Veröffentlicht: 30.07.2024. Rubrik: Märchenhaftes
Der Letzte seiner Art
Er ist der Letzte seiner Art und es ist gut, dass er es ist. Denn wer die Chroniken ihres Daseins verfasst, sollte den klaren Blick besitzen. Die Fähigkeit, der Vergangenheit ungeschminkt in ihre hässliche Fratze zu schauen, ohne etwas zu beschönigen.
Ihre Geschichtsbücher sind voll mit Lügen, die sich nur durchsetzten, weil sie irgendjemandem so gefallen haben, aber nicht, weil sie der Wahrheit entsprachen. Denn ihre Wahrheit ist eine ganz einfache: WIR HABEN VERSAGT
Er ist froh, dass er der Letzte seiner Art ist, denn nur so ist gewährleistet, dass sich niemand einmischt, der die Wahrheit verdrehen, schminken möchte, weil die Fratze der Eitelkeit es ihm nicht anders erlaubt, die Wahrheit für alle Zeit niederzuschreiben: WIR HABEN VERSAGT
Diese drei Worte reichen aus, um ihr ganzes Dasein zu beschreiben. Jedes weitere Wort wäre nur der Versuch, sich zu rechtfertigen oder zu versuchen, ihre Schuld in die Schuhe anderer zu schieben. Denn darin, waren sie stets unschlagbar.
Er ist der Letzte seiner Art und er schämt sich!
Schämt sich, dass sie die Chance, die ihnen Mutter Natur gab, ungenutzt ließen, sich regelrecht von ihr abwandten! Stattdessen Moloche erschufen, die jede Seele in die Knie zwang, um sie durch die Gier nach Mammon zu ersetzen. In tiefer Demut schreibt er nun die Chroniken ihres Daseins: WIR HABEN VERSAGT
Doch solange noch Odem seine Brust füllt, solange ist ihre Geschichte noch nicht zu Ende erzählt. Deshalb wird es Zeit, ihr ein Ende zu setzen. Ein Ende, das sich würdig erweisen soll, damit derjenige, der einmal ihre Chronik lesen wird, sofort versteht, dass sie wahr ist.
Das Wakizashi für seinen Seppuku liegt bereit und seine goldene Klinge wird die Zeit überdauern, nachdem sie ihn gerichtet hat. Wenn nichts mehr an ihr Volk erinnern wird, die Klinge wird fortbestehen bis in alle Ewigkeit und in ihr sind die Chroniken ihres Daseins tief eingeschmiedet:
WIR HABEN VERSAGT