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geschrieben 2020 von Dan Prescot (Dan Prescot).
Veröffentlicht: 26.09.2020. Rubrik: Fantastisches


Realität - Der Drift 13.2

Gleichmäßig bewegt sich ihr Oberkörper auf und ab.
Ruhig, jetzt.
Auroras dunkler Teint verschmilzt mit der Nacht. Mit meinem Blick taste ich ihre Silhouette ab. Mehr aus meiner Erinnerung denn mit meinem Sehvermögen. Ich weiß um ihre Empfänglichkeit meiner Zuwendungen. Ihr schwacher Duft nach Wildblumen wird vom schweren Geruch des Schweißes fast vollständig überdeckt.
Sie schläft. Ich frage mich, ob die Ruhe von Erschöpfung oder einem Gefühl der Sicherheit rührt.
Einerlei, mich haben die Ereignisse in eine Entscheidung gedrängt. Mein Blick lässt von Aurora ab und wandert zur Zimmerdecke.
Ich schließe die Augen. Verdränge die Präsenz meines Körpers. Bereite mich vor.
Keine Unsicherheit, kein Zögern mehr.
Mein Geist greift aus, in die Nacht, sucht den Kontakt zu ihr.
Ich orientiere mich an dem Licht. Kein sehr helles Licht. Eher gelblich, warm, anziehend. Es ist ihr Licht. Ich suche die eine Rose in der Wüste. Wie im Traum formt sich ihr Bild vor meinem inneren Auge.
Ich zeichne die Linie ihres Profils. Gieße die Farben, die Schatten, fülle die Seele. Ihre Augen funkeln, übermächtig.
Sie ist irgendwo dort draußen! Mein ganzes Dasein, mein ganzer Wille, all meine Macht werfe ich in die Waagschale.
Das Bild bekommt Tiefe. Weiche pastellfarbene Kleckse blühen um ihr Bild auf. Fließende Konturen rahmen die Farbpunkte. Dann kräftigen sich die Farben, prägen Formen. Details werden erkennbar. Gegenstände platzieren sich neben ihr. Stühle, ein Tisch, Bilder, Bücher, Regale, Trinkgläser, eine Flasche und eine weitere Person. Dann plötzlich, Bewegung!
Ich sehe ihr Gesicht. Kein Traum, sie reagiert auf mich. Erschrecken spiegelt sich auf ihrem Antlitz. Ihre Hände greifen nach mir.
Sie stößt ein Glas um, es fällt in Zeitlupe. Dann ist sie heran, presst ihre Stirn gegen meine. Ihre Hände halten mein Gesicht. Endlich!
Sie spricht, ich höre ihre Stimme, verstehe aber den Sinn der Worte nicht. Die andere Frau ist aufgesprungen, auch ihr Stuhl fällt unglaublich langsam nach hinten.
Ihre Tränen benetzen mein Gesicht. Sie schreit jetzt, schreit in mein Gesicht. Ich spüre ihre Angst.
„Nicht.“
Ich taste mit meinen Fingern nach ihren Wangen. Streiche durch die Nässe.
„Nicht.“ Kaum mehr als ein Flüstern. Es ist unglaublich anstrengend. An der Wand wechselt die Farbe eines Bildes von Gelb nach rot.
Ich nehme ihren Duft auf, fahre durch ihr Haar. So vertraut, so einzigartig, intensiv.
„Finde mich.“
Ihre Augen leuchten. Wieder bewegen sich ihre Lippen, ohne Verstehen.
„Finde mich.“
Einrichtungsgegenstände werden unscharf, verschwimmen. Die Farben verlaufen.
Einer Eingebung folgend gebe ich ihr noch mit:
„Das Glück der Rose.“
Die Plastizität nimmt ab, das Bild friert ein. Meine Kräfte schwinden.
Es ist vorbei.

to be continued

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