Veröffentlicht: 09.12.2024. Rubrik: Unsortiert
Fachkräftemangel? - 2. Kapitel
2. Kapitel
Es war am Montag danach.
Pünktlich nach Öffnung des Autohauses, 7:00 Uhr rief ich dort an.
Die Empfangsdame wimmelte mich gleich ab, weil wie sagte bereits einige Kunden im Autohaus standen.
"Der Meister ruft sie zurück."
Gut, ich hatte ein Einsehen.
Dann war es um 11:00 Uhr und da der Meister noch nicht zurückgerufen hatte, probierte ich es erneut.
Wieder war die Dame am Hörer.
"Ja, der Meister nimmt gerade den Schaden auf, er meldet sich in Kürze wie es weiter geht. Bitte haben sie noch einen Moment Geduld."
Und das, obwohl Geduld keine große Stärke von mir ist.
Zwischenzeitlich war es 15:00 Uhr.
Ich rief meine Frau an, die auf dem Heimweg von ihrer Arbeit am Autohaus vorbeifahren muss und bat sie, ob sie mal nach dem Rechten schaut.
Sie rief mich dann zurück, dass der Opel immer noch genauso da stand wie er am Samstag vom Abschleppdienst abgestellt worden war.
Niemand hat also bis zu dem Zeitpunkt den Schaden aufgenommen.
Sie ist daraufhin zum Empfang gegangen und hat den Mitarbeitern etwas nachdrücklicher zu verstehen gegeben, dass wir eine Info wünschen, wann wir das Auto repariert zurück bekommen.
Danach ist sie nach Hause gefahren.
16:15 Uhr rief mich endlich der Meister an.
Meine Frau musste wohl einen prägenden Eindruck beim Meister hinterlassen haben.
Seine Diagnose, dass das Zündschloss defekt war.
Nun gut.
Soweit war ich auch schon mit meinen laienhaften Kenntnissen in die Materie vorgedrungen.
Er benötigt für ein neues Schloss noch die Key-Code-Card, um es nachzubestellen.
Ich sagte: "Ich schaue in meinen Kfz-Unterlagen nach und stecke die Card wie gewohnt in den Briefkasten. Morgen Früh liegt sie ihnen vor."
Gesagt, getan.
Der Dienstag verging, ohne eine Rückmeldung des Autohauses.
Am Mittwoch hatte ich vormittags nochmal angerufen und mir wurde mitgeteilt, dass das neue Zündschloss bestellt worden war.
Die Schadensbegleichung wird sich ca. um die 300 Euro inklusive der Märchensteuer belaufen.
Auf meine Frage, ob ich mein Auto bis spätestens Freitag zurück erhalte, wurde mir geantwortet, dass das vermutlich nichts wird, weil die Bestellung in Rüsselsheim auch noch bearbeitet werden muss und morgen Christi Himmelfahrt ist.
Getrost nach dem Motto: So schnell schießen die Preußen (auch im Jahr 2024) nicht.
Jetzt wurde ich sauer und sagte sinngemäß, wenn gleich am Samstag der Meister mal an die Tankstelle gekommen wäre, hätte ich mein Auto gewiss am Freitag wieder. Ich möchte mit dem Auto am Samstag in den Urlaub fahren. Falls das nichts wird, gibt es richtig Ärger.
Ich glaube, meine Ansage hatte gesessen.
Am Freitag Nachmittag, oh welche Freude, durfte ich meinen Opel tatsächlich wieder abholen!
Im Autohaus war man plötzlich auch sehr, sehr freundlich.
Mein persönliches Fazit nach dieser Situation:
Das Märchen vom Fachkräftemangel kann mir seit 2015 keiner mehr erzählen.
Das ist unglaubwürdig!
Unser Land ist mit Millionen Spezialisten beschenkt worden und darunter sollen sich keine fähigen Kfz-Schlosser befunden haben?
Hier geht es um etwas ganz anderes.
Die meisten Menschen haben einfach keinen Bock mehr auf die Leistungsgesellschaft und Arbeiten bis 70 Jahre.
Wer über 40 Prozent von seinem Lohn per Gesetz abgeben muss und mit nur minimaler Gegenleistung von seiten des Staates abgespeist wird, dem geht irgendwann alles am Allerwertesten vorbei.
Nur die Älteren mit ihrem konservativen Leistungsgedanken halten diszipliniert und zuverlässig noch irgendwie die Fahnen hoch.
Die sogenannten Babyboomer glauben nach wie vor an die Wertschöpfung durch fleißige Arbeit.
Aber durch das sich immer mehr verdichtende Arbeitspensum geht auch denen nach und nach der Saft aus.
Und Nachwuchs?
Pustekuchen.
Deshalb gebe ich dem Meister auch keine Schuld am fragwürdigen Kundenservice des Autohauses.
Wenn wir in diesem Land wieder zum Dienstleistungsgedanken zurückkehren wollen, müssen Bauern, Handwerker, Kindergärtnerinnen, Krankenhauspersonal und Pflegekräfte deutlich von nutzlosen Abgaben und Hürden befreit werden.
Außerdem muss den jüngeren Generationen das Arbeiten wieder schmackhaft gemacht werden.
Und genau dieses Arbeiten müsste deutlich besser gestellt werden, als es bisher der Fall ist.
***Ende***
Jens Richter, 2024