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3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2024 von Kargut (Kargut).
Veröffentlicht: 06.08.2024. Rubrik: Abenteuerliches


Der Fallschirmsprung

Träume sind wichtig und manchmal werden sie sogar wahr. So wie bei mir, an meinem 30. Geburtstag. Ein lieber Freund gratulierte und überreichte mir einen Umschlag. „Sicherlich eine lustige Geburtstagskarte, oder eine Einladung zum Essen“, dachte ich und schaute vorsichtig in das Kuvert. Ich konnte nichts erkennen, griff mit zwei Fingern nach der Kartonage, die sich im Inneren befand und zog sie heraus. Ungläubig las ich den Text:
Gutschein
Liebe Kargut, Dein Traum wird bald in Erfüllung gehen und zwar im freien Fall aus einem Heißluftballon.

Mir fehlten die Worte. Das war zu schön um wahr zu sein. Gleich zwei Herzenswünsche sollten mir mit diesem Stück Papier erfüllt werden: ein Tandemsprung und eine Fahrt im Heißluftballon. Einfach magisch.
Schnell rief ich bei der Kontaktadresse, die auf dem Gutschein stand, an und vereinbarte einen Termin. Ein winziger Wehrmutstropfen: ich sollte bereits um 6.00h morgen am Chiemsee sein. Egal, ich würde in der Nacht zuvor ohnehin nicht schlafen können. Genau so war es auch, meine Euphorie hielt mich hellwach.
Am Chiemsee angekommen sah ich bereits aus der Ferne die gigantische Ballonhülle, die von mehreren Helfern auf einer Wiese ausgebreitet und später mit einem Gebläse und Propangasbrenner gefüllt wurde. Ein junger Mann kam auf mich zu: „Grüß Dich, ich bin der Thomas, Dein Tandemmaster.“ Mit einigen Standard – oder Pflichtfragen versuchte er herauszufinden, ob ich mir auch absolut sicher sei, in 3.000 Metern Höhe auf den 1,1m hohen Korb zu klettern und in die Tiefe zu springen. Wie vor dem Traualtar antwortete ich feierlich: „ Ja, ich will“ wobei meine Mundwinkel bis zu den Ohren reichten. Thomas brachte mir einen knallroten Overall, den ich über meine eigene Kleidung anziehen musste. Darüber befestigte Thomas noch diverse Gurte, gefühlt wie das Zaumzeug bei einem Pferd. Es folgten Instruktionen zur Körperhaltung beim Sprung, im freien Fall, bei der Landung und im Notfall. Ich war startklar, genau wie der Ballon der, prall gefüllt, himmelwärts wollte. Dicke Seile und starke Männerarme hielten dagegen und zogen den Korb zum Boden.
„Einsteigen“, rief der Pilot und kletterte über den Korbrand. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und taten es dem Piloten gleich. „ Grias di, i bin der Sepp“, stellte er sich vor und richtete sich im selben Atemzug an meinen Tandemmaster:“ Tommi, heid springst owwer net wieda in‘ See eini. Is dei Schirm scho wieda trocke ?“ Thomas grinste und schaute zu mir. „Mich könnt ihr nicht einschüchtern“, dachte ich bei mir und schon hob der Korb ab. Es gibt keine Worte, um die Eindrücke zu beschreiben: Nebelschwaden über dem Chiemsee, Sonnenaufgang über den Bergkämmen, Häuser und Bäume, die immer kleiner wurden und mit zunehmender Höhe mit der Landschaft verschmelzen. Licht, das am Vorabend gedimmt wurde, wird in Zeitlupe wieder heller. Ganz behutsam, wie in Zeitlupe ändern sich Farben und Silhouetten. Ganz langsam, aber doch spürbar erwärmt sich die Luft. Ich fühle mich wie eine Komparsin in einem Film, bei dem eine höhere Macht Regie führt.
Thomas reist mich aus meinen Gedanken und reicht mir eine rote Haube und eine Brille „Die musst Du noch aufsetzen, bevor wir springen“. Ich schaute auf die Uhr. Eine knappe halbe Stunde war bereits vergangen und ich wusste noch immer nicht, ob ich wach war oder träumte.
Thomas gurtete mich an sich fest und wiederholte nochmals seine Instruktionen. „Alles klar ?“ „Alles klar“, antwortete ich. Jetzt kam der schwierigste Teil. Thomas und ich mussten gemeinsam auf den schmalen Korbrand klettern. Geschafft - und schon hörte ich das Kommando :“Ready – Set – Go“. Es folgte absolute Schwerelosigkeit und für 25 Sekunden ein regelrechtes Rauschgefühl, bei einer Fallgeschwindigkeit von 200km pro Stunde. Die Arme vor der Brust verschränkt, wie ich es gelernt hatte, und den Kopf zur Seite gedreht, damit das Atmen leichter fiel. Dann ein Ruck, das Zeichen dafür, dass sich unser Fallschirm geöffnet hatte. Dem freien Fall folgten drei Minuten Dahingleiten. Schweben in absoluter Stille, wie ein Vogel. Mit einigen Drehungen – oder soll ich sagen Kurven – lenkte uns mein Tandemmaster zum verabredeten Landesplatz, wo ein Verfolgungsfahrzeug wartete. Noch waren wir in der Luft und Thomas klopfte auf meine Schulter - das Zeichen, dass die Landung kurz bevorsteht und ich meine Knie anziehen soll. Ein weiteres Antippen signalisierte mir: Laufen. Einfach in der Luft laufen – aber es sollten nur wenige Schritte sein, die ich in der Luft lief, denn bereits nach wenigen Sekunden hatten meine Füße Bodenkontakt. Wir waren ganz sanft auf einer Wiese gelandet. Ich fühlte mich wie in Trance.
Thomas löste die Gurte, gratulierte mir und ergänzte „Jetzt müssen wir noch zur Ballonfahrertaufe. Da bekommst Du auch eine Urkunde“. „Taufe ist gut“, sagte ich, denn ich fühlte mich wie neu geboren.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von ORF am 06.08.2024:
Kommentar gern gelesen.
Habe die Geschichte mit Interesse gelesen, Ich bin fünfmal aus einem Flugzeug, einer Antonov 2, gesprungen, aber immer solo und das höchste waren 1500m. Freispringer und Tandemspringer springen meist von weiter oben!




geschrieben von Kargut am 06.08.2024:

Lieber ORF, der Sprung aus einem Ballon ist nicht mit dem aus einem Flugzeug zu vergleichen. Beim Ballon fehlt die Luftströmung, die den freien Fall verzoegert und viel intensiver LG Kargut




geschrieben von Ernst Paul am 07.08.2024:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Kargut, meinen größten Respekt vor deiner Leistung. Kürzlich habe ich mein Garagendach mit Bitumen streichen müssen. Ich war echt froh, dass ich die 3 Höhenmeter unbeschadet überstanden habe. Deine Geschichte habe ich gern gelesen. Liebe Grüße




geschrieben von Bad Letters am 10.08.2024:
Kommentar gern gelesen.
Ballonfahrt Kargut. würde ich mich noch durchringen können, Fallschirm no way! Wenn man es mag, sicher ein grandioses Erlebnis, das du begeistert geschildert hast.

MfG
Bad Letters




geschrieben von Gari Helwer am 18.08.2024:
Kommentar gern gelesen.
Eine spannende Geschichte, Kargut, alle Achtung! Toll geschildert - ich würde mich weder das Eine noch das Andere trauen... LG

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