geschrieben 2024 von Jens (Jens Richter).
Veröffentlicht: 04.01.2024. Rubrik: Abenteuerliches
Das Vermächtnis der Sternbergs
1. Erzählung
Doktor Sternberg und die Insel der Götter
Es war einmal vor langer Zeit.
Persischer Golf, 1920
Eine sanfte Brise blies in die Leinen des kleinen Seglers.
Diese blähten sich auf und trieben das Schiff mit gutem Tempo voran.
Doktor Sternberg, ein Archäologe in den Mittdreißigern lehnte träumend an der Reling und stierte über die See.
Die Wellen reflektierten die Strahlen der Sonne und dann tanzten sie über sein Gesicht.
Stundenlang verweilte er schon auf dem Deck.
Diese Ruhe behagte ihm überhaupt nicht.
Er fühlte sich krank, weil er zu nutzlosem Dasein verdammt war.
Da seine Augen schmerzten, schaute er vom Wasser auf.
Irgendein Tier flatterte dem Schiff entgegen.
Etwas blinkte an ihm.
Der Archäologe zog seinen Revolver und richtete ihn auf das Tier, als es in Höhe des Schiffs war.
Doch er hatte Skrupel, einfach so abzudrücken.
Vielleicht war es ein Greifenvogel und gehörte einem Fürsten vom nahen Land.
Oder es hatte einem Vogelhändler ein Schnippchen geschlagen und drehte die lang ersehnte erste Runde in der neu erworbenen Freiheit.
Er zielte auf den Flügel und drückte ab.
Das Tier stürzte getroffen auf das Deck.
Doch was war das?
Doktor Sternberg traute seinen Augen nicht.
In den Jahren seines wissenschaftlichen Lebens war ihm eine solche Kreatur noch nie zu Gesicht gekommen.
Das Vieh hatte die Schwingen einer Fledermaus, aber der Kopf, der Körper und die Gliedmaßen ähnelten der Gestalt eines dunklen Elfen.
Das Teil, was schon von weitem blinkte, war ein beryllfarbener Kristall.
Der Doktor versuchte der Kreatur den Kristall aus den Händen zu schlagen, den es krampfhaft festhielt und fauchend verteidigte.
Ein Seemann kam neugierig hinzu.
Er kreuzigte sich und sprach entsetzt. „Bei Gott, diese Ausgeburt der Hölle hat uns der Leibhaftige geschickt.“
Der Seemann griff nach seinen Dolch und rammte ihn dem Geschöpf in die Brust.
Mit einem stummen Schrei erlag es dem tödlichen Stoß und gab den Kristall frei.
„Das glaube ich sofort“,murmelte der Archäologe voller Unbehagen.
Das Tier war fortan das Hauptthema an Bord und spaltete die Besatzung in zwei Lager.
Einige hielten es für einen Exoten, die andere Partei glaubte, dass es sich hier um ein schlechtes Omen handelte.
Keine Seite war sich hundert Prozent schlüssig, doch über allen breitete sich eine unheimliche Anspannung aus.
Doktor Sternberg hatte den Kristall an sich genommen.
Er hatte so ein Gefühl, dass damit eine Menge nicht stimmte.
Allerdings wusste er auch nicht genau warum.
Den Kristall umgab eine merkwürdige Aura.
Er beschloss, der Sache näher auf den Grund zu gehen.
Nichts quälte ihn mehr, als eine Sache, die nicht aufgeklärt wird.
Später, in seiner Kajüte band er den Kristall um seinen Hals.
Dann legte er sich in seine Koje, grübelte noch eine Weile über das Ereignis der letzten Stunden nach und schlief darüber ein.
Er verfiel in einen tiefen Schlaf und hatte dabei einen merkwürdigen Traum.
Eine Priesterin schmiegte sich elegant im Rhythmus ihres mystischen Tanzes.
Verführerisch spitzte sie ihren Mund.
Sie drehte sich im Kreis und hielt sich dabei die Hände vor ihr Gesicht.
Auf ihrer Stirn war ein Tattoo zu sehen.
Der Doktor erkannte darauf ein Auge.
Schweißgebadet erwachte er aus seinem Traum.
Er hatte so eine Ahnung, dass er bald mit etwas Großen, ja Übermächtigen konfrontiert werden würde.
***
Im Verlaufe des nächsten Tages lief das Schiff in den Hafen der orientalischen Stadt Basra ein und ging dort vor Anker.
Zwei Beamte der Hafenbehörde kamen zum Anlegeplatz.
Ihre Aufgabe war es, die Zollformalitäten zu erledigen.
Und so wurde diese Angelegenheit von den beiden Herren zügig erledigt.
Als Doktor Sternberg an der Reihe war und sein Visum vorlegte, interessierten sie sich plötzlich für den Kristall an seiner Brust.
Sie baten Doktor Sternberg höflich, ihnen zu folgen und führten ihn zu einem fürstlichen Palast.
Die Beamten teilten dem Doktor auf dessen Anfrage mit, dass dieses prächtige Anwesen dem Großwesir gehörte.
Dieser regierte die Stadtstaat nach dem Tod des letzten Kalifen.
Immer wieder versicherten die Beamten ihm, dass er sich keineswegs als Gefangener sehen sollte.
***
In einer monumentalen Halle sollte Doktor Sternberg einen Augenblick warten.
Neugierig schaute er sich um.
Viele, der kostbaren Gegenstände zogen magisch seinen Blick an, besonders einige Porzellanfiguren in den Ecken der Halle.
Figuren von einem derartigen Wert hatte selbst er nicht in seiner privaten Sammlung zu Hause in der Schweiz.
Seine jahrelangen Reisen führten ihn zwar auf fast jeden Kontinent der Erde, doch für einzelne Kunst- und Kulturgegenstände interessierte er sich erst seit kurzer Zeit.
Speziell archäologische Einzelstücke hatten es ihm angetan.
Die Halle glich wahrlich einem Eldorado für Archäologen und Kunstliebhaber.
„Salem aleikum“, begrüßte ihn eine Stimme aus dem Hintergrund.
Sternberg zuckte in Gedanken versunken zusammen und drehte sich um.
Für einen kurzen Moment verschlug es ihm die Sprache, so dass er den Gruß nicht gleich erwidern konnte.
Das Gesicht des hinzugekommenen Mannes verbarg sich hinter einer eisernen Maske.
Dennoch lies sich dessen Anblick ertragen.
„Mir ist bewusst, dass mein Anblick Unbehagen auslöst und daher lebe ich in diesem Palast zurückgezogen, ähnlich einem Aussätzigen“, begann der maskierte Mann das Schweigen zu brechen.
„Was hab ich hier verloren?“, fragte Doktor Sternberg mürrisch.
Sogleich biss er sich wegen seiner Unfreundlichkeit auf die Lippen.
Immerhin war er in der Residenz eines königlichen Beraters.
Er durfte sich unmöglich im Ton vergreifen.
„Sie sind hier als ein freier Mann! Darauf haben sie mein Wort als Wesir. Mir geht es lediglich um den Kristall, den sie an ihrer Brust tragen. Es ist ein sehr wertvolles Stück aus der Hinterlassenschaft meines verstorbenen Herren.“
,Das ist also der Wesir.’, schlussfolgerte der Archäologe aus den Worten des maskierten Mannes.
