Kurzgeschichten-Stories
Autor
Schreib, wie du willst!
Startseite - Registrieren - Login - Kontakt - Impressum
Menu anzeigenMenu anzeigen
2xhab ich gern gelesen
geschrieben 2025 von Jens (Jens Richter).
Veröffentlicht: 23.01.2025. Rubrik: Unsortiert


150 Jahre Winnetou

Am vergangenen Wochenende prangerte mich in der Werbezeitschrift DAWO die Schlagzeile: "Winntou wird 150 - Was das Karl-May-Museum plant" an.
Das weckte sofort meine Erinnerungen, wie ich an den begehrten Band "Winnetou I" gekommen war.

Es war Anfang der 80er Jahre, als in der ehemaligen DDR Weihnachten im Fernsehprogramm die drei Winnetou-Filme ausgestrahlt wurden.
Zeitgleich legte der Verlag "Neues Leben" die Winnetou-Bände l bis lll neu auf.
Schon damals war ich eine Leseratte durch und durch.
Ich hatte alles, was in irgendeiner Weise nach Abenteuerliteratur roch, innerhalb kürzester Zeit durchgeschmökert.
Darunter die fünf bekannten Lederstrumpf-Romane, über zwanzig Jules-Verne-Bücher, den Klassiker Robinson Crusoe und noch viele mehr.
Jetzt sollten noch die Karl-May-Romane hinzukommen.
Jeder Ex-DDR-Bürger weiß, dass diese Romane Bückware waren.
Das heißt, entweder man hatte Beziehung zu einer Buchhandlung oder man hatte Westgeld, dass man an die Bücherbestellung klammern konnte.
Leider hatten wir beides nicht.
Aber mein Vater arbeitete im KFZ-Ersatzteil-Vertrieb.
Damit hatte er indirekt Beziehungen in alle Ecken.
Also hielt ich irgendwann Winnetou Band II und III stolz in meinen Händen.
Nur mit dem ersten Band war das so eine Sache.
Der war offenbar, noch ehe er offiziell im Handel erschien, vergriffen.
Zwar druckte die Jugendzeitschrift "Trommel" Winnetou I als Comic ab, aber das war nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
An das begehrte Buch war für mich kein herankommen.
Ein Schulfreund war im Besitz dieses, für mich scheinbar unerreichbaren Buches und sogar als westdeutsche Ausgabe.
Und er hatte nur diesen einen Band von Karl May.
Ich nervte ihn solange, bis er meinte, dass wenn ich ihm ein gleichwertiges Karl-May-Buch vorbeibrächte, er mir Winnetou l abtreten würde.
Ich frohlockte, denn mein Vater hatte so einen passenden Ersatz.
In seinem Bücherregal, in zweiter Reihe hinter den Abenteuerromanen war "Der Weg nach Waterloo" versteckt.
Diesen Roman wollte ich meinem Schulfreund anbieten.
Vor dem großen Tausch las ich dieses Buch schnell noch, um das Geschäft kurzerhand abzuschließen.

Lieber Leser, Du kannst Dir sicher vorstellen, dass mein Vater ganz und gar nicht amüsiert darüber war, als meine Kaubelei ans Tageslicht kam.
So sauer hatte ich meinen Vater noch nie erlebt.
Er wollte sein Buch unbedingt zurück haben, was aber nicht von Erfolg gekrönt war.
Letztendlich gab er sich damit zufrieden, was 100prozentig den Schlichtungsbemühungen meiner Mutter zu verdanken war, dass ich mit "Winnetou I" ein nahezu gleichwertiges Buch erhalten hatte.
Ich versprach meinem Vater, dass ich mich darum kümmern will, dass er seinen alten Karl-May-Band zurück bekommt.
In der Ex-DDR eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit...

Und letztes Jahr löste ich tatsächlich mein altes Versprechen meinem Vater gegenüber ein und erstand in einem Antiquariat "sein" Buch.

