar bekommen hast durch uns. Danke, danke, danke, Minh.

Minh, die älteste der 4 Mädchen, hatte mich nie vergessen, so wie auch ich oft und gerne an sie und ihre Geschwister dachte. Gerührt und mit Freudentränen las ich immer wieder ihre Zeilen.
Inzwischen sind Minh und Tam Anh ( die Jüngste ) selbst verheiratet und Mütter von sechs bezaubernden Kindern, denen sie eventuell von einer Frau Karin in München erzählen. Ich freue mich, dass sie mich weiter an ihrem Leben teilhaben lassen.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Bad Letters am 31.08.2024:
Kommentar gern gelesen.
Das Leben Kargut, schreibt doch immer noch die besten Geschichten.

MfG
Bad Letters





geschrieben von F X am 06.09.2024:
Kommentar gern gelesen.
Das Schönste ist für jemanden nicht vergessen zu werden, dann kann man glücklich und etwas Stolz sein es richtig gemacht zu haben!
Habe die Geschichte gern gelesen !

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