Veröffentlicht: 14.01.2023. Rubrik: Menschliches
Als ich in den Keller ging…
….hatte ich plötzlich ein ungutes Gefühl. Etwas war anders als sonst. Ich schaute mich im Halbdunkel um, konnte aber nichts entdecken. Oder war es der Geruch, der etwas strenger und modriger als üblich zu sein schien? Ich schnupperte. Wahrscheinlich war es das selbst eingelegte Sauerkraut, auf das ich sehr stolz war, und das hier in einem Steinguttopf lagerte. Eigentlich riecht Sauerkraut zwar säuerlich, aber frisch, dachte ich, doch es stinkt keinesfalls so erbärmlich. Nein, dieser strenge Geruch musste eine andere Ursache haben.
Während ich darüber nachdachte, schaute ich zur geschlossenen Tür des Nebenraums, der meine Waschmaschine nebst Trockner beherbergte, außerdem noch einen Gefrierschrank und allerlei elektrische Must-haves, die ich nie oder selten brauchte, von denen ich mich aber nicht trennen konnte. Man konnte ja nie wissen, und so lange mir dieser zweite Kellerraum zur Verfügung stand, war genügend Platz für diese Dinge vorhanden.
Unentwegt starrte ich diese Tür an, als erwarte ich von dort eine Antwort. Plötzlich sah ich, wie sich unter der Tür ein ganz feines feuchtes Rinnsal keck vom Nebenraum hier hinein bewegte. Oh je, die Waschmaschine ist kaputt und das kurz vor Weihnachten, fuhr es mir durch den Kopf. Voller Panik riss ich die Tür auf und stürzte zur Waschmaschine. Dort konnte ich kein Leck erkennen, aber jetzt bemerkte ich den Gestank, der in diesem Raum viel intensiver war. Es stinkt wie toter Hund, sagte ich leise, und plötzlich wusste ich was es war. Es war tatsächlich Verwesungsgeruch. Ich sah, dass am Gefrierschrank kein Kontrolllämpchen mehr leuchtete. Noch schlimmer: Der Puter, den ich Weihnachten zubereiten wollte, hatte von innen die Tür des Gefrierschranks aufgedrückt und wie nach der großen Sintflut in der Arche Noah allen Mitgefrorenen den Weg nach draußen geebnet.
Das ganze Gefriergut war aufgetaut und beim Fleisch hatte der Verwesungsprozess bereits eingesetzt.
Nachdem ich mich vom ersten Schrecken erholt hatte, band ich mir eine Maske um, um diesen Brechreiz erzeugenden Gestank in meiner Wahrnehmung etwas abzumildern, und begann, die verdorbene Ware zu entsorgen.
Jetzt mag ich kein Fleisch mehr. Das war der Tag, an dem ich Vegetarierin wurde.