Veröffentlicht: 01.12.2021. Rubrik: Persönliches
Passiver Suizid
- - - ACHTUNG, DIESER BEITRAG BEINHALTET THEMEN VON SELBSTSCHÄDIGUNG UND SUIZIDALEN GEDANKEN - - -
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Ich habe mal erwähnt, dass jeder Moment, in dem ich dachte, dass mein Ableben angenehmer wäre, als mein jetziges Dasein, begleitet wurde, von einem Schuldgefühl, welches mich daran hindert, den letzten Schritt zu vollziehen. Das Schuldgefühl welches aufkommt, wenn ich daran denke welche Schmerzen mir nahe Menschen durchleben würden. Gleichzeitig gibt mir dieses Szenario im Kopf auch ein Gefühl von Genugtuung. Es rechtfertigt mein Dasein. Natürlich, ob dieses Szenario auch wirklich eintreffen würde, kann ich nicht sagen. Aber vielleicht unterscheidet mich ja dies von manchen Leuten, die den letzten Schritt gewagt haben. Ich gebe mich mit dem Glauben zufrieden.
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Naja, worüber ich im Kontext dazu mal reden wollte ist, dass ich im Laufe der Jahre dennoch eine Eigenart aufgegriffen habe. Und als Raucher kam mir dann der Begriff "Passiver Suizid" in den Kopf. Wir alle wissen, was aktive und passive Raucher sind, nicht? Was ist also ein passiver Suizid? Nun, ich glaube es ist einfacher erstmal zu erklären, was in diesem Kontext aktiv bedeutet. Aktiv würde für mich bedeuten, dass jemand aktiv den letzten Schritt geht. Das kann bedeuten, jemand stößt den Stuhl um, betritt das Gleis oder drückt den Abzug ab. Das bedeutet es, einen aktiven Schritt zu machen. Doch genau dieser aktive Schritt, wird bei mir durch diverse Faktoren gehemmt. Ich denke, wenn jene Faktoren von mir getrennt werden, dann werde ich auch keine Hemmungen mehr haben (übrigens hat sich letztens ein Faktor entfernt, bleiben noch 3 übrig). Ich werde, solange ich diese Faktoren haben niemals aktiv werden, das Schuldgefühl dass ich habe und auch anderen geben könnte ("Warum habe ich es nicht früher bemerkt, es ist meine Schuld, yada yada yada", das muss nicht sein) hindert mich. Aber was, wenn es niemals als eine aktive Aktion aufgenommen wird? Was wenn es ein Unfall wäre? Eine Krankheit? Etwas wo man aktiv nicht handeln konnte? Hier beim Schreiben merke ich, dass Passiver Suizid genauso gut den Titel haben könnte: "Den eigenen Suizid vertuschen."
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Ich glaube ihr kommt langsam auf das Verständnis für P.S. (lustig, nicht? so viele Bedeutungen gleichzeitig). Vielleicht ist das der Grund, warum ich mit dem Rauchen nicht aufhöre. Warum ich auf meinen alleinigen Reisen, bei denen ich ohne jeglichen Schutz auf Berge klettere. Oder gemütlich über den Zebrastreifen spaziere, wenn das kommende Auto scheinbar die geringsten Absichten zeigt wegen mir anzuhalten (Aber hey, es ist ein Zebrastreifen. Da bin ich im Recht).
Sowohl ihr als auch ich wissen, dass dieses Denken und Verhalten absolut toxisch und psychotisch ist gegenüber mir selbst. Das lustige ist, selbst wenn ich Leuten davon erzähle, die mich "kennen", Lachen sie darüber. Ist ja schließlich unmöglich, bei meiner Persönlichkeit, nicht?
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Im Endeffekt kann ich nicht sagen, was von meinem Verhalten auf P.S. basiert und was nicht. Rauchen habe ich damals mit 17 angefangen (erster Job in der Gastronomie, klassische Geschichte). Ich liebe es einfach zu klettern, weil von dort oben hat man nun mal den tollsten Ausblick und kann Fotos machen, die niemand anderes sich bisher getraut hat zu machen. Und der Zebrastreifen. . . Herrgott nochmal es ist ein Zebrastreifen, dafür ist der da! Aber es ist und bleibt ein Konzept, wo ich garantiert nicht der erste bin, der darauf kam (vielleicht sogar mit einem besseren Namen). Naja, ich weiß nicht womit ich hier enden soll, deswegen möchte ich noch einen kleinen Denkanstoß geben, für das nächste Mal, wenn jemand sagt "Du weißt doch, wie ungesund/schlecht/etc. das für dich ist":
Wenn ein Farbenblinder weiß, dass er farbenblind ist. . . kann er danach Farbe sehen?
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