„Einen Moment nur, Sire. Ich habe diesen Kristall einer seltsamen Kreatur abgejagt, die unseren Weg gekreuzt hatte. Ihnen dieses wertvolle Teil ohne jegliche Gegenleistung zu überlassen, halte ich für keine gute Idee.“
„Ich bin es gewohnt“, warnte der Wesir, „dass meine Wille in diesem Land Gesetz ist. Sie sollten nicht wegen ihrer Unverfrorenheit in meine Missgunst fallen. In diesem Kristall ist laut einer alten, ozeanischen Legende zu Folge eine unbekannte Macht eingebunden!“
„Ich weiß nicht recht, was sie mir damit sagen wollen, Sire“, brummte Doktor Sternberg.
Seine Instinkte erwachten.
Er witterte ein große Sache und darum lenkte er behutsam ein.
„Dass sie der Herrscher dieses Landes sind, darin besteht kein Zweifel. Aber auch ich bin es gewohnt, meine Trophäen zu behalten. Ich bin Doktor Sternberg, ein Archäologe und Kunstliebhaber aus der Schweiz. Ich durchforste, wenn eine Sache mein Interesse erweckt hat, den halben Erdball. Ich gebe ihnen ihren Kristall zurück, doch nicht ohne eine kleine Gegenleistung. Und Geld ist es nicht, was mich reizt. Bitte sagen sie mir die ganze Wahrheit über den Kristall und die darin eingebundene Macht.“
Der Wesir lachte hinter seiner Maske.
„Doktor Sternberg! Wer kennt diesen Namen nicht? Hatten sie je einen Wesir. als Auftraggeber?“
,Nein’, dachten beide.
„Nein“, antwortete Sternberg.
„Dann folgen sie mir bitte in die Kellergewölbe meines Palastes.“
Sie liefen durch zahlreiche dunkle Gänge, die nur vom Schein ihrer Fackeln erhellt waren.
,Man’, dachte Doktor Sternberg besorgt, ,wann sind wir endlich am Ziel angelangt?’
Ihm kam es vor, als hätten sie bereits etliche Meilen zurückgelegt.
Die Orientierung hatte er schon nach kurzer Zeit verloren.
Der Gedanke, einem gesichtslosen Typen so blind zu vertrauen, gefiel ihm nicht besonders gut.
Eine rostige Eisentür beendete den Gang abrupt.
„Hier sind wir am Ziel“, sprach der Wesir und öffnete die Tür.
Laut ächzten die Scharniere.
Im nachfolgenden Raum entzündete der Wesir weitere Fackeln.
Das leuchtete das Innere besser aus.
Der Raum war ohne jede Ausstattung.
Nur eine Menge Gerümpel und alte Truhen waren darin abgestellt.
An der gegenüber liegenden Wand hing ein Teppich, der mit Grundrissen, Koordinaten und vielerlei Symbolen wie eine Seekarte gestaltet war.
Man erkannte die Kontinente und die verschiedensten Inselgruppen darauf.
Die malaiischen Inseln waren auf dieser Karte eingekreist.
Hatte der Kristall irgend etwas mit diesem Kreis zu tun?
Doktor Sternberg trat an den Teppich heran und hielt den Kristall, einer inneren Eingebung folgen vor eine Fackel, sodass der Lichtstrahl durch den Kristall auf den Kreis fiel.
Er drehte den Kristall solange, bis eine eingeschliffene Gravur auf dem Kristall mit den abgebildeten Grundrissen auf dem Teppich übereinstimmte.
„Sie schlussfolgern sehr schnell“, lobte ihn der Wesir, der Doktor Sternberg von der Seite beobachtet hatte.
„Ich möchte ihnen auch nicht verheimlichen, dass noch eine weitere Person an den Kristallen interessiert ist. Lange Zeit hatte der alte Kalif zwei Wesire an diesem Hof. Der eine bin ich und der Zweite, Prinz Taruk, ist derzeit mein übelster Gegenspieler. Er übt sich in finsterer Magie und mir scheint es, er bedient sich dabei den Mächten der Unterwelt. Bevor der alte Kalif ohne Erben verstarb, schrieb er sein Testament. Darin wollte er mir das Kalifat überlassen und Prinz Taruk sollte zwei dieser Kristalle bekommen. Ein dritter Kristall gilt als verschollen. Der Legende zufolge erhält der Besitzer aller drei Kristalle große Macht. Da der alte Kalif aber erkannte, welch finsterer Mächte sich Taruk bediente, bekam er es mit der Angst zu tun. Darauf änderte er sein Testament. So bekam ich das Kalifat und einen Kristall. Taruk erhielt einen zweiten Kristall und sollte fortan das Land nicht mehr betreten dürfen. Wahrscheinlich ist der fehlende Kristall auf dieser Insel zu finden. Man nennt sie die Insel der Götter, wo die Mächte ihren Ursprung haben sollen. Dort müssen der Legende zufolge auch die Kristalle eingelöst werden. Wenn es Prinz Taruk gelingt, alle drei Kristalle einzulösen, so wird er die Herrschaft über dieses Land zurückerlangen. Diese düstere Zukunft möchte ich von meinem Volk abwenden und wenn es mein Leben kosten sollte.“
Ruhig bleiben!
Doktor Sternbergs Gedanken überschlugen sich.
Er fand diesen Hokuspokus einfach zu lächerlich, um ihn zu glauben.
Doch andererseits hörte sich die Version des Wesirs für ihn jedenfalls realistisch an.
Da war die Sache mit dem fliegenden Elfen und je mehr er darüber nachsann, desto verführerischer schien sein neuer Auftrag zu sein.
Doch eine Kleinigkeit passte nicht recht zu der Geschichte.
Warum widmete sich der Wesir erst jetzt dieser Aufgabe zu.
Doktor Sternberg fragte ihn danach.
„Ich wollte niemals den Helden spielen“, sprach der Wesir, „Meine große Leidenschaft ist die Astronomie. Einmal nur fasste ich den Mut und verfolgte Taruk durch die Straßen der Stadt. Er entfesselte ein Inferno, das mein Gesicht zu einer grässlichen Fratze entstellte. Seid diesem Tag lebe ich verborgen hinter dieser Maske. Ich bin den finsteren Mächten nicht gewachsen und habe immer auf einen Mann gehofft, der mit seinem Sachverstand diese Mächte bezwingen kann.“
Ein Schatten huschte durch den Fackelschein.
Der Wesir zog einen Dolch aus seinem Gürtel und warf ihn nach einer dunklen Kreatur.
Getroffen kreischte sie auf.
Der Archäologe eilte dahin und staunte aufs Neue.
Wieder lag ein beflügelter Elf zu seinen Füßen.
„Was ist das?“, fragte er angeekelt.
„Das sind die Spione von Prinz Taruk. Solch eine teuflische Ausgeburt hat mir auch den Kristall gestohlen, der jetzt an ihrer Brust hängt, Doktor Sternberg. Und Taruk weiß jetzt auch, dass wir zu der Insel der Götter aufbrechen müssen. Wir sollten uns von jetzt an auf die übelsten Gefahren einstellen.“
***
In nur einer Nacht traf man die Vorbereitungen für eine lange, gefahrvolle Reise.
Die Bediensteten des Wesirs machten die königliche Jacht seetüchtig, um mit der nächsten Ebbe in See zu stechen.
Das Ziel war die Insel der Götter.
***
Wild und unheimlich war die Insel.
Es bereitete ihnen einige Mühe, sich einen Weg durch den undurchdringlichen Dschungel zu bahnen.
Nur mit Hilfe von scharfen Krummsäbeln schlugen sich die Männer um Doktor Sternberg und den Wesir eine Schneise in den Dschungel.
„Wo“, fragte Sternberg sichtlich ausgelaugt, „sollen wir hier diesen gottverfluchten Kristall finden?“
Der Wesir deutete ins Dickicht.
Ein noch undeutlicher Umriss eines Felsmassivs war erkennbar und verbarg den zugewucherten Eingang einer Höhle.
