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3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2024 von Kargut (Kargut).
Veröffentlicht: 11.11.2024. Rubrik: Kinder und Jugend


Der kleine Schmied

Im Alter von 5 oder 6 Jahren durfte Jürgen beim Hufbeschlag und beim Nagelschmieden zusehen. In Jürgens Dorf gab es viele Pferde und Kühe, die zur Arbeit auf dem Feld oder im Wald eingesetzt wurden. Alle brauchten Hufeisen oder Klauenplatten. War ein Hufeisen lose oder abgebrochen, musste es wieder befestigt oder sogar erneuert werden.
Jürgen saugte die Arbeitsschritte mit seinen Kinderaugen auf und träumte nachts davon, wie er mit dem riesigen Schmiedehammer am Amboss stand. Viel fragen konnte er nicht. In der Schmiede wurde gearbeitet und nicht geschwatzt. Die Arbeitsschritte waren zeitlich eng getaktet und alles musste schnell gehen. Wenn er doch einmal zu einer Frage ansetzte, wurde er sofort unterbrochen: „jetzt nicht, lern mit den Augen“!

Im Laufe der Zeit hatten sein 3 Jahre älterer Cousin und er selbst einige Arbeiten so verinnerlicht, dass sie ganz alleine Teile schmieden und bearbeiten konnten. Sein Cousin war der Schmied und Jürgen der Zuschläger. Er gab den Takt beim Schmieden vor und zeigte mit seinem Hammerschlag, wohin auf das glühende Eisen, mit dem kleinen Vorschlaghammer, geschlagen werden sollte. Es war nicht immer harmonisch, aber es funktionierte mit den beiden. Sie schafften an einem Mittag 10 bis 15 Schmiedenägel, die für die Zimmerleute, Wagner und Stellmacher gebraucht wurden. Wichtig war, dass kein Eisen im Schmiedefeuer verbrannte. Das hätte den Werkstoff wertlos gemacht.
An Samstagen wurde die Schmiede aufgeräumt und gefegt. Jede Zange, jeder Hammer oder andere Geräte mussten an ihren Platz, das war Gesetz. Und jedes Teilchen, sei es auch noch so klein, wurde aufgehoben. „Ihr werdet schon sehen, für was das noch gut ist.“, erklärte der Großvater.

In der Vorweihnachtszeit, brachten die Landwirte ihre Gerätschaften zum Überprüften, bevor sie in den Winterschlaf versetzt wurden. Pflugschare, Eggen, Platten, Kreuzhacken, Maurerhämmer mussten geschärft und gerichtet werden. Wichtig war eine sorgfältige Kennzeichnung, damit jedes Teil seinem Besitzer zugeordnet werden konnte.

Eines Tages sagte der alte Schmied: „ Nun schmieden wir für jeden von euch einen Nussknacker“. Die Jungs schauten sich ungläubig an und verfolgten jeden Handgriff ihres Großvaters, der als erstes den passenden Stahl aussuchte. Der Nussknacker durfte sich nicht verbiegen, sollte aber auch nicht zu schwer werden. Und schön aussehen sollte er auch. Und siehe da, aus alten Zinken von Eggen entstand nach vielen Arbeitsschritten ein brauchbarer Nussknacker. Stolz wurde das selbstgefertigte Werk den Familien vorgeführt.

Kaufen kann jeder, aber selbst machen, dass war und ist auch heute noch etwas Besonderes.
Diese Geschichte ist eine Kindheitserinnerung aus dem Jahr 1960 – noch gar nicht so lange her.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Jens Richter am 12.11.2024:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Kargut,
die Aussage: "Jetzt nicht, lern mit den Augen", kenne ich noch aus meiner Lehrzeit.
Wenn man das berücksichtigt hat, hat man als Geselle ein anständiges Repertoire an Fertigkeiten vorzuweisen.
Sehr gern gelesen!
Viele Grüße von Jens




geschrieben von Kargut am 12.11.2024:

Lieber Jens,
schön, dass dir die Geschichte gefällt. Ich finde, dass heute die Theorie in der Ausbildung einen viel zu hohen Stellenwert hat .
Liebe Grüße
Kargut




geschrieben von Bad Letters am 17.11.2024:
Kommentar gern gelesen.
In meiner Ausbildung Kargut musste ich auch einige Tage schmieden, eine Kunst für sich, die viel von der Erfahrung lebt und die man nicht einfach mal erlernt. Ich habe es nie bereut, eine handwerkliche Ausbildung gemacht zu haben, auch wenn ich den Beruf nur kurz ausgeübt habe.

MfG
Bad Letters


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