Kurzgeschichten-Stories
Autor
Schreib, wie du willst!
Startseite - Registrieren - Login - Kontakt - Impressum
Menu anzeigenMenu anzeigen
3xhab ich gern gelesen
geschrieben von Bad Letters.
Veröffentlicht: 26.07.2024. Rubrik: Menschliches


Ein Blick von Tragweite

Wie alles im Leben, gibt es keinen Vorteil ohne Nachteil und so schön der Sommer auch sein mag, hinterlässt er Spuren, die nicht immer das Auge erfreuen. Unzählige Pollen bestäubten sein Fahrzeug, das es glatt Gefahr lief, seine ursprüngliche Farbe zu verlieren. Ein Zustand, der für ihn außerhalb jeglicher Akzeptanz thronte und so lag die Konsequenz nur zu nahe, schnellstmöglich eine Waschstraße aufzusuchen.

Der Frühjahrsputz für den Fahrzeuglack war sowieso längst überfällig und so quälte er sich frühmorgens aus dem Bett, um rechtzeitig genug, die Lack Aufbereitung anzufahren und auch direkt den Innenraum seines KFZ mitsäubern zu lassen. Die Stahlschlange aus schmutzigen Vehikeln an der Einfahrt zur Reinigungsstraße hatte zu seinem Glück noch nicht die Länge einer Anakonda angenommen und so war er frohen Mutes, die Prozedur zügig hinter sich bringen zu können.

Die notwendigen monetären Aufwendungen für das Unterfangen lagen jedes Jahr mehr im Widerspruch. Der Preis stieg unaufhörlich und die Qualität fiel Zusehens ab, aber was will man machen, wenn die Faulheit über den eigenen Anspruch siegt, zahlt man halt. Schnell war er bei der Station zur Fahrzeug Innenraumreinigung an der Reihe und nachdem er sein Fahrzeug vorschriftsmäßig verlassen hatte, wendete er sich umgehend der Kaffeestation zu, um seine Rest Müdigkeit mit einem starken Schwarzen zu vertreiben.

Während des Kaffeeschlürfens beobachtete er die reinigende Ameisenkolone, wie sie durch die Reihen der Fahrzeuge huschte. Rein ins Auto, raus ins Auto, immer mit Putzlappen und Spray bewaffnet. Ein Knochenjob, der wohl selten den Traumberuf darstellte, sondern eher als Notlösung herhalten musste, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Etwas blondes kreuzte sein Sichtfeld, circa zwei Kopfgrößen unter ihm schätzte er. Eindeutig weiblich, wobei ihm bewusst war, das frühere Tatsachen, heutzutage nur noch eine Vermutung darstellten. Wie immer sich das Blonde Menschenwesen auch definierte, wirkte ihre Rückseite doch sehr anregend auf ihn. Das Haar, eng gekraust, reichte bis zum Po Ansatz. Farblich undefinierbar, bis auf den vorherrschenden Blondton in allerlei Variationen. Nass würden die Haare sicher den Po überdecken, was, in seiner Vorstellung, allerdings alles andere als wünschenswert war.

Mehr als einen kurzen Blick gönnte er sich nicht, auch wenn die Front sich als nicht weniger attraktiv entpuppte. Ihre Blicke kreuzten sich nur für einen Sekundenbruchteil, der aber ausreichte, ihn zu elektrisieren. Es war nicht die äußere Erscheinung, sondern vielmehr die Vision, dass er zu erkennen glaubte, dass ihr Blick ihn ebenfalls fixierte.

Eine sehr gewagte Einbildung, wie er zugeben musste, war er in den vergangenen Jahrzehnten doch sicher alles andere als ein Blickfang für weibliche Wesen. Die Ungewissheit nagte an ihm und so riskierte er einen zweiten Blick, den er hinter einer fließenden Kopfbewegung zu verbergen suchte. Tatsächlich, ihr Blick ruhte auf ihm! Ein forschender Blick, ohne auch nur eine Spur anzüglich zu wirken. Kannte man sich etwa? Seine Verwunderung wuchs, eröffnete der zweite Blick ihm doch zweifelslos, dass das hübsch anzuschauende Wesen, mindestens ein Jahrzehnt jünger, als er selbst zu sein schien.

Sein Fahrzeug rollte an ihm vorbei und es näherte sich dem Ende der Reinigungsstraße. Rückwärtsgewand passierte er die unbekannte Schönheit. Ihm wurde die Tür aufgehalten und er entlohnte den Mann mit einem Trinkgeld. Beim Einsteigen wollte er einen letzten Augenblick einfangen und wurde bereits von ihr erwartet. Sie hatte ihre Sitzposition tatsächlich seiner Richtung angepasst. Der Moment wurde länger als geplant und als sich ein Lächeln auf ihre Lippen legte, galt es eine Entscheidung von Tragweite zu treffen.

Er lächelte nicht zurück, startete den Motor und ließ die Gelegenheit verstreichen. Auf der Rückfahrt ließ er die Situation Revue passieren und auch wenn er sich sicher war, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, hingen seine Gedanken und Fantasien dem Geschehen noch lange nach, bis sie sich endlich im Alltag verloren.

counter3xhab ich gern gelesen

Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

Weitere Kurzgeschichten von diesem Autor:

Der Geschichtenerzähler
Zeitzeugen des Wahnsinns
Kalter Kaffee
Gleise ins Ungewisse
Dort, wo das Schilfrohr rauscht