Doktor Sternberg musste feststellen, dass die Höhle drinnen viel weiträumiger war, als es von außen schien.
Dabei befanden sie sich gerade einmal im Zugang zum Innersten.
Der Wesir entzündete eine Fackel, um den Gang auszuleuchten.
„Sie sind wirklich sicher, dass wir hier einen weiteren Kristall finden?“
Unsicher nickte der Wesir.
„Nicht unbedingt einen weiteren Kristall, aber zumindest jemanden, der uns bei der Suche weiterhelfen kann.“
Der Archäologe runzelte die Stirn.
„Sie werden es früh genug erfahren!“, beantwortete der Wesir Sternbergs sichtliche Ungeduld.
Sie folgten dem Gang immer tiefer in die Höhle und schwiegen auf dem weiteren Fußmarsch.
Beide waren von der Gewaltigkeit dieser unterirdischen Räume fasziniert.
Keine menschliche Hand konnte derartiges vollbringen.
Für Doktor Sternberg stand fest, dass unvorstellbare Kräfte an diesem Ort gewirkt hatten.
Schließlich erreichten sie eine in Stein gehauene Halle.
Bis unter die Decke waren hier religiöse Artefakte angesammelt.
„Ich ahnte bereits, dass jemand kommen wird“, raunte eine Frauenstimme im Hintergrund verborgen.
Der Archäologe fuhr erschrocken herum und griff nervös nach seinem Revolver.
Der Wesir hielt seinen Arm fest.
„Nein Doktor Sternberg. Sie ist eine Hohepriesterin und kann uns weiterhelfen.“
Der Archäologe entspannte sich und mustere die Frau in ihren kostbaren Gewändern, die wie aus dem Nichts auftauchte.
„Ihr sucht den dritten Kristall, in denen die Götter die Mächte gebannt haben. Eure Gedanken haben euch verraten. Und sicher kann ich euch an den Ort führen, an dem ihr den Kristall finden könnt, nur werdet wir dabei die eine oder andere Gefahr bestehen müssen.“
„Eine Gefahr bestehen!“, echote Sternberg säuerlich.
„Ich habe gewusst, dass es bei der Sache einen Haken gibt“, fügte er in Gedanken versunken hinzu.
Er sah dabei den Wesir fragend an, weil er ahnte, dass er von der Hohepriesterin keine genauere Antwort erhalten würde.
„An einem Ort, bei dem die Kristalle eingelöst werden“, antwortete der Wesir, „dem Jungbrunnen.“
„Bei dem Jungbrunnen...“, Der Doktor brach im Satz ab.
Er bemerkte auf der Stirn der Hohepriesterin ein Tattoo.
Es war ein Auge.
Verblüfft schaute er sie an.
Die Hohepriesterin lachte auf.
„Wie sie sehen junger Mann, es gibt keine Zufälle!“
Er kannte genau diesen Ausspruch von seinem Mentor, einem weltbekannten Professor der Archäologie und anerkannten Gralsforscher.
„Ihr werdet mir doch folgen?“
Sie führte die Männer noch tiefer in das Höhlenlabyrinth.
Dem Wesir und auch Doktor Sternberg war nicht recht wohl bei der Sache.
Beiden fehlte irgendwann die Orientierung und das passte ihnen ganz und gar nicht.
Außerdem spürte beide, dass die Worte der Hohepriesterin einen rätselhaften Sinn verbargen.
***
Taruk hatte es geschafft, eine Horde Eingeborene um sich zu scharen.
„Sucht die Fremden und bringt sie mir“, befahl er den Insulanern.
Er wusste zu gut, dass er mit seinen magischen Fähigkeiten jedes Hindernis bewältigen konnte.
Jedoch war es keine besondere Herausforderung für ihn, den primitiven Eingeborenen mit kleinen Zaubereien seinen Willen aufzudrängen.
Nein, die wahre Demonstration der Macht stand noch bevor.
Mit grimmiger Miene eilte er den Wilden hinterher.
Er hatte einige Mühe ihnen zu folgen.
Sie waren groß, muskulös und legten ein hohes Tempo vor.
Vor der Höhle warteten sie.
Die Eingeborenen hatten Respekt vor der Dunkelheit, die hinter dem Höhleneingang lauerte.
Diese typischen Verhaltensformen fand man bei fast allen unzivilisierten Naturvölkern.
Er reichte ihnen lodernde Fackeln und leuchtet den Höhleneingang aus.
„Geht jetzt da hinein und spürt die Fremden auf. Wenn ihr sie aufgefunden habt, so sendet mir einen Boten. Ich muss mich ausruhen und werde hier auf eure Rückkehr warten.“
Widerwillig betraten die Wilden die Höhle.
Als sie verschwunden waren, ließ er sich zur Rast nieder.
Der Umgang mit den Mächten der Finsternis raubte seine körperlichen Kräfte.
Und Kraft brauchte er!
Es dauerte eine kleine Ewigkeit, ehe ein Eingeborener zurückkam.
Laut hallten die Schritte des Rückkehrenden in den Gängen der Höhle wieder.
Taruk ließ sich von ihm sogleich zu seinen Gegenspielern führen.
Nach einiger Zeit durch ein Felslabyrinth, gelangten sie zum Tempel des Minotaurus.
Dieser heilige Raum lag tief unter der Erdoberfläche.
Eine riesige Statue mit menschlichem Körper und Stierkopf füllte die gegenüberliegende Wand aus.
Seine Eingeborenenschar umringte eine kleine Gruppe Gefangene.
Taruk erkannte unter den Eingeschlossenen den Wesir, den Archäologen und fühlte zudem die Aura einer Hohepriesterin.
Er fürchtet sich vor ihr.
„Geht jetzt alle“, befahl der Magier den Wilden.
Gehorsam zogen sie sich zurück.
Man konnte deutlich spüren, dass sie erleichtert aufatmeten.
Sie hatten eine Heidenrespekt vor der Statue.
Für sie war der stierköpfige Minotaurus ein unbekannter Gott.
Und unbekannte Götter bedeuteten Tod und Verderben.
„Wie ich sehe mein lieber Freund“, zischte Taruk den Wesir an, „hast du neue Verbündete gegen mich gefunden? Aber das wird dir nicht viel bringen. Die Kristalle gehören alle mir!“
„Niemals!“, entgegnete der Wesir entschlossen.
„Gib einfach her, was mir ohnehin bald gehört und ich verschone euer Leben.“
„Nein, Taruk. Schon oft habe ich mich von dir in die Enge treiben lassen. Dieses Mal werde ich meinen Kristall nicht verlieren.“
Prinz Taruk zuckte mit den Schultern.
„Macht mir nur keinen Vorwurf, dass ich euch nicht gewarnt hätte.“
Beschwörend hob der Magier seine Arme.
„Was tut er da?“, fragte Doktor Sternberg.
„Er benutzt seine Magie. Fragen sie mich besser nicht, was uns bei seinem Hokuspokus erwartet“, antwortete der Wesir.
Taruk stand mit ausgebreiteten Armen da und murmelte wirres Zeug.
Plötzlich geschahen seltsame Dinge.
Sternberg spürte instinktiv, dass hier etwas Mächtiges zum Leben erwachte.
Er suchte den Raum nach irgendwelchen Besonderheiten ab.
Die Statue zitterte und bewegte sich mit Getöse.
Sie bewegte sich!!!
Der Archäologe runzelte erstaunt die Stirn.
Selbst der Wesir und die Hohepriesterin waren entsetzt.
Alle Blicke blieben an dem Minotaurus hängen.
