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4xhab ich gern gelesen
geschrieben 2025 von Ernst Paul.
Veröffentlicht: 21.02.2025. Rubrik: Unsortiert


Beim Augenoptiker

Ich betrete das Optikergeschäft einer bekannten Optikerkette. Seit Jahren bin ich dort Kunde. Das Verkaufspersonal erledigt meine Anliegen stets zur vollen Zufriedenheit.
Am Tresen begrüßt mich eine blonde Frau im mittleren Alter.
„Meine Brille drückt“, sage ich, „die Bügel müssen neu angepasst werden.“ Ich nehme die Brille ab und zeige auf die Druckstellen.
„Ich sehe schon“, sagt sie, „das Brillengestell ist zu klein. Bitte nehmen Sie an diesem Beratungstisch Platz. Ich hole die für sie passenden Brillengestelle.“
Ich setze mich an den Beratungstisch. Die Verkäuferin erscheint mit einem Tablet. Auf ihm liegen 6 Brillengestelle. Sie nimmt mir gegenüber Platz und legt ihr PC-Tablet auf den Tisch. Sie fragt nach meinem Geburtstag und gibt dieses Datum ein. Auf dem Bildschirm erscheint mein Name.
„Ich empfehle Ihnen zuerst diesen Rahmen“, sagt sie zu mir. Sie reicht mir eines dieser 6 Brillengestelle. Ich bin perplex. Darüber, dass ich eine neue Brille benötige, habe ich bisher noch kein Wort gesagt. Doch ich widerspreche nicht. Ich nehme dieses Brillengestell, setze es auf und schaue der Verkäuferin in die Augen.
„Dieses Gestell steht Ihnen ausgezeichnet“, sagt sie. „Schauen Sie doch bitte einmal in den Spiegel“.
Ich schaue in den Spiegel und finde, dass mein jetziges Brillengestell besser aussieht.
„Nein“, sage ich, „mir gefällt dieses Gestell nicht“.
Ich lege es zurück und nehme ein zweites Brillengestell, setze es auf und schaue in den Spiegel. Auch dieses Brillengestell gefällt mir nicht.
Nachdem ich alle Brillengestelle probiert habe, schüttele ich den Kopf und sage, dass ich mit meiner Brille zufrieden bin. Sie muss nur neu angepasst werden.
„Meine Brille hat auch noch Garantie. Warum sollte ich mir eine neue Brille kaufen?“, frage ich.
„Die Garantie zählt in diesem Fall nicht“, erklärt mir die Verkäuferin. „Wenn Sie möchten, können wir diese Brille an den Hersteller zurückschicken.“
Ich entnehme meiner Tasche meine Zweitbrille und zeige sie der Verkäuferin.
„Wir können doch größere Bügel bestellen“, sage ich zu ihr.
„Bei dieser Brille hat eine ihrer Kolleginnen beim Hersteller größere Bügel bestellt und montiert. Das klappte einwandfrei. Ob nun Garantie- oder Serviceleistung, weiß ich nicht, auf jeden Fall war es kostenlos für mich“, sage ich zu ihr.
„Bei diesem Modell geht das nicht“, kam prompt die Antwort.
„Es ist aber ein Modell der Firma Jaguar“, sage ich, „da sollten doch Garantie und Service kein Problem sein“.
„Ein großer Name bedeutet noch lange keinen guten Service“, antwortet die Verkäuferin. Sie greift zum Tablet, nimmt ein Brillengestell und erklärt mir die Vorzüge dieses Brillengestells.
„Allein die Gestaltung der Bügel lässt einen schlechten Sitz des Brillengestells gar nicht zu. Wenn wir dann noch dünne Gläser bestellen, merken sie diese Brille gar nicht.“
Sie nimmt ihr PC-Tablet und schaut nach den Daten meiner letzten Brille. „Oh“, sagt sie, „sie haben ja schon dünne und leichte Gläser“.

Die Verkäuferin nimmt fast widerwillig meine Brille vom Tablet und schaut sie sich an.
„Ich könnte diese Noppen auswechseln“, murmelt sie. „Diese sind abgenutzt. Diese kann ich durch größere Noppen ersetzen. Da wird das Gewicht der Brille verteilt.“
Sie lässt mich meine Brille aufsetzen, schaut mich an, dann steht sie auf und begutachtet den Sitz der Brillenbügel hinter den Ohren.
„Ja, so könnte es klappen“, sagt sie, nimmt die Brille und geht zum Reparaturstand. Nach der Reparatur kommt sie zurück und gibt mir die Brille.
Ich setzte sie auf und bin zufrieden.
„Hier hinter dem Ohr drückt der Bügel ein wenig“, moniere ich und zeige auf mein linkes Ohr. Sie lässt mir die Brille abnehmen und biegt den Bügel nach. Jetzt bin ich mit dem Sitz der Brille zufrieden.
„Wir können es dabei belassen“, sage ich. „Vielen Dank für Ihre Zeit.“
„Das habe ich doch gern getan“, erwidert die Verkäuferin. „Ich möchte Sie gern bitten, falls Sie sich für eine neue Brille entscheiden, hier im Geschäft anzurufen. Verlangen Sie bitte nach meinem Namen. Wenn Sie online einen Termin buchen, muss sich der zugewiesene Verkäufer erst in Ihre Daten einarbeiten. Und ich habe nun einmal alle ihre Daten.“
Sie überreicht mir eine Visitenkarte.
„Wen darf ich anrufen?“, frage ich, „hier steht kein Name.“
„Mich natürlich“, entgegnet sie, nimmt die Visitenkarte und schreibt ihren Namen darauf.
Während ich meine Tasche packe und mich anziehe, geht sie zur Ausgangstür und wartet. Sie öffnet mir die Tür und verabschiedet sich mit dem Hinweis, doch an sie zu denken, wenn ich eine neue Brille benötige.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

geschrieben von Kargut am 21.02.2025:
Kommentar gern gelesen.
Eine wunderbare Geschichte. Danke

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