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5xhab ich gern gelesen
geschrieben 2024 von Kargut (Kargut).
Veröffentlicht: 12.10.2024. Rubrik: Persönliches


Genealogie - oder auf der Suche nach meinen Wurzeln

„Guten Tag“, grüßte die fremde Dame, mit unverkennbarem, amerikanischen Slang, als sie das Geschäft meiner Eltern betrat. „Mein Name ist Else Weiss. Ich komme aus New York und suche meine Vorfahren.“ Irritiert erwiderten meine Eltern den Gruß und schauten die Besucherin fragend an. „Meine Großmutter war eine geboren Kargut“, erklärte sie und reichte die Kopie eines alten Zeitungsartikels über die Ladentheke. Immer noch sprachlos las mein Vater: „Am 19. April 1918 feierte das Ehepaar Kargut in Brooklyn, mit ihren 9 Kindern, das Fest der Goldenen Hochzeit.“ Daneben war ein Bild der ganzen Familie zu sehen. Einer der Söhne hatte eine frappierende Ähnlichkeit mit meinem Vater.
Als ich das hörte, dachte ich: „Wow ! Da hab‘ ich Familie in Amerika und weis nichts davon. Wie toll ist das denn ?“ Jetzt wollte ich der Sache auf den Grund gehen und fand in Kirchenbüchern rasch die Geburtsurkunden der Urgroßeltern von Frau Weiss, Heiratsurkunde, Taufen der Kinder und vieles mehr. Im Auswandererhaus in Bremerhaven existierten auch noch deren Schiffspassagen. Soweit so gut, aber all das belegte noch keine Blutsverwandtschaft mit mir, auch wenn mein Familienname extremst selten ist und diese Auswanderer aus einem direkten Nachbarort stammten.
Ich fand immer neue Quellen und immer neue Informationen zu meinen Vorfahren und deren Familien. Es tauchte der Bericht zu einem Scheunenbrand, an Ostern 1827 auf und die Namen der Nachbarn. Es gibt Angaben zu Todesursachen und Berufen, und sogar eine Gerichtsakte aus dem Jahr 1714, in dem eine Namensvetterin aus meinem Geburtsort, ihren Mann wegen Körperverletzung anzeigt und um die Auflösung der Ehe bittet. Dieser Macho war nicht das einzige „Schwarze Schaf“ unter meinen Vorfahren. Es gab auch einen Wilderer, der aus dem Ort verstoßen wurde und dessen Onkel Anfang des 19.Jh. ein hochdekorierter Kämpfer in mehreren Kriegen in Frankreich und Spanien war. Andere Urkunden belegen, dass meine Familie bis 1816 Leibeigene des Fürsten zu Solms waren und Fuhrdienste für ihn machen mussten. Unglaublich, wie lebendig die Geschichte meiner Vorfahren plötzlich wurde. Irgendwann stieß ich auch endlich auf das Bindeglied zwischen meiner Familie und den Auswanderern in Amerika. Ich war begeistert – oder besser gesagt – ich bin begeistert, denn ich kann belegen, dass es meine Familie bereits im Jahr 1609 in meinem Geburtsort gab. Auch das Zitat: „Die Welt ist ein Dorf“, wird einmal mehr bestätigt.

In wenigen Jahren wird man meinen Familiennamen in meinem Geburtsort nur noch auf dem Friedhof finden. Dafür kommt er in den USA noch über 200-mal vor. Wer hätte das gedacht !

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Bad Letters am 13.10.2024:
Kommentar gern gelesen.
Mir scheint Kargut, die Suche nach unbekannten Familienmitgliedern, wächst sich, dank der modernen Möglichkeiten, langsam zu einem weitverbreiteten Hobby aus. Mein Familienname ist auch sehr selten und ich wurde vor einigen Jahren auch schon einmal kontaktiert von jemandem, der glaubte, ein Bruder meines Vaters zu sein. Da war die Familie in heller Aufregung, da der Vater meines Vaters ein Geist in unserer Familie ist. Ich warte zukünftig eigentlich nur darauf, von den seltenen Namensvettern zu hören, ob wir nicht über 7 Ecken miteinander verwandt sind. Mich selbst interessiert das weniger, auch wenn die Ahnenforschung durchaus seine Reize besitzt.

MfG
Bad Letters




geschrieben von Kargut am 13.10.2024:

Lieber Bad, die Details die von Kleinbuergern aus dem 17. Und 18.jh dokumentiert sind, haben mich verblüfft. Was man da, auch ohne Twitter und Co erfährt ist fantastisch.
Liebe Grüße
Kargut





geschrieben von Bad Letters am 13.10.2024:
Kommentar gern gelesen.
In einem Land, das von seiner Bürokratie zugrunde gerichtet wird, wundert mich das weniger Kargut.

MfG
Bad Letters





geschrieben von Kargut am 13.10.2024:

Lieber Bad,
mit anderen Worten: wir haben nichts dazu gelernt. Gleich ob Bürokratie oder Kriege.Als Todesursache wird uns dann eines Tages attestiert: nicht lernfähig.
habe einen schönen Sonntag.
Kargut

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