„Was geht hier vor?“
„Doktor Sternberg, ich hatte ihnen doch gesagt, dass er mächtig ist.“
Taruk nutzte die allgemeine Verwirrung und riss Sternberg den Kristall von der Brust.
Dann befahl er der steinernen Statue, „Töte alle!“
Die zum Leben erwachte Statue stampfte auf die Leute um den Wesir zu.
***
An der Stelle, vor der Minotaurus stand, war ein weiterer Gang.
Taruk lief dahin und verschwand im Dunkeln.
Sternberg wollte dem Magier folgen, doch die Statue hinderte ihn daran.
Mit dem Arm wischte sie ihn wie einen Insekt beiseite.
Der Archäologe hatte einen schmerzhaften Zusammenstoß mit der Höhlenwand.
Um seinen Kopf kreiselten die Sterne.
Benommen rappelte er sich wieder auf.
Angestrengt überlegte er, wie er die Statue stoppen könnte.
Dann kam er drauf.
Die Statue war aus Stein und sehr zerbrechlich.
In fieberhafter Eile nahm er sein Kletterseil, hechtete hinter dem Minotaurus her und ließ dabei das Seil über seinem Kopf kreisen.
Im rechten Moment ließ er das Seil los und dieses schlang sich um die Beine des Minotaurus.
Die Statue verhaspelte sich und stürzte zu Boden, wo sie zu tausenden Stücken zersprang.
Die Männer, der Wesir und die Priesterin hatten Glück.
Sie alle konnten sich mit einem beherzten Satz nach hinten vor dem niedergehenden Minotaurus retten.
„Man war das knapp“, knurrte Sternberg.
Er wollte sich nach dem Befinden seiner Begleiter erkundigen, doch dazu kam es nicht.
Auf dem Scherbenhaufen der Statue entdeckte er etwas Glänzendes.
„Seht alle hin“, jubelte er hysterisch, „da liegt der dritte Kristall.“
Auch der Wesir war von seinem Fund angetan.
Nur die Hohepriesterin teilte die Freude der beiden Männer nicht.
„Der Kristall nützt uns nicht mehr viel“, sprach sie.
„Taruk löst gerade die beiden anderen Kristalle ein. Jetzt kann es für uns bereits zu spät sein.“
Doktor Sternberg schüttelte den Kopf.
Diese Auffassung wollte er nicht teilen.
Er gab nie auf, wenn er so nah an einer Sache dran war.
„Wir müssen es wenigstens versuchen!.“
Voller Zuversicht schnappte er sich eine Fackel und den Kristall und stürmte in den Gang, in dem Taruk verschwunden war.
Seine Gefährten folgten ihm.
Sie kamen zu einer Halle, in deren Mitte eine Wasserfontaine in die Höhe schoss.
An anderer Stelle verschwand das Wasser wieder im Felsen.
Das war also der Jungbrunnen.
„Wo ist Taruk?“, fragte der Wesir.
„Er hat sich unsichtbar gemacht“, sagte die Priesterin.
„Einer der Kristalle gibt Taruk die Möglichkeit dazu.“
Der Archäologe fluchte.
Der zweite Kristall jedoch hatte seinen Zauber noch nicht entfaltet.
Sie hatten Taruk dabei gestört, seine Magie zu empfangen.
„Ich sehe ihn jedoch“, erklärte die Hohepriesterin und zeigte in Taruks Richtung.
Der Archäologe schlussfolgerte, dass das Auge auf ihrer Stirn den unsichtbaren Magier wahrnahm.
Er verwarf aber diesen Gedanken als bloße Einbildung.
Dennoch zog er seinen Revolver und feuerte die ganze Trommel in die angewiesene Richtung ab.
Doktor Sternberg musste dabei getroffen haben.
Es klang gerade so, als fiele ein menschlicher Körper in flaches Wasser.
Der leblose Taruk bekam seine Gestalt wieder.
Er triumphierte: „Habe ich es mir doch gedacht! Man sollte niemals die Flinte ins Korn werfen.“
Sie begaben sich alle zum Jungbrunnen, wo der Archäologe den aquamarinblauen Kristall aus dem Minotaurus im Wasser versenkte.
Der Kristall glühte grell auf und als er erloschen war, nahm der Archäologe eine kostbare Krone aus dem Brunnen.
Er musterte den Wesir von der Seite.
Anschließend trat er an diesen heran und setzte ihm die Krone auf das Haupt.
Ein weiteres Wunder geschah.
Die Mächte der Kristalle hatten sich miteinander vereint.
Der Wesir nahm sein altes Aussehen an.
Die eiserne Maske hatte sich in Wohlgefallen aufgelöst und ein prächtiger Edelmann erschien.
Noch fassungslos tastete der Wesir Zentimeter für Zentimeter seines Gesichtes ab.
„Ich danke ihnen, Doktor Sternberg. Sie haben mir mein wahres Aussehen zurückgegeben. Dafür will ich sie reich beschenken!“
Der Archäologe winkte großherzig ab.
„Das ist für mich keine Ursache. Sie sind der würdige Erbe des alten Kalifen und ihnen gebührt allein die Krone. Für mich war unser Abenteuer eine ganz neue Erfahrung.“
Der Wesir nickte.
„Schön, nach unserer Rückkehr im Palast werde ich ihnen trotzdem eine kleine Anerkennung zukommen lassen.“
Danach wandte er sich an die Hohepriesterin.
„Wollen sie mit mir kommen? Meinem Hof fehlt eine gute Beraterin.“
Die Priesterin verneigte sich, um ihre Ergebenheit zu bekunden.
***
In Basra angekommen überreichte der neue Kalif Doktor Sternberg einen weiteren faustgroßen, rubinrot leuchtenden Kristall.
„Doktor Sternberg betrachten sie diesen Stein nicht als Bezahlung. Ich versichere ihnen, dass dieses wertvolle Stück der Teil eines weiteren Geheimnisses ist.“
„Geheimnisses ist“, wiederholte der Archäologe verwirrt.
„Sie werden gewiss“, hakte der Kalif wieder ein, „großes Interesse daran haben, den Schöpfern der Menschheit gegenüber zu treten. Nur wie und auf welche Art und Weise überlasse ich ihnen ganz allein.“
Sternberg verstand nur Bahnhof.
Er nahm den Kristall an sich und ließ ihn in seiner ledernen Umhängetasche verschwinden.
Das er schon bald die Fährte zu diesem Geheimnis aufnehmen würde, konnte er in diesem Moment noch nicht ansatzweise erahnen.
Sein Leben würde sich dadurch vom Grund auf verändern.
Er verabschiedete sich herzlich und schickte sich an, den Rückweg zum Hafen einzuschlagen.
„Doktor Sternberg“, rief der Kalif hinterher, „lassen sie mich bitte wissen, was es mit dem Stein auf sich hat.“
„Keine Ursache, Sire, darauf haben sie mein Wort.“
***
Und wenn der Archäologe nicht gestorben ist, reist er noch immer um den Erdball, um die letzten Geheimnissen alter Zivilisationen zu entschlüsseln.
***Ende***
(C) Jens Richter, 1989
2. Erzählung
Doktor Sternberg und die Jagd nach dem Götzen
Mexiko 1936
Mühevoll rollte sich Salud aus seiner Hängematte.
Sein Kopf dröhnte gerade so, als würde ihm jemand mit dem Holzhammer bearbeiten.
Gestern Abend war es wieder spät geworden.
Er kannte wirklich keine Kneipe auf dieser Welt, in der der Tequila besser schmeckte, als in Pedros Bar.
Aber er ahnte auch, dass irgend etwas mit seiner alten Cessna nicht stimmte.
Da waren die beiden Großkotze und...Filmriss.
