Veröffentlicht: 16.02.2025. Rubrik: Satirisches
Grenzenlose Freiheit ( oder so ähnlich )
„Samstag für die Zukunft“ hat es geschafft und Ruder, sowie Zepter für unser Land übernommen.
Um die Wohnungsknappheit zu beseitigen, wird verdichtet. Max. 50m2 darf eine einzelne Person für sich in Anspruch nehmen. Jeder weiteren, im Haushalt lebenden Person, werden 15m2 zusätzlich gebilligt. Mit anderen Worten: es kommt zur Zwangseinquartierung einer dritten Person, in unserem trauten Heim. „Mikro“ rufe ich laut. „Hm, was ?“, fragt mein Mann. „Ja, Mikro, das Gegenteil von Mega,“ kläre ich ihn auf. „Wir haben die Wahl: noch auf die Schnelle ein Kind in die Welt zu setzen, eins zu adoptieren oder eine Zwangseinquartierung der Regierung zu akzeptieren.“ „Mit dem eigenen Kind, das könnte knapp werden. Wir haben beide bald das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht und da können wir auch nicht mehr adoptieren. Es sei denn, wir finden eine Pflegekraft, die bei uns einzieht und der Adoption zustimmt.“
Um mich abzulenken gehe ich zur Bushaltestelle. Aber wo ist sie ? Gestern stand sie noch da. Ich schau mich um und sehe die Reste davon auf einem LKW. „Hei, Sie da,“ ruf ich. „Das ist unsere Bushaltestelle. Stellen Sie die sofort wieder zurück.“ „Ne, darf ich nicht,“ antwortet er knapp. „Anweisung von ganz oben, wegen der Flächenversiegelung, die rückgängig gemacht werden muss. Wenn’s regnet können sie ja Gummistiefel anziehen.“
Die Zeit vergeht und der Weg durch den Park zum Supermarkt ist kaum noch begehbar. Meterhohe Disteln und Gestrüpp gedeihen dort, wo vorher breite Wege waren. Die Hausfassade vermoost, weil die Büsche und Sträucher nicht mehr zurückgeschnitten werden dürfen. In einer Nacht-und Nebelaktion schneide ich mit der Geflügelschere die Fenster frei. "Hoffentlich sieht Dich niemand," sagt mein Mann, der auf der Staße "Schmiere steht" und mir mit der Taschnelampe Signale gibt. Wir haben extra das Morsealphabet für diesen Anlass geübt.
In der Zeitung lese ich:“ Schließung des Botanischen Gartens, wegen Abschaffung von Kulturlandschaften“. „Mikro“, ist alles was mir dazu einfällt. Dieses Fleckchen Erde war nicht nur Balsam für die Seele, sondern auch für meine Augen.
„Hast Du gesehen, die Müllers haben einen riesigen Gartenteich angelegt,“ sage ich zu meinem Mann. „Nein, das ist kein Teich. Die dürfen nur das Wasser nicht mehr ableiten. Und in ihrem Keller bieten sie ab September Wassergymnastik an,“ klärt mich mein Gatte auf. „Mega,“ sage ich . „Aquajogging fand ich schon immer toll.“ Ohne auf mein zukünftiges Fitnessprogramm einzugehen ruft mein Mann aus der Küche: „Schatz, die Leberwurst ist alle.“ „Oh, hab‘ ich vergessen Dir zu sagen. Die gibt es nicht mehr. Ab jetzt werden nur noch vegane Produkte angeboten“. „Mikro“, lautet seine Antwort in einer Tonlage, die keiner weiteren Worte bedarf. „Und Tomaten ?“ „Die gibt es noch, aber nur BIO für € 18,- das Kilo. Nach der 900 € Nachzahlung für die Heizung, ist das nicht mehr im Budget. Sei froh, dass wir keine Windeln brauchen. Die sind nämlich auch abgeschafft worden. Wegen Mikroplastik. Küchenrollen und Papiertaschentücher sind auch nicht mehr im Sortiment. Ressourcenverschwendung“.
„Ja, ja, ist ja schon gut. Es lebe die grenzenlose Freiheit."

