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geschrieben von Sun-Go.
Veröffentlicht: 01.08.2023. Rubrik: Spannung


Er hat es schon immer gewusst.

Es war morgen und der Staub war mittlerweile wieder so gelegt, dass man nicht mehr erahnen konnte, was vor nicht mal 24 Stunden in diesen kalten Ruinen aus Stahl geschehen war. Er hing immer noch an der Wand, den Speer durch seinen Abdomen gerammt. Der Verursacher der Wunde schaut ihm kalt zu, wie sein Atem immer langsamer wird.
"Wir beide wissen, Du hast sie nicht verdient. Aber ich gewähre Dir ein paar letzte Worte.", sagte er zögernd dem sterbenden Mann an der Wand.
Dieser kicherte schwach: "Haha... weshalb? Weil Du ein ehrbarer Kämpfer bist? Weil Du Mitleid hast? Bitte. Im Endeffekt wollte ich nur dasselbe wie Du. . . vielleicht hast Du also eher Angst um Dich selbst?"
Bei diesen Worten erschauderte er, die Flammen von Hass, spiegelten sich lodernd in seinem Blick wieder: "Dasselbe wie ich? Was, die Vernichtung der Welt? Milliarden von Menschen ausgelöscht, zitternd vor Terror und Horror, weil Sie nicht wissen, ob ihr Gebäude das nächste ist, welches Du über ihrem Kopf niederreißt?"
"Nicht das, nein. Frieden für unsere Welt."

*

Seine Wut zeigte sich, durch den leisesten Hauch eines Zitterns. Wie ein Teekessel, zwar in der Lage die Hitze im Inneren zu bannen, jedoch nicht ohne darauf aufmerksam zu machen, dass sie existiert. Er drehte sich um, und schnalzte mit der Zunge: "Tja, und hier wollte ich Dir noch eine Chance auf Würde geben, aber das war ja wohl-"
"Spar mir Deinen Idealismus. Du hast ja keine Ahnung.", spottete er zurück, "sieh Dich doch an, wo Du stehst: In meinem Heim, als Spitze von unzähligen Nationen, unter Deinem Namen vereint. Das? Das würde ich ziemlich guten Frieden nennen. Und jetzt wo ich nicht mehr bin . . . tja, schade dass Du mich erwischt hast."
"Ich bin ebenfalls nicht glücklich oder gar stolz, Dein Leben zu beenden. Aber ich musste es tun. Gott weiß, wie viel mehr Schaden Du noch verursacht hättest."
Seine Worte trafen auf Augen welche sich schmerzhaft drehten. Der Schmerz stammte jedoch nicht von der Waffe, welche ihn an die Wand nagelte: "Gott. . . Gott weiß vieles. Ich weiß nur, dass wir beide auf jeden Fall schon mal den Zweck zum heiligen der Mittel ansehen, was?"
"Dein Zweck war mal ein anderer. Ich habe früher immer zu Dir aufgeschaut. Du hast gegen die Verschmutzung des Planeten angekämpft, den Menschen in Not geholfen und eine Plattform aufgebaut, in der Menschen zusammenkamen und sich gemeinsam unterstützten. Und all das, ohne Gewalt, ohne Hass."
Verächtlich schaute sein Gegenüber mit dem halbgebrochenen Helm zur Seite: "Hmpf. Es war nicht genug. Auf jeden Menschen, dem ich half, kamen unzählige mehr, die leiden mussten. Jetzt konnte ich das Blatt wenden: Für jeden, dem ich Leid zufügte, wurden unzählige mehr gerettet. ARGH", er zog den Speer aus sich heraus, der entschwundene Druck sorgte dafür, dass sein Blut wieder begann auf den Boden zu tropfen. Langsam ging er auf die zerstörte Wand hinzu, durch die das Morgenlicht schien und blickte auf das Schlachtfeld nieder, welches der Eingang zu seinem Unterschlupf war.

*

"All der Schmerz, all das Leid. Ich konnte es nicht mehr ertragen. Ich fragte mich, ob Gott uns zuschaute, sollte er existieren. Der Gute, der Gerechte. Ich fragte mich, warum er all unser Leid zuließ. . . und ich kam dahinter.", mit eiskaltem Blick schaute er über seine Schulter zurück: "Er war genauso enttäuscht, wie ich."
Die Worte, voll Glauben und ohne Zweifel erfüllt, ließen eine kalte Welle durch den Raum gleiten.
"Enttäuscht?", leicht verächtlich über diesen Gottesvergleich schnaubend, zog er eine Augenbraue hoch.
"Wir Menschen hatten es nicht so schwer. Wir hatten bereits das Paradies, wir hatten Frieden, aber wir hatten auch Regeln. Und seien wir ehrlich, es waren einfache Regeln. Töte nicht, stiehl nicht, respektiere Deine Eltern. Und jeder verpönte die Regeln getreu dem Motto, pfft ja logisch. "Easy". Doch schau uns an.", er blickte wieder auf das Schlachtfeld hinab: "Wir morden, wir stehlen, die Kinder von heute stellen online wie schlimm sie es doch haben, und wie sehr sie die alten dafür hassen. Wir vögeln, wie wir lustig sind, während wir unsere Partner anlügen. Wir kreieren neue Götter, sobald die alten uns nichts mehr nützen. Die Länder, die sich gegen mich verbündeten im Namen des Guten, begangen Verbrechen, jedes davon schwerwiegender als das andere. Es ist eine Farce. . ." Er blickte hinauf in den Himmel: "Und doch, betete ich immer wieder zu ihm hinauf. Ich betete für die Kraft, unsere Welt zu retten. . . was glaubst Du wie ich mich fühlte, als Gott mit der Kraft antwortete, sie zu vernichten?"

