Veröffentlicht: 28.07.2024. Rubrik: Total Verrücktes
Digital macht die Freizeit schmal
Gefühlt habe ich den Rechner in der Firma gerade erst heruntergefahren und schon sitze ich vorm privaten Laptop, um die Kiste hochzufahren. Früher hat das minutenlang gedauert und ich musste aufpassen, nicht vor dem Rechner einzuschlafen. Dank Windows10 und einer modernen SSD-Festplatte geht das heutzutage wesentlich schneller.
Während ich auf die Anmeldemaske warte, nutze ich die Zeit, mal richtig durchzuatmen. Mit so viel Sauerstoff im Bed Gedanken Aufbewahrungsvakuum kommen einem dann schon mal die seltsamsten Gedanken, für die man sonst im digitalen Stress einfach keine Zeit mehr findet.
Früher konnte ich zum Beispiel in jedes beliebige Auto einsteigen, den Sitz und die Spiegel einstellen und ab ging die Post. Heute brauche ich einen zwei Tage Lehrgang, bevor ich überhaupt den ersten Meter fahren kann. Nachts bekomme ich inzwischen Albträume, weil ich Angst habe, dass mein Auto irgendwann allein eine Spritztour unternimmt und ich auf meinem Handy nur noch eine Nachricht vorfinde „Tschüss Alter, ich bin dann mal weg.“
Wenn du mal mit dem Zug irgendwo hinfahren möchtest, musst du mindestens einen 1/2 Tag einplanen! Den brauchst du nämlich, bis du begriffen hast, wie der Fahrkartenautomat funktioniert und du die falsch gezogenen Fahrkarten am Bahnhof wieder mit Verlust versteigert hast.
Na ja, Peanuts, wenn man bedenkt, wie viel Zeit man anderswo durch die Digitalisierung spart. Zum Beispiel brauchst du nicht mehr jede Woche 10 Minuten zum Briefkasten rennen, um deine Briefe einzuwerfen. Das geht heute per E-Mail ratzfatz! Du hast kaum auf „Senden“ gedrückt, da kommt schon die erste beleidigende Antwort zurück.
Ganz abgesehen davon, dass du jeden Tag 30 Minuten brauchst, um deinen E-Mail-Account vom Spam zu befreien. Da fällt es auch kaum ins Gewicht, dass du jeden dritten Tag dicke Luft zu Hause hast, weil du deinem Partner erklären musst, warum du auf einmal Mails von Dr. Müllers Sexshop bekommst, obwohl bei dir im Bett schon seit Jahren nichts mehr läuft außer Koch-Sendungen!
Die Fernsehköche sind sowieso die besten, die schaffen es doch tatsächlich noch, nebenbei ein Restaurant zu führen, indem man sie aber nie sieht, weil sie ja nur noch vor der Kamera stehen. Dafür nehmen sie in ihrem Restaurant aber ohne mit der Wimper zu zucken den doppelten Promi Preis für ein Gericht. So blöd möchte ich sein, da essen zu gehen. Da gehe ich doch lieber in die Pommes -Bude.
Aber ich schweife ab! Schwamm drüber, ist schon ein Fortschritt die Digitalisierung. Ich kenne zum Beispiel keine Langeweile mehr. Einen Samstag im Monat brauche ich, um alle Rechner im Haushalt zu aktualisieren und zu sichern. Zwischendurch immer wieder Forschen, warum das Internet so langsam ist und stundenlang bei der Telekom in der Warteschleife hängen, während die Tochter mich nebenbei terrorisiert, warum das nicht schneller geht.
Jedes neu angeschaffte elektronische Gerät im Haushalt kostet mich mindestens ein Wochenende, bis es einigermaßen funktioniert, da der Radiowecker inzwischen toasten und der Toaster staubsaugen kann, obwohl das kein Mensch braucht, aber bezahlen musst du es trotzdem.
Ich muss jetzt leider Schluss machen, denn in der Zwischenzeit sind wider Dutzende von Nachrichten reingekommen, von Leuten, die nichts mit ihrer Freizeit anzufangen wissen und die mir das unbedingt mitteilen möchten.
PS:
Einen Rat habe ich noch für dich, kauft dir möglichst keinen neuen Fernseher mehr. Um den in Betrieb zu nehmen, musst du nämlich inzwischen studieren!