Veröffentlicht: 27.09.2020. Rubrik: Fantastisches
Realität - Epilog 14
Die Weser fließt unter mir dahin. Ich stehe auf der Brücke zum Werda und betrachte das Päckchen in meinen Händen. Hendrik hat es mir gegeben, im Krankenhaus, als ich ihn besucht habe. Viel geredet haben wir nicht. Es strengt ihn zu sehr an, wegen dem Morphium. Das Packet ist ein letzter Hinweis. Ich muss lächeln. Er belehrt mich immer noch.
Außerdem hatte er recht, wie mit so vielem. Es bringt einen um.
Aurora ist nach Hannover gezogen. Ich glaube, inzwischen geht es ihr besser. Frank ist ihr da eine große Hilfe. Es schmerzt an sie zu denken, auch sie hatte recht. Den Schatten meines Geistes werde ich niemals los, jetzt da ich weiß das sie irgendwo dort draußen ist.
Über die Brücke laufe ich zurück ans Ufer, Richtung Stadtkern. Ich überlege kurz, wohin ich gehen soll. Jede Entscheidung, die wir treffen beeinflusst unser Leben und das Leben Anderer. Die schlechteste Entscheidung, die wir dabei treffen können, ist die, nicht zu entscheiden. Man verliert die Freiheit zur Selbstbestimmung.
In einem Cafe auf dem Weg kehre ich ein. Ich will wissen was Hendrik mir gegeben hat. An einem freien Tisch setze ich mich und lege das Päckchen vor mir auf den Tisch. Bevor ich es aufreiße weiß ich bereits, dass es ein Buch ist. Vorsichtig löse ich die Schnürung, falte das Packpapier auf. Ein abgegriffenes Taschenbuch liegt vor mir. Der Einband zeigt ein Öde, auf der ein leeres, aufgeschlagenes Buch liegt. Eine Schreibfeder steckt in den leeren Seiten, Blut tropft aus der Wunde. Der rote Löwe.
Eine Stimme an meinem Ohr, die mir den Atem raubt:
„Kann ich dir etwas bringen?“
ENDE