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4xhab ich gern gelesen
geschrieben von rubber sole.
Veröffentlicht: 04.04.2025. Rubrik: Unsortiert


Strandidylle

Es ist der wahr gewordene Südseetraum: Ich wache an einem sanften Morgen aus einem Kokon der Entspannung auf. Die frühen Sonnenstrahlen tauchen den weißen Sandstrand von Yasawa Island in ein zartes Gold, der warme Wind weht durch die Palmen und das sanfte Rauschen der Wellen lullt mich noch ein wenig länger ein – wieder beginnt ein Tag zum Umarmen. Während eines leichten Frühstücks geht mein Blick weit über das Meer, bis zum Horizont, bietet mir ein beruhigendes Bild der grenzenlosen Freiheit, die jenseits der Weite des Ozeans zu erahnen ist.

So starte ich ich nun schon seit knapp zwei Jahren meine Tage, in einem zum Leben erweckten Klischee. Klingt nach einer vereinfachten, stereotypen Vorstellung eines entspannten Daseins, manche würden es eintönig nennen - mir aber tut es unsagbar gut. In der Rückschau war es jedoch schwieriger gewesen, als ich es erwartet hatte, in diesen dauerhaften Wohlfühlmodus zu kommen, nachdem ich meinen früheren Lebensmittelpunkt aufgegeben hatte, um hier in der Abgeschiedenheit einer Südseeinsel ein anderes Leben zu führen. Zuvor war ich nach großem beruflichem Erfolg als Mediengestalter in einer nervenaufreibenden Abwärtsspirale gelandet, und nur mein ausreichend großes finanzielles Polster aus früheren erfolgreichen Geldanlagen hatte die Möglichkeit geschaffen, mich auf der anderen Seite des Planeten niederzulassen, um mich wieder aufzurichten.

Aktuell fühlt sich alles gut an; selbst die vorangegangenen Rechtsstreite um Urheberrechte und Gebrauchsmusterschutz scheinen in weiter Ferne zurückzuliegen. Ich bin mir sicher, dass kapitalkräftige Wettbewerber seinerzeit mir meinen Erfolg nicht gegönnt hatten, dem Emporkömmling, der aus dem handwerklichen soliden Beruf eines Stereotypeurs durch Kreativität zu einem wahren Könner in der digitalen Medienwelt Furore gemacht hatte. An meinen Entwürfen kamen sie irgendwann nicht mehr vorbei, die Gestalter der Agenturen und Verlage, sie hatten nicht den Esprit, nicht die Originalität meiner Entwürfe - ich galt als kreativer Standesfürst dieser Zunft. Dann verwickelten mich missliebige Konkurrenten in komplizierte juristische Auseinandersetzungen, von denen ich kaum etwas verstand. Nach meinem schlichten Rechts- und Geschäftsverständnis bin ich an einem Gestrüpp aus komplexen Definitionsableitungen, Urheberrecht sowie Klischees und Symbolen gescheitert, um es vereinfacht auszudrücken. Wäre ich bei meiner angestammten Tätigkeit geblieben, hätte weiterhin Klischees und Schablonen für Medien und Verlage angefertigt, wäre ich vermutlich immer noch zufriedener Nischenunternehmer in der schillernden Welt des Grafikdesigns. Ich aber machte den gewagten Schritt zum Geschäft mit Symbolen, Warenzeichen und Firmenlogos, ich bezeichnete mich nun als Herold, als Experten, der angewandte Heraldik zum Geschäftsmodell erkor. Den Begriff Wappen-Experte hätte ich vermeiden sollen, denn ein solcher ist als Geisteswissenschaftler in einer historischen Hilfswissenschaft tätig, und so einer war ich nicht.

Nun, eines stillen Morgens am idyllischen Strand 'meiner' Insel im Südpazifik, überwältigte mich eine Erscheinung der verstörenden Art; der Frieden dieses Augenblicks war trügerisch gewesen. Am Horizont zeichnete sich ein riesiges Kreuzfahrtschiff ab, das wie ein monolithischer Koloss aus dem Wasser ragte. Die mächtige Silhouette näherte sich langsam, bald konnte man die ersten, fernen Geräusche vernehmen. Und inmitten dieser gewaltigen Masse aus Stahl und Technik erkennbar: Das Getümmel der Passagiere, die in ihren bunten Freizeitoutfits in Vorfreude auf den Landgang wie Mosaiksteine in Richtung Reling wirbelten. Hier hatte ich nun mein Symbol, und das entsprach durchaus nicht nur einem Klischee: Mehrere Tausend bunt gekleidete Freizeit-Desperados als alles niederwalzende Speerspitze eines überbordenden Massentourismus' auf dem Weg in die fragile Natur eines bislang weitestgehend unberührten Eilands.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Bad Letters am 05.04.2025:
Kommentar gern gelesen.
Der Tourismus ist inzwischen wie ein Heuschrecken Plage rubber. Zu Millionen fallen sie ein, zerstören, und ziehen dann weiter. Und diese riesigen fahrenden Kloaken, eine ganz besondere Abart des Massentourismus.

MfG
Bad Letters




geschrieben von Ernst Paul am 05.04.2025:
Kommentar gern gelesen.
Hallo rubber sole,
in einer Gesellschaft, in der das Kapital unser Bewusstsein bestimmt, werden alle Möglichkeiten für die Maximierung des Profits genutzt. Kleine Inseln sind nicht nur durch den Klimawandel bedroht, sondern auch durch die Habgier der Touristikkonzerne. Habgier und verantwortungsvolles Agieren vertragen sich nicht. Sehr gern gelesen. LG





geschrieben von rubber sole am 05.04.2025:

> Bad Letters:

Da sagst du was, Bad. Solche 'Veranstaltungen' tragen ganz sicher dazu bei, letzte, noch unverbrauchte Orte zu verunstalten oder gar zu zerstören.

lgrs




geschrieben von rubber sole am 05.04.2025:

>Ernst Paul:

Da stimme ich dir zu, Ernst. Durch Profitmaximierung frisst das System seine 'Kinder'. Selbst die kleinsten, abseits gelegenen letzten Rückzugsorte werden vereinnahmt und beschädigt – eine Strafe besonders für diejenigen dort, die selbst den geringsten Schaden verursachen. Danke für deinen Kommentar.
lgrs




geschrieben von Sandra Z. am 08.04.2025:
Kommentar gern gelesen.
Eine schöne Geschichte, rubber sole, aber mir fehlt leider ein bisschen die Pointe. Dass wir der Zivilisation nicht entfliehen können, egal wie viel Geld uns zur Verfügung steht, ist ja hinlänglich bekannt. Da kommt das Kreuzfahrtschiff nicht gerade überraschend um die Ecke :-)
Ich hätte mir viel mehr eine lustige oder schockierende Begegnung mit einem der Touristen gewünscht. LG, Sandra




geschrieben von rubber sole am 08.04.2025:

>Sandra Z:

Hallo Sandra,

leicht zu erkennen, eine Geschichte über Klischees: Ein Stereotypeur, der berufsmäßig solche anfertigt, missgünstige Konkurrenten, die ihn vertreiben, Aussteigerdasein unter Palmen in Strandidylle – viel mehr an Klischee geht nicht. Dann zum Schluss, ein Kreuzfahrtkoloss mit bunt gekleideten Urlaubern – wieder so eine häufig verwendete Stereotype! Für ein Aufeinandertreffen von krawalligen Massentouristen auf empörte Inselbewohner hätte ich weitere Klischees bedienen müssen – hier war Schluss; eine noch nie beschriebene originelle Begebenheit ist mir an der Stelle nicht eingefallen.
lgrs

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