Unbedingt musste er seinen Kreislauf in Gang bringen und diese Leute suchen.
Völlig verkatert tastete er sich durch seine Rumpelbude.
Tasten war vielleicht das falsche Wort.
Er stürzte über leere Flaschen und ungewaschene Klamotten.
Auf dem Tisch lag das Gesuchte, eine Schachtel Zigaretten und eine halb volle Rumflasche.
Er schüttete sich den Inhalt der Flasche hinter den Gaumen, röchelte und steckte sich eine Zigarette an.
Er glimmte mit einem Zug ein Viertel der Zigarette weg.
Farbe kehrte in sein Gesicht zurück.
Als er die Kippe aus dem Fenster schnippte, war er wieder topfit.
Salud kleidete sich an und machte sich auf den Weg zu Pedros Bar.
Er trat dort ein.
Pedro war damit beschäftigt, die frisch gespülten Gläser zu polieren.
"Hallo Pedro", krähte er von der Tür hinein.
"Hallooo, Salud", grüßte der Kneipier, "dass du noch lebst, ist wohl dem Umstand zu verdanken, dass dein Partner Plata noch nicht zurückgekehrt ist."
"Was meinst du damit?"
"Weil du deine Henrietta verzockt hast."
"Gott, an wen denn?"
"Das kann ich dir nicht genau sagen, Salud. So wie sich ihre Sprache angehört hatte, waren das sicher Italiener. Sie haben ein Flugzeug unten in der Flussmündung versteckt. Es müsste eine Savoia-Marchetti sein."
"Und was hat das mit meiner Maschine zu tun?"
"Ich habe nur mitbekommen, dass sie nicht von der mexikanischen Polizei entdeckt werden dürfen."
"Wer möchte das schon? Vielleicht sind sie auf einer Geheimmission? Na, die Typen kaufe ich mir jetzt. Wo finde ich sie?"
"Oben in meinem Gästezimmer."
Salud hastete die Treppe zur obersten Etage hinauf und trat die Tür zum Gästezimmer auf.
"Hallo", grollte er, "die Sache mit meinem Flugzeug betrachte ich als Scherz. Die Maschine ist meine ganze Existenz."
"Ach wissen sie, Señor Salud", sprach einer der beiden Italiener, "im Prinzip können sie ihre Maschine schon in zwei, drei Tagen zurück bekommen. Wir holen uns nur einen Götzen und verschwinden dann auf Nimmerwiedersehen."
"Das ist doch Kunstraub!", entrüstete sich Salud, obwohl er keinen blassen Schimmer hatte, um was es wirklich ging.
Er hatte das Gefühl, dass es sich hierbei um eine Maya- oder Aztekenfigur handeln musste und die ist mexikanisches Kulturgut.
"Von wegen Raub. Was meinen Sie Dottore Zanetti?", grinste der andere Italiener. "Sie sollten wissen, dass unser Duce befugt ist, jedes Kulturgut zu beschlagnahmen, wenn es dem Triumph unseres Landes dient."
"Lassen sie es gut sein, Capitano. Senior Salud sollte wissen, dass es hier um eine hölzerne Götzenfigur geht. Huitzilopochtli ist der aztekische Gott der Sonne und des Krieges. Legenden besagen, dass die Azteken stets über ihre Feinde triumphierten, solange sie diesen Gott anbeteten."
"Irrsinn", brummte Salud.
"Nein, nein. Der Duce hat große Pläne für die Zukunft, deswegen möchte er diesen Huitzilopochtligötzen nach Rom holen."
Ein Offizier und ein Archäologiedottore, dachte Salud, hier muss ich mitspielen oder ich sehe meine Henrietta nie wieder.
Er machte sich schon die tollsten Vorwürfe.
Warum um Alles auf der Welt kam er nicht von der Zockerei los?
Plata, sein Partner, schien recht zu behalten, man konnte sich auf Salud nie verlassen.
Deshalb lenkte er ein.
"Gut, Männer. Aber eine Bedingung stelle ich euch. Ich bekomme die Papiere der Maschine zurück und ich fliege euch, wohin ihr wollt. Meine Henrietta ist etwas eigensinnig. Ihr würdet mit ihr einen Absturz riskieren."
"Bedingungen?", fragte der Capitano ungläubig. "Ich werde...."
Dottore Zanetti hielt den Capitano von einer Torheit ab.
"Capitano, glauben sie Señor Salud", mahnte Zanetti. "Er ist ein tüchtiger Pilot. Er könnte uns an die Polizei verraten, in der Zwischenzeit, wo wir uns den Götzen holen. Bedenken sie die Tatsache, dass er das nicht kann, wenn er seine Maschine selber steuert."
Der Capitano sah ein, dass es jetzt auf Kooperation hinauslief.
Um den Ausgang ihrer Aktion stand es fifty fifty.
***
Bevor sie abflogen, hinterlegte Salud eine Nachricht für Plata bei Pedro.
Nur für den Fall der Fälle.
Doch es entwickelte sich in eine andere Richtung.
Menschen wie Salud kamen meist mit einem blauen Auge aus jeder misslichen Situation.
Er ahnte nämlich nicht, dass Plata und der Schweizer Archäologe Doktor Sternberg auf dem Weg nach Tula waren.
In Tula
Sie waren reichlich zweihundertfünfzig Kilometer landeinwärts geflogen.
Salut umkreiste in geringer Höhe die einstige Aztekenstadt Tula oder genauer gesagt das, was von Tula übriggeblieben war.
Auf einem Bergsporn am Rio Tula liegt die Ruinenstadt.
Unten gibt es kleine Bauwerke und die riesige Morgensternpyramide, das legendäre Bauwerk an diesem historischen Ort.
Die Italiener waren am Ziel angelangt.
"Woher wollen sie wissen, dass sie den Götzen hier auffinden werden?", fragte Salud die Beiden.
"Ein Übel der amerikanischen Medienpolitik.", grinste Dottore Zanetti. "In Italien unterliegen viele Dinge der Geheimhaltung, nachdem sie entdeckt worden sind. Das ist ein entscheidender Vorteil. Wir Wissenschaftler haben so ausreichend Zeit, Entdeckungen zu erforschen. Unsere Fachkollegen in Amerika hingegen leiden permanent unter Zugzwang und das schadet dem Fortschritt. Nicht umsonst ist unsere Nation seit dem Machtantritt Mussolinis kulturell und wirtschaftlich stetig gewachsen."
Der Italiener hatte recht.
Plötzlich verspürte Salud große Lust, dieses Italien kennenzulernen.
Doch nach diesem Abenteuer hatte er diesen Wunsch recht schnell wieder aufgegeben.
Auf einer Ebene unmittelbar in der Nähe der Ruinenstadt landete Salud seine Cessna.
***
Bei den Ruinen gruben eine Hand voll Archäologen Mauerreste frei.
"Zanetti, wir können hier wirklich keine Zeugen gebrauchen.", sprach der Capitano zum Dottore.
Der murmelte etwas dazu.
Der Capitano holte seine Dienstpistole aus dem Holster und metzelte die Archäologen eiskalt nieder.
Die Leute hatten keine Chance.
Der Dottore tobte.
"Ist dieser Typ bescheuert?", fragte Salud.
Er hatte plötzlich einen Kloß in der Kehle stecken.
Das war Mord!
Zanetti bedeutete ihm mit dem Finger am Mund an, dass er sich ruhig verhalten sollte.
Salud begriff schnell, dass der Dottore recht hatte.
Der Capitano brauchte wirklich keine Zeugen.
Nur weil er den Beiden nützlich war, lebte er noch.
Zanetti zog eine Zeitung aus seiner Jackentasche und schlug sie auf.
