Veröffentlicht: 25.08.2024. Rubrik: Unsortiert
Tauben
Wie sich doch einige Begriffe und Eindrücke im Verständnis eines Menschen vollständig verändern können!
Wie nervig das ewige Geflatter und Gegurre der Stadttauben. Und nicht nur das, sie hinterlassen ätzende Verbrennungsrückstände ihrer Verdauung auf meiner Terrasse. Ich verbiete ihnen das, aber leider werden sie von anderen gefüttert und machen also fliegend ihre Geschäfte. Sind sie etwa fliegende Händler? Die sind ja auch nicht immer astrein, eher suspekt.
Meine Gedanken dazu also: Wie veränderlich die Eindrücke sind:
In frühster Kindheit waren Tauben gar nicht zu sehen, die hatten wohl den Krieg nicht gemocht oder derselbe mochte sie nicht? Die Wahrheit war wohl, dass niemand „Fressen“ übrig hatte, das die angelockt hätte. Tauben erschienen daher für uns Kinder als Ausnahme und Wunder.
Ja, die Tauben kommen schon in uralten Erzählungen vor, zumal auch in der Bibel: die Friedenstaube. Sie existiert also schon in der biblischen Erzählung, charakterisiert obendrein die Dreieinigkeit des christlichen Glaubens, nämlich den heiligen Geist, der ja bekanntlich zu Pfingsten die Welt beehrte.
Tauben symbolisieren also den Frieden auch schon lange Zeit, wieso? Was war ihnen in vergangenen Zeiten inne? Was machte sie fast heilig? Basiert das auch auf der biblischen Vorstellung des erscheinenden heiligen Geistes?
Ja, früher einmal jährlich raus aus der grauen Städte Mauern, zunächst mit Eltern, dann Pfadfindern und später mit jungen Freunden. Was waren die typischen Geräusche für Ferien, für Urlaub, für Freiheit?
Der Wind weht, das Wasser rauscht, die Bäume wiegen sich im Wind, der Regen plätschert aufs Zeltdach und macht es innen herrlich gemütlich. Aber vor allem auch das Taubengegurre war Synonym für Urlaub, für etwas Besonderes, für Romantisches.
Und heute: Es ist ja nicht nur die Tatsache, dass man seltene oder fehlende Eindrücke verherrlicht, während man in einer anderen Realität dieselben – besonders wenn überhäufig und nicht abschaltbar – als gräßlich störend, lästig empfindet. Das sind heute die Tauben, deren Gurren mich schon fast kirre macht. Auch das umtösende Fliegengesumme war früher ein Urlaubssynonym, heute nur noch lästig.
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