Veröffentlicht: 24.06.2024. Rubrik: Satirisches
Pfui Spinne
Pfui Spinne
Als Kind musste ich unter lebensbedrohlichen Umständen das stille Örtchen aufsuchen, denn es gab in unserem Haus keine Toilette – nur ein Plumpsklo im Hof. Das Plumpsklo als Solches war nicht das Problem, auch nicht die eisigen Temperaturen im Winter. Es waren achtbeinige, schwarze Monster – genannt Spinnen – die dort lauerten. Wie eine Sondereinheit beim Militär waren sie in Tarnnetzen versteckt. Aber ich hatte ein geschultes Auge und entdeckte sie alle, da half ihnen auch die beste Kamuflage nichts.
Die Familie beschwörte immer wieder, dass Spinnen harmlos sind und ich keine Angst haben muss. Vater nahm ein ausgewachsenes Exemplar in die Hand und ließ es über seinen Arm krabbeln. Aber mir konnte man nichts vormachen. Ich hatte nämlich beobachtet, wie sich eine dicke Fliege in einem Netz verfangen hatte und sie genüsslich von einer Spinne ausgesaugt wurde. Und genau dieses Schicksal würde mir blühen, wenn ich erst mit nacktem Po auf dem Plumpsklo Platz genommen hätte und nicht mehr fliehen könnte.
Wir zogen in unser neues Zuhause, in dem es eine Toilette im Haus gab. Welch ein Glück, aber irgendeinen Haken hatte das neue Domizil sicherlich , davon war ich überzeugt. Mutter bestand darauf, dass wir das Haus immer durch den Keller betraten, weil wir dort unsere schmutzigen Straßenschuhe in Hausschuhe tauschen konnten und umgekehrt. Niemand, aber auch wirklich niemand hatte mich vorgewarnt, dass im Herbst die erste Brigade der Spinnen dort eindrang und bis ins Wohnzimmer Vormarsch hielt. Es muss sich um eine Spezialeinheit gehandelt haben. Sie waren noch größer, noch schwärzer und noch gefährlicher als die, die ich aus dem Plumpsklo kannte. Sie waren so groß, dass ich glaubte sie zu hören . Ich hörte ihre Schritte, als hätten sie kleine Knobelbecher an ihren 8 Füssen. So war es auch an einem Tag, als ich Fernsehen schaute. Genau in dem Moment, als Tweety aus ihrem Vogelkäfig zu Kater Sylvester sagt“ Böse, böse Mitzekatze“, vernahm ich ganz deutlich den Gleichschritt von 8 Beinen, die geradewegs auf mich zu marschieren. Aber ich war schneller. So wie Tweety flüchtete auch ich nach oben. Bei Tweety war es der Vogelkäfig, bei mir das Polster des Stuhls und wenn das nicht ausgereicht hätte, dann wäre ich auf den Tisch geklettert. „Mich erwischt Ihr nicht, auch wenn ihr 6 Beine mehr habt als ich !“