Schwarzweißfotos wiesen ihm den Weg zur Spitze der Pyramide.
Mühsam kletterten sie die steilen Stufen hinauf.
Oben erwartete sie ein Plateau.
Zanetti hob mit einem Kuhfuß eine Steinplatte heraus, unter der verbarg sich ein Hohlraum.
Er entnahm dem Hohlraum einen hölzernen Götzen, ein Meisterwerk präkolumbischer Handwerkskunst.
Der Archäologe war begeistert.
"Ich möchte wirklich mal wissen, welche Mittel die Indios benutzten, um das Holz so zu imprägnieren, dass der Götze zehn, elf Jahrhunderte überdauerte. Und dazu diese Farben! Die Azteken waren uns in einigen Dingen um Welten voraus."
"Kleingeistliches Geschwätz!", erwiderte der Capitano verächtlich.
"Capitano, ich habe mit ihnen die Nase gestrichen voll. Sie sind ein widerlicher Ignorant und Sadist. Durch ihre unbeherrschte Art, ist unsere Unternehmung jetzt gefährdet. Wenn die mexikanische Polizei von dem Blutbad, das sie angerichtet haben, Wind bekommt, ist unser Leben keinen Pfifferling mehr wert."
"Quatsch! Dann sind wir längst über alle Berge. Es wird auch keinen Zeugen geben."
Der Capitano sagte es in einem Ton, dass es Salud eiskalt den Rücken herunter lief.
"Nein!", wehrte Dottore Zanetti ab. "Wenn Señor Salud irgend etwas passiert, dann schieße ich sie eigenhändig nieder. Wir haben einen ordentliche Vereinbarung mit ihm geschlossen. Basta!"
"Ich habe es verstanden Dottore."
Der Capitano hielt den Beiden die Pistole vor die Nase.
"Übrigens, bin ich derjenige, der hier die Befehle erteilt. Habe ich mich da klar und deutlich ausgedrückt? Und jetzt bringen wir den Götzen zum Flugzeug."
Gut, dass die Götzenfigur relativ leicht war. Sie war nicht schwerer als ein gefüllter Wassereimer.
Trotzdem war es nicht ganz einfach für Salud, den Götzen unbeschadet ins Flugzeug zu bringen.
Die Stufen von der Plattform der Pyramide hinab, waren sehr steil und Salud hatte einige Male Probleme die Balance zu halten.
Doch am Ende schaffte er es souverän, den Götzen in der Cessna zu verstauen.
Dabei dachte Salud, egal wie das Abenteuer für ihn ausging, dem Dottore rechnete er es hoch an, dass er sich ihm gegenüber wie ein Ehrenmann verhielt.
Doch dann geschah etwas, was Salud erst sehr viel später nachvollziehen konnte.
Zanetti zog seine kleine Pistole und schoss an Saluds Kopf vorbei, jedoch so, dass die Kugel dessen Schläfe streifte.
Salud sackte bewusstlos zusammen.
Auf diese Art rettete Zanetti Saluds Leben.
Denn genau wie der Dottore es vorausahnte, kümmerte sich der Capitano nicht weiter um den Mexikaner.
"Sie hatten recht vorhin", redete Zanetti auf den Offizier ein, "wir brauchen keine Zeugen. Die Cessna bekommen sie auch allein nach Veracruz zurück, Capitano."
"Klar doch, es ist keine große Zauberei, die Maschine in die Luft zu bekommen."
Sie bestiegen das Cockpit und der Capitano machte sich daran, die Cessna zu starten.
Der Motor heulte kurz auf, doch gleich darauf hatte er die Treibstoffzufuhr unter Kontrolle.
Nach kurzer Beschleunigung erhob sich die Maschine stotternd in die Luft.
***
"Er lebt noch!"
Eine schallende Ohrfeige holte Salud in die Wirklichkeit zurück.
Plata war es, der so zuschlagen konnte und das spürte er.
Salud rollte die Augen in den Lidern hin und her, dann öffnete er sie.
Es war wirklich Plata, sein Partner und noch jemand.
Ein hagerer Bursche, um die fünfzig Jahre alt, mit markanten Zügen.
Sein Anzug war beige und auf dem Kopf trug er einen, von Motten angefressenen Filzhut.
Er hatte keine Waffen am Mann.
Aber halt, quer über den Oberkörper des Mannes trug er ein Lasso, dass er für vielerlei Verwendungsmöglichkeiten mitführte.
Das ist der Schweizer Archäologe Doktor Sternberg.", stellte der dicke Plata den Fremden vor.
Wieder ein Doktor!
"Angenehm, ich bin Salud", antwortete er.
Die Wunde an seiner Schläfe hackte bei jedem Pulsschlag.
Er hielt seine Hände schützend an die Schusswunde.
"Was ist hier passiert?", fragte Doktor Sternberg forsch.
Er hatte die toten Fachkollegen gesehen und war kopfschüttelnd zurückgekehrt.
"Was für Bestien haben so etwas angerichtet?"
"Es war ein Capitano des italienischen Militärs."
Doktor Sternberg stutzte.
Selbst Plata, der Verbandszeug aus seiner Maschine geholt hatte und seinem Partner den Kopf verband, horchte an dieser Stelle auf.
"Ja, es war ein italienischer Offizier.", bestätigte Salud nochmals.
Er ordnete einen Augenblick seine Gedanken und erzählte den Beiden das Erlebte.
Salud hatte seine Geschichte kaum beendet, da trieb Doktor Sternberg die beiden Piloten zum Aufbruch.
"Mein Herren, wenn wir die Italiener noch einholen möchten, dann sollten wir jetzt aufbrechen.", rief er aufgeregt.
Plata brummte wütend, "Ich sage es immer wieder. Saluds Sauferei treibt uns noch in den Ruin. Wenn wir wieder zu Hause sind, das verspreche ich ihm, dann haue ich ihm eine auf die Backen."
"Lass das", fauchte Salud. "Hilf mir lieber hoch."
Der Dicke sah ein, dass Salud heute kein Gegner für ihn war.
Aber eine Abreibung war nur aufgeschoben.
Plata zerrte Salud in sein Flugzeug und legte ihn auf die hintere Sitzbank.
Doktor Sternberg musste neben Plata.
"Na dann werde ich alte Dame mal anwerfen."
Bei ihm funktionierte der Start besser, als beim Capitano mit Saluds Cessna.
Das lag auch daran, dass Plata mit seiner Maschine praktisch verheiratet war.
Salud richtete sich auf und blickte durch das Fenster auf die Ruinenstadt hinunter.
Er legte seinen Vordermännern die Ellenbogen auf die Schultern und sprach bedrückt, "Ich danke euch, dass ihr im rechten Augenblick gekommen seid. Euch muss der Allmächtige geschickt haben."
"Aber nein", wehrte Sternberg ab. "Ich hatte durch Zufall ihren Partner angeheuert, dass er mich von Mexiko City bis zur Ruinenstadt fliegt. Mein Interesse galt ebenfalls den Ausgrabungen in der Ruinenstadt. "
"Wenn die Sache überstanden ist, fliege ich sie auf jeden Fall wieder hierher zurück."
"Das Angebot werde ich wohl annehmen müssen, da ich mein letztes Geld an ihren Partner gegeben hatte."
Doktor Sternberg schmunzelte.
"Das ist wieder ein klassisches Verlustgeschäft", zeterte Plata dazwischen. "Aber das geht alles von deinem Anteil ab."
***
Der Capitano landete Saluds Cessna am Meer, nahe einer Flussmündung.
Die beiden Italiener holten den Götzen aus der Maschine und legten den am Strand nieder.
