Veröffentlicht: 25.07.2024. Rubrik: Menschliches
Der Geschichtenerzähler
Er ist nun schon einige Jahre auf unserem Planeten unterwegs. Die einen würden sagen „Es reicht!“, und die anderen „Bitte, bleibe noch ein wenig!“ Dazwischen scheint es wenig zu geben. Früher in seiner Jugendzeit dachte er, dass dieser Planet nicht ohne ihn existieren könne. Heute hat er einen anderen Blick. Es ist ihm egal, ob er heute geht oder erst morgen.
Er hat so einiges erlebt. Wofür? Das weiß er nicht so recht. Vielleicht nur, um seinen Kelch zu füllen, den man Leben nennt, oder um anderen Mitmenschen Erlebnisse in ihr Tagebuch zu schreiben. Er hat von seinem Leben nie etwas aufgeschrieben, nie Bilder aufbewahrt und er erzählt auch nie etwas von dem, was er erlebte. Sein Kelch ist voll und er wartet nun drauf, dass es eines Tages endet.
Während er wartet, schreibt er Geschichten. Geschichten, die ihm Fremde erzählt haben. Nicht, dass er sie je danach gefragt hätte, er fragt nie etwas! Sie erzählen es ihm einfach und er hört zu. So war es schon immer. Früher hat es ihn befremdet, warum ihm Leute von Dingen erzählten, wonach er sie nie fragte. Es scheint ihnen ein tiefes Bedürfnis zu sein, ihm ihre Geschichten mitzuteilen. Wo sie schon überall waren. Welche Karrieren sie genommen haben, welche Bücher sie lasen oder was sie so alles erlebten.
Er schreibt die Erzählungen dann auf, schmückt die Geschichten etwas aus, bringt hier und da Verzierungen an, aber er achtet stets darauf, dass es ihre Geschichten aus ihrem Leben bleiben. Denn so, sollte es ein Geschichtenerzähler halten.