Veröffentlicht: 23.06.2024. Rubrik: Total Verrücktes
Auf den Wellenkämmen der Unwahrheiten
Myriaden Sekundensterne tanzen auf Wellenkämmen, spiegeln kurz das silbrige Licht des Mondes, bevor sie untergehen. Der Horizont erwartet mich, ohne eine Ahnung davon zu besitzen, ob wir uns überhaupt verstehen werden. Aber manchmal muss man sich dem Unbekannten nähern, um eine Ungewissheit aus der langen Liste von Ungewissheiten streichen zu können.
Dein Blick spricht Zweifel aus, die schon ewig in meinen Taschen lungern. Warum behältst du sie nicht einfach für dich und verzweifelst an deinen eigenen. Der Mond würde mir beistehen, doch er meidet meine Anwesenheit, seit ich mich für einen Wolf hielt, um ihn anzuheulen. Ich wäre unwürdig solcher Täuschungsmanöver, schrieb der Mond daraufhin in sein Tagebuch, und ich solle mich schämen.
Die Sterne lachten sich kringelig und luden mich zur nächsten Mondfinsternis ein. Sie versprachen mir eine Supernova, die jeden Regenbogen in den Schatten stellen würde und in keinem Horoskop zu finden sei. Das fand der Schatten wenig amüsant, noch nie wollte ihn jemand ungefragt einfärben, und eine Horde von Regenbögen zu beherbergen, stellte er sich auch als ziemlich nasse Angelegenheit vor, besaß er doch keinen Schirm für innere Angelegenheiten. Das Horoskop nahm es gelassen, es wusste bereits, dass es spätestens als haltlose Lüge entlarvt wird, wenn nur ein einziger seiner Sterne vom Himmel fällt.
Ich nahm eine Taschenlampe mit, um die Supernova besser ausleuchten zu können, das erwies sich aber als unnötig. So ist das, wenn man Abenteuer bucht, für die einem jegliche Vorstellungskraft fehlt. Einige Abenteuer entpuppen sich sowieso gern als Statussymbol eines Minderwertigkeitskomplexes, den man damit zu überspielen versucht.
Ein Gedankengang, der es schwer haben wird, bei den betroffenen Anhänger zu finden, umso näher könnte er an einer Wahrheit liegen, neben die sich niemand freiwillig legen möchte, wenn sie auf das eigene kleine Licht fällt. Wahrheiten hatten ja schon immer einen schweren Stand, stecken sie doch voll von verirrten Standpunkten, die nur das sehen wollen, was sie sehen wollen, ohne sich jemals gedanklich vom Fleck bewegt zu haben.
Für den offenen Blick braucht es allerdings keine Brille, man muss einfach nur die Eitelkeit ablegen, um sie zusammen mit der Überheblichkeit einzumotten. Den Sekundensternen ist es egal, sie haben selbst ohne Gehirn längst begriffen, dass allein ihre Existenz ein Wunder ist, und Wunder brauchten noch nie ein Statussymbol auf ihrer Motorhaube, während die Motten weiter vom Lichte der Laterne geblendet werden, hinter das sie nie zu blicken vermögen.