Der Pianospieler

Fast sein ganzes Leben lang bewegte er die Tasten, bereits von seinem dritten Lebensjahr an. Des Nachts verfolgte ihn regelmäßig ein riesiges Metronom und die Stimme seines Vaters, die schrie: „Schneller Junge, nicht so schlampig, mehr Gefühl, lernst du es denn nie!“ Und dann spürte er die Schläge des Taktstocks auf seinen Händen. Seine Hände zitterten noch, wenn er bereits aufgewacht war, und erst wenn er am Piano saß, beruhigten sie sich langsam, bis die Musik endlich durch seine Finger strömte.

Seine Mutter träumte immer von der Carnegie Hall, wenn sie ihm über den Scheitel streichelte. Sie würde sich sicher im Grab herumdrehen, wenn sie wüsste, dass er es nur in die nächstgelegene Hafenspelunke geschafft hatte. Ein dankbares Publikum, denn sein Spiel stellte die einzige Kultur in diesem Milieu dar, die sie jemals erfahren würden. Ab und an gab es sogar einen Free Blow Job, wenn eine der Huren ihren moralischen hatte und den ganzen Abend die Tasten des immerzu verstimmten Pianos vollheulte.

Er besaß noch nicht mal ein eigenes Piano, und so spielte er manche Nachmittage für umsonst in der Musikschule und gab Unterricht für diejenigen, die ihn sich sonst nicht hätten leisten können. Er forderte nie von seinen Schülern, sondern förderte! Sprach sich nur für Talente aus, die es aus sich herauswollten und nicht gezwungen wurden. Kein Kind sollte jemals durch Musik krank werden und ein Leben fristen, wie er es tat. Immer das Gefühl im Nacken, den Ansprüchen nicht zu genügen, auch wenn seine Peiniger längst tränenlos von ihm gegangen waren.

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