*

"Selbst wenn dem so wäre, mit Deiner Kraft hättest Du dennoch Gutes tun können.", ein leichter Hauch von Bedenken legte sich über seine Zunge.
Genervt, seufzte er auf: "Du bist so unerträglich naiv, es wundert mich, dass ausgerechnet Du der Retter der Welt bist.", er musste über seine eigenen Worte kichern: "Hm, naja, zumindest kurzzeitiger Retter."
"Kurzzeitig? Es ist vorbei, Du bist am Ausbluten und der Frieden ist gesichert.", eine ungewisse Angst ließ ihn erschaudern, als auch er hörte, wie draußen die verschiedenen Mitglieder der Allianz unruhig wurden.
Mit einer schwachen Geste, wurde er zum Ausblick gewunken: "Frieden? Also was nun? Ihr alle geht einfach . . . nach Hause?"

*

Die verschiedenen Einheiten am Eingang der metallenen Burg scheuchten umher. Worte des Zweifels wurden gewechselt. "Ist es bald fertig?" "Hat er es geschafft?" "Ich fand von Anfang an das Ganze eine blöde Idee." Es wurde getuschelt unter den einzelnen Armeen, bis das Tuscheln von einem Streit unterbrochen wurde: "Jetzt gib doch gefälligst etwas ab, ich bin am verdursten!" Zwei Soldaten von verschiedenen Nationen stritten um eine Wasserflasche. "Ich habe mich um meine eigenen Leute zu kümmern, habt ihr keinen eigenen Vorrat mitgenommen?" Der Soldat wurde ungemütlich: "Wir hatten von Anfang an nicht so viel, weil eure verdammten Fabriken unser Wasser beansprucht hatten! Durch die Zerstörung eurer Anlage haben wir endlich wieder aufstocken können, aber es braucht nun mal Zeit! Wir alle mussten schließlich in den Kampf!" Ein afrikanischer General versuchte seinen Mann zu beruhigen: "Ganz ruhig Soldat, es ist bald wieder alles in Ordnung. Und Sie, sie sollten sich ebenfalls wieder beruhigen." Ein amerikanischer General kam hinzu: "Hey, wir sind alle etwas angespannt gerade, aber kümmern sie sich gefälligst um ihre eigenen Leute, und ich werde mich um meine kümmern. Kapiert?"

*

Ein kühler Wind ließ die Wärme der Morgensonne auf der Haut immer wieder verschwinden, als beide dem Tumult zuschauten. "Ihr kamt alle zu mir. . . brachtet eure Armeen. Hehe... was dachtest Du denn, würde nun passieren? . . . Frieden?!"
Der Tumult wurde immer stickiger, es wurde angefangen zu schubsen, zu rufen, zu vergessen, was man in den letzten Monaten und Jahren des Terrors gemeinsam erreicht hatte. Es wurde sich auf die Vergangenheit beruht, und auf die Zukunft geschaut. Doch der eigentliche Konflikt, geschah im Hier und Jetzt. "Frieden. . . funktioniert nicht so, wie Du dachtest." Mit diesen Worten hörte man den ersten Schuss. Es dauerte nicht lange, bis weitere folgten. "Erzähl mir nicht, von den Tugenden des Menschen." Es hatten sich bereits neue Gruppen geformt, ehemalige Verbündete schossen auf ehemalige Feinde. Vorräte wurden hin und her gestohlen, während die wenigen, die versuchten Ruhe und Ordnung zu bewahren, die ersten waren die hinterrücks erstochen wurden. "Pflicht. Respekt. Ehre . . . Du hast wohl vergessen, was der Mensch in Wirklichkeit ist. Ein gemeinsamer Feind. . . ließ wenigstens für kurze Zeit die Illusion des Zusammenhalts erscheinen."
Voller Furcht blickte er auf den Rücken, den vor kurzem noch durchbohrte: "Du. . . das ist alles Deine Schuld!!" Er lehnte sich schwach mit dem Rücken gegen die Wand und rutschte langsam in eine sitzende Position: "nein . . . der mensch will einigkeit einfach nicht akzeptieren, solange man ihn nicht dazu zwingt. . . gott wusste das.

*

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