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3xhab ich gern gelesen
geschrieben von Kargut (Kargut).
Veröffentlicht: 02.07.2024. Rubrik: Persönliches


Das Aufgebot

Sind Sie verheiratet ? Ja ? Ich auch, aber das was mir und meinem Mann beim Standesamt passiert ist, ist ihnen garantiert erspart geblieben. Und übrigens, wir waren nicht bei den Schildbürgern – wir waren in München.
„Grüß Gott.“ Wurden wir von der elegant gekleideten Standesbeamtin begrüßt. „Dann wollen Sie also heiraten ?“ „Ja“ antworteten wir synchron und schauten uns glücklich an. „Haben Sie alle Unterlagen dabei ?“ Wir gingen die Liste gemeinsam durch: Personalausweis – ja. Geburtsurkunde ? „Nein“, sagte mein Mann. Ich habe keine Geburtsurkunde, weil meine Familie Heimatvertriebene sind und die Papiere auf der Flucht verloren gingen.“
„Ja, dann müssen Sie die Papiere in der Gemeinde anfordern“. „Der Ort wurde aber dem Erdboden gleich gemacht. Den gibt es nicht mehr“, entgegnet mein Mann. Kopfschütteln bei der Standesbeamtin. „Ohne Geburtsurkunde können Sie nicht heiraten“.
Die Gesichtszüge von meinem Mann entgleisten. „Gute Frau, als ich zur Bundeswehr einberufen wurde, hat kein Mensch nach meiner Geburtsurkunde gefragt. Ich habe 18 Monate lange Wehrdienst geleistet und bin seit mehr als 20 Jahren verbeamtet, weil ich bei der Münchener Berufsfeuer arbeite. Noch nie wurde ich nach meiner Geburtsurkunde gefragt. Und jetzt soll ich nicht heiraten dürfen, weil dieses Dokument fehlt ?“


„Ja, mai, es ist halt Vorschrift“. Ratlosigkeit bei meinem Mann. Die Standesbeamtin scheint einzusehen, dass es auch für Vorschriften Ausnahmen geben muss, denn dass mein Mann geboren wurde, kann ja niemand abstreiten - der lebende Beweis sitzt schließlich vor ihr. Mit den Worten „ Dann muss ich meinen Chef fragen, was wir da machen können“ verlässt sie das Büro und lässt uns eine gefühlte Ewigkeit wartend zurück. Die Tür öffnet sich und mit einem zuversichtlichen Lächeln wendet sich die Dame an meinen Mann „Ich habe gute Nachrichten. Wenn Sie uns eine eidesstattliche Erklärung von Ihren Eltern vorlegen, dann können wir eine Ausnahme machen“. „Ja toll ! Und was, wenn meine Eltern nicht mehr leben ?“ Die Standesbeamtin zuckt mit den Schultern und entgegnet „Dann müssen Sie die halt selbst ausstellen“.
Jetzt musste ich mich sehr, wirklich sehr beherrschen. “Blos nicht lachen. Bleib ernst ! Die verstehen hier keinen Spaß“, sagte ich zu mir.
Und so stellte mein Mann sich selbst eine eidesstattliche Erklärung aus, frei nach dem Motto: “Geboren, wenn ja, warum ?“ und schon stand unserer Eheschließung nichts mehr im Wege.
Ich hätte schwören können, dass „Die Versteckte Kamera“ ihre Finger im Spiel hatte. Aber nein, es war wirklich nur unsere deutsche Gründlichkeit.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Jens Richter am 03.07.2024:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Kargut,
das ist mal eine tolle Geschichte.
Die Aussage der Beamtin ist sogar rechtlich korrekt.
Dein Mann hat als "Notstandsbeamter" das Recht sich eine eigene Urkunde auszustellen.
Ich liebe das Preußische...Für jede Eventualität ist ein passendes Gesetz vorgesehen.
Sehr gern gelesen!
Viele Grüße von Jens.





geschrieben von Kargut am 03.07.2024:

Danke, Jens, für Deine nette Rückmeldung. Es bleibt eine unvergessene Erfahrung.




geschrieben von Bad Letters am 03.07.2024:
Kommentar gern gelesen.
Ich höre den Amtsschimmel bis hierher wiehern Kargut! Köstlich.

MfG
Bad Letters





geschrieben von Gari Helwer am 08.07.2024:
Kommentar gern gelesen.
Deutsche Bürokratie - unschlagbar!!! :-) LG


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