Jens Richter, 2025

counter2xhab ich gern gelesen

Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

geschrieben von Ernst Paul am 23.01.2025:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Jens, Bücher von Karl May halfen mir, die deutsche Frakturschrift lesen zu lernen.
1963 besuchte ich die 4. Klasse der Grundschule. Nach dem Unterricht musste ich auch den Schulhort besuchen. Die Bücher, die hier zum Lesen zur Auswahl standen, waren nicht nach meinem Geschmack. Ich wollte Abenteuerliteratur lesen. Eines Tages brachte mir meine Horterzieherin, Frau Schulze, einen Karl-May-Band aus ihrem Buchbestand von zu Hause mit. „Der Sohn des Bärenjägers“ war in Frakturschrift geschrieben und wohl in den Zwanzigern gedruckt worden. Frau Schulze sagte zu mir, dass diese Literatur unerwünscht sei und legte ihren Zeigefinger auf die Lippen. Ich saß nun nach dem Unterricht in meiner Leseecke am Ofen, las dieses Buch mit großer Lust und studierte die Frakturschrift.
Sehr gern gelesen. Liebe Grüße, Ernst Paul





geschrieben von ORF am 23.01.2025:
Kommentar gern gelesen.
Karl May, dieser unter der Jugend, auch der der DDR, sehr begehrte Schriftsteller, zumindest seine Werke war, was sicherlich weniger bekannt ist, unter anderem auch ein Kleinkrimineller der, z.B. in meiner Geburtstadt Glauchau (Nachbarstadt von Hohenstein - Ernstthal) im Gefängnis saß, wegen Diebstahl einer Taschenuhr. Der K.M. hat unter anderem unterschlagen, betrogen usw.
Es gab einen Zeitgenossen von Karl May, der meiner Meinung nach wesentlich besser schrieb. Eins seiner Pseudonyme ist Sir John Retcliffe gewesen, sein richtiger Name war Hermann Ottomar Friedrich Goedsche. Hatte mit dem späteren Arbeiterschriftsteller Otto Gotsche, auch verwandtschaftlich, nichts zu tun. Ist, auch heute noch recht lesenswert, der Sir John.




geschrieben von Jens Richter am 23.01.2025:

Hallo Ernst Paul,
Dank des Sammelsuriums alter Bücher, die mein Vater besaß, hatte ich auch das Lesen der alten deutschen Schrift erlernt.
Meine Oma hatte mir sogar die alte Schreibschrift vermittelt. Leider ist dieses Schreiben ein Stück weit aufwendiger, deswegen nutze ich es bestenfalls für Gruß- oder Geburtstagskarten.
Hallo ORF,
sicher gab und gibt es immer bessere Schriftsteller, als Karl May.
Aber wir dürfen nicht vergessen, dass er damals auch nur das Fernweh und die Träume von Menschen gestillt hatte, die rund um die Uhr gerammelt hatten, um sich den kargen Lebensunterhalt zu sichern und ihr Hamsterrad nicht verlassen konnten. Darin war er richtig gut.
Wusstest Du, dass Karl May die meisten seiner Haupthelden und Handlungsstränge im Gefängnis erarbeitet hat, was für mich auch ein Zeichen gelungener Resozialisierung ist.
Vielen Dank für Eure Kommentare,
Jens






geschrieben von Bad Letters am 25.01.2025:
Kommentar gern gelesen.
Ich war und bin keine ausgesprochene Leseratte Jens, dafür liegt mir die Musik zu nahe am Herzen, deshalb habe ich in meiner Kindheit viel lieber Schallplatten von Lederstrumpf & Co gehört, mich von den Stimmen der Sprecher und besonders
der Sprecherinen 😉 verzaubern lassen.

MfG
Bad Letters




geschrieben von Jens Richter am 25.01.2025:

Hallo BadLetters,
von der Sache her ist es m.E. egal, auf welche Art der Mensch seine Kreativität entdeckt und entwickelt.
Mein Sohn hatte sich früher auch mit langen Texten schwer getan. Aber er hatte gern Comics gelesen und auch selbst gezeichnet.
Heute liest er dickste Wälzer an Fachliteratur.
Vielen Dank für Deinen Kommentar und Grüße von Jens





geschrieben von ORF am 25.01.2025:
Kommentar gern gelesen.
Jens Richter:
Das er sich das Schreiben im Gefängnis aneignete war mit bekannt.
Habe mir sogar das Karl May Museum in Radebeul angetan.




geschrieben von Jens Richter am 25.01.2025:

Lieber ORF, was meinst Du mit angetan? Radebeul bietet eine der wertvollsten Sammlungen in Europa, was das Leben der indigenen Volker Nordamerikas beschreibt.
Grüße von Jens




geschrieben von ORF am 26.01.2025:
Kommentar gern gelesen.
Jens Richter:
angetan bedeutet nicht unbedingt über sich ergehen lassen, sondern auch Interessantes und Neues mit Begeisterung kennenzulernen

Mehr von Jens (Jens Richter):

Kurzschluss Januaraktion
EinAuge
Zwei kleine Diebe
Der Botschafter
Fachkräftemangel? - 2. Kapitel