"Capitano", ordnete jetzt Zanetti an, "sie passen auf den Götzen auf und ich eile zu Tenente Brosi, um die Savoia-Marchetti aus dem Busch zu holen."
Er wartete die Antwort des Capitanos nicht erst ab.
Hektisch rannte er zur Flussmündung hin.
Dort begann gleich hinter den Dünen dichtes Gestrüpp.
Der Fluss hatte sich seinen Lauf durch den Dschungel gebahnt und damit eine Schneise gebildet.
Diese Schneise war so breit, dass man genügend Platz hatte, ein Flugzeug darin zu verstecken.
Ein paar Meter noch durchs Unterholz und Zanetti sah die Maschine.
"Brosi, zum Teufel", rief er, "werfen sie den Motor an. Ich habe so ein mulmiges Gefühl im Bauch, dass es bald Ärger gibt."
Brosi hatte prompt reagiert und warf den Propeller an.
Er war wachsam und hatte dienstbeflissen die Zeit genutzt, um das Flugzeug einer Wartung zu unterziehen.
Die Savoia-Marchetti S59P war ein einmotorisches Flugzeug mit 510 PS, Baujahr 1927, konstruiert für zwei Mann Besatzung und vier Passagiere.
Das Cockpit und der Fahrgastraum war eine geschlossene Kabine.
Ihre Reisegeschwindigkeit lag bei 152 Kilometer je Stunde.
Ihre maximale Reichweite betrug bei optimalen Wetterverhältnissen etwa 900 Kilometer.
Das für diesen Einsatz modifizierte Aufklärungsflugzeug hatte zwei zusätzlich angebaute Räder für den Wasser- sowie Landeinsatz.
Ein Schmuckstück italienischer Ingenieurskunst.
Zanetti hastete die Leiter zum Einstieg hoch und setzte sich zu Brosi ins Cockpit.
"Stoppen sie vorn beim Strand. Der Capitano wartet da mit dem Götzen."
Die Savoia-Marchetti glitt auf ihren Schwimmkufen über das Wasser.
Am Strand hielt Brosi die Maschine kurz an, damit Dottore Zanetti und der Capitano den Götzen im Stauraum verstauen konnten.
Darauf nahmen die Beiden in der Maschine platz und der Flug konnte beginnen.
Doch zum Abheben kam die Savoia-Marchetti nicht.
***
Plata, das unangefochtene Flieger-Ass hatte es geschafft, die Italiener einzuholen.
Er flog mit seiner Cessna so dicht über der Savoia-Marchetti, dass diese nicht abheben konnte.
Aber lange konnte Plata dieses Flugmanöver nicht mehr durchhalten.
Die Nadel der Treibstoffanzeige ruhte kurz vor der Null.
"Ich habe da eine Idee!", meinte Doktor Sternberg, als er Platas Stirnrunzeln bemerkte.
"Was meinen sie?", fragte er. "Unser Treibstoff ist gleich verbraucht und wir werden bestenfalls auf die Italiener drauf stürzen."
"Kann ich die Tür öffnen?"
"Wenn es sein muss."
Sternberg ruckelte an der Tür. So einfach wie er es sich ausgedacht hatte, funktionierte es nicht.
Der Gegenwind drückte auf die Tür.
Indem er sein ganzes Gewicht dagegen lehnte, schaffte er es schließlich doch, dass die Tür in die Arretierung einrastete und nicht mehr zurückschlagen konnte.
Sternberg nahm das Lasso und warf es auf den Propeller der Savoia-Marchetti.
Das Seil des Lasso verfing sich im Propeller einerseits und andererseits in den Tragflächen.
Die Maschine stotterte und der Motor würgte bis zum Stillstand ab.
Die Savoia-Marchetti trieb jetzt nur noch im Meer.
"Nun gut", unkte Doktor Sternberg, "jetzt muss ich mir wohl ein neues Seil besorgen."
Er war mit dem Ausgang seine Aktion mehr als zufrieden.
"Kopf hoch Doktor, sie haben es für Mexiko getan", meine Plata trocken.
"Na klar doch! Dieses Seil hat mir schon oft das Leben gerettet."
Der Dicke konnte nicht verstehen, dass der Archäologe solch einem banalen Seil nachtrauerte.
"Tuuut", tönte es von der See her.
Ein mexikanisches Kanonenboot der Küstenwache steuerte auf die Savoia-Marchetti zu.
Jetzt war alles überstanden!
Der Götze war in Mexiko geblieben und die Italiener wurden festgenommen.
Plata drehte die Cessna ab und schaffte es sprichwörtlich mit dem letzte Tropfen Treibstoff, am Strand neben Saluds Cessna zu landen.
***
Alle Drei hatten sich einen kräftigen Schluck Tequila verdient.
Gab es da einen besseren Ort, als Pedros Bar?
Natürlich war die Wiedersehensfreude groß.
Pedro goss fleißig ein und sprach, "Übrigens das Kanonenboot hatte ich organisiert."
"Wie das?", fragten die Drei beinahe zur gleichen Zeit.
"Ich war neugierig, was Salud auf den Zettel an Plata geschrieben hatte und so habe ich eins und eins zusammengezählt."
***
Ob Salud seine angedrohte Abreibung bekommen hatte, weiß ich nicht.
Das ist eine völlig andere Geschichte.
Eins ist aber sicher, dass der Duce im fernen Rom vergeblich auf seinen Kriegsgott gewartet hatte.
***Ende***
3. Erzählung
Doktor Sternberg und der Drachentempel
China 1937
Nach einer mehrmonatigen Schiffsreise, beinahe um die halbe Welt, waren Salud und Plata im indischen Kalkutta an Land gegangen.
Von da aus reisten sie über den Landweg, über Dacca - Mandalay - Ha Noi - Hongkong nach Kanton.
Beide Mexikaner waren noch nie im Leben in China, obwohl sie schon in einigen Gebieten mit ihren Flugzeugen gelandet waren.
Sie begeisterten sich für das fernöstliche Flair, beim Kennenlernen von Land und Leuten.
Beide waren nicht sofort nach Kanton gereist, denn sie wollten bei der Gelegenheit auch ausspannen.
Urlaub machen, ehe sie die Ausgrabungsstätte besuchten, an dem Beide sicher mit Sicherheit ein neues Abenteuer erwartete.
Spannende Erlebnisse hatten unsere Helden bereits während der Anreise durch Chinas Küstenregion.
***
Das Hotel, indem sie Quartier bezogen, lag inmitten des Zentrums von Kanton.
Es war nicht gerade luxuriös, aber sauber und ihr Zimmer war urgemütlich eingerichtet.
Kanton ist eine bunte Stadt am Nordrand des Deltas am Perlfluss und gleichzeitig Hauptstadt der südchinesischen Provinz Kwantung.
Jeder ihrer Tage war ausgefüllt mit der Besichtigung irgendeiner Sehenswürdigkeit, so verging die Zeit rasend schnell.
Da gab es den großen botanischen Garten mit einer Vielzahl fremd- und inländischer Pflanzen zu bewundern sowie das Kloster Kuang Hsiao, das Kloster "Zu den sechs Feigenbäumen" mit der oktogonalen, neunstöckigen Pagode Huata und zum Schluss die Fünfstockpagode.
Völlig ausgelaugt und fußlahm zogen sie dann am letzten Tag los, um hier und dort noch ein ansprechendes Souvenir zu erstehen.
Sie hinterlegten am Morgen, bevor sie aufbrachen, noch eine Nachricht am Empfang, die ein Kurier im Verlauf des Tages an den Archäologen Doktor Sternberg weiterleiten sollte.
Am Abend, nach ihrer Rückkehr, so erhofften sie sich, würde der Schweizer Wissenschaftler die Beiden in ihrem Hotel abholen.
Salud und Plata kamen auch erst am Abend aus der Stadt zurück.
Sie waren kreuz und quer in der Innenstadt über Märkte gebummelt.
Dabei erstand jeder von ihnen einen Porzellanbuddha, einen Reisstrohhut und einige Feuerwerkskörper.
Sie dachten jetzt allen Ernstes, dass sie waschechte Chinesen wären.
Sie fanden dieses Land ansprechend, weil die Menschen mit auffallender Gelassenheit ihre Arbeiten verrichteten.
Dazu zeigten die Einheimischen ein stetes Lächeln im Antlitz.
Oh ja, daran könnte man sich gewöhnen.
Zu ihrem Glück war ihr Aufenthalt in China noch nicht beendet.
Im Hotel verkündete ihnen der Portier, dass Doktor Sternberg noch nicht eingetroffen sei.
Sie sollten sich in ihrem Zimmer noch ein wenig gedulden.
Oben im Zimmer warteten sie eine geschlagene Stunde, liefen vor Langeweile auf und ab, ehe es heftig gegen die Tür hämmerte.
Na endlich!
Aber anstatt des erwarteten Doktors, erschienen vier Kulis aus einer Wäscherei, so sagten diese jedenfalls.
Sie wollten die Wäsche vom Bett abziehen und schleppten einen über mannsgroßen Wäschekorb ins Hotelzimmer.
Jedoch verfolgten die Kulis ein ganz anderes Ziel.
Plötzlich, ganz und gar unerwartet, wurden die Freunde mit wohl gezielten Attacken auf Nervenpunkte am Kopf niedergestreckt.
Wie man Salud und Plata aus dem Hotel brachte, nahmen diese nicht mehr wahr.
Die zwei Freunde schlummerten in einer tiefen Ohnmacht und zählten bunte Sterne, die um ihre Köpfe kreisten.
Beide erwachten am kommenden Morgen aus ihrem ungewollten Tiefschlaf.
Angepisst rauften sie sich die Haare.
Ihr Kreuz schmerzte, kein Wunder, sie hatten in einem Sessel geschlafen.
"Sag mal Salud", Plata wunderte sich über die ihnen fremde Umgebung, in der er aufgewacht war, "wie in Gottes Namen kommen wir bloß hierher? Warum dröhnt und schmerzt mein Schädel so, als hätte ich eine Flasche Tequila geleert?"
"Frag mich nicht! Ich denke, dass wir Beide einen Filmriss hatten."
"Wir weilten doch zuletzt im Hotel. Dann kamen die vier Wäscheträger auf unser Zimmer."
"Ja und jetzt sind wir eben hier!"
'Wieder so eine super kluge Feststellung von Salud', dachte Plata zornig. 'Manchmal könnte ich Salud zum Himmel schnipsen, für seine blöden Antworten.'
Der Dicke quälte sich aus dem Sessel und schlich zur Tür.
"Hallooo", rief er hinaus.
Eine Weile tat sich nichts, aber dann schlurften Schritte heran.
Ein Wissenschaftler wie aus dem Bilderbuch erschien.
Er war groß und hager, mit energischen Gesichtszügen.
Seine Haare waren kurzgeschnitten.
Auf seiner Nase saß ein goldener Zwicker, der schief nach unten neigte, wegen des Gewichtes der goldenen Kette, die in der Brusttasche seiner Jacke endete.
Plata erkannte ihn sofort wieder, trat auf den Archäologen zu und schüttelte im die Hand.
"He Salud, unser Bekannter Doktor Sternberg ist hier!"
Doktor Sternberg sprach verlegen, "Ich hoffe, dass meine vier Mitarbeiter nicht zu grob zu euch waren."
"Zu grob?"
Die Beiden waren verwirrt.
"Meine Männer mussten sie aus Gründen der Geheimhaltung niederstrecken, um mögliche Spuren zu verwischen. Bei klaren Verstand hätten sie sich doch niemals in Wäschekörben aus dem Hotel transportieren lassen."
"Deswegen brummen unsere Schädel so.", schlussfolgerte Salud. "Wir glaubten schon, dass wir in einer Opiumhöhle oder in einer Schifferklause versackt wären."
"Dafür entschuldige ich mich vielmals. Leider ist Professor Wang noch nicht vom Drachentempel zurückgekehrt und so sehe ich mich beinahe gezwungen, meine Einladung abzusagen."
Unsere Freunde waren über alle Maße enttäuscht.
Plata fragte darauf hin, "Warum dann dieser geheimnisvolle Abtransport aus dem Hotel gestern?"
"Außerdem sind wir um die halbe Welt gereist, auf Grund ihrer Einladung, Doktor.", ergänzte Salud.
"Alles aus reiner Vorsicht.", erklärte Sternberg. "Ich vermute, dass die berüchtigte "Bruderschaft vom Drachen" umtriebig ist und hinter der Abwesenheit des Professors steckt."
"Erzählen sie! Wir kommen extra aus Mexiko hierher. Da dürfen wir schon ein bisschen mehr erwarten, als unverrichteter Dinge wieder abzureisen."
"Sehr gern. Als ich letztens in meiner Heimat der Schweiz weilte, hatte Professor Wang in den Bergen Bayankaraschan den mysteriösen Drachentempel entdeckt. Jahrelang verfolgte er selbst die kleinste Spur, um ihn zu finden. Oft hatte er auch seine Suche verzweifelt abgebrochen, wenn ein Hinweis ins Leere lief. Jetzt hat er den Tempel endlich gefunden. Aber leider ist der Tempel bis unter das Dach mit Gebirgsgeröll verschüttet."
"So eine Suche klingt irgendwie langweilig.", musste Salud feststellen. "Doch was hat es mit der "Bruderschaft vom Drachen" auf sich?"
"Das ist eine mafiaähnliche Bande, die an die übernatürlichen Kräfte des Drachens glaubt. Ihr Anführer, ein gewisser Herr Li Peng, beabsichtigt, indem er den Aberglauben der Bergbevölkerung ausnutzt, diese zu unterwerfen. Dabei geht es ihm nur um Reichtum."
Er machte eine kurze Pause und fuhr fort.
"Im Gegensatz zu der Bruderschaft, beabsichtigen wir, den Tempel vom Schutt zu befreien und das Bauwerk für die Nachwelt zu erhalten. Vielleicht gelingt es uns dabei, die Rätsel, um den Drachenkult zu entschlüsseln."
Die Freunde aus dem fernen Mexiko nickten sich zu.
Plata sprach zu Doktor Sternberg.
"Wir wollen sie zum Drachentempel begleiten, wenn sie unsere Gegenwart nicht stört. Sie haben durch uns auch keine zusätzlichen Belastungen zu befürchten. Wir sind ausgefuchste Männer und haben bei Gott schon so manche Gefahr gemeistert. Lieber Doktor wir unterstützen sie auch dabei, Professor Wang aufzufinden, der mit Sicherheit von der Bruderschaft gekidnappt wurde."
"Meine Herren, wenn sie mir helfen möchten, so nehme ich ihr Angebot gern an. Ich brauche nur noch einen Bergführer zu organisieren und dann könnten wir aufbrechen."
Doktor Sternberg rief nach Sao, einem der vier Diener und bat ihn eine Flasche Reisschnaps und drei Gläser zu holen.
Sie stießen auf die gemeinsame Reise an.
***
Sao hatte außerdem von Doktor Sternberg den Auftrag erhalten, für eine annehmbare Summe Bargeld einen Bergführer anzuwerben.
Aber leider war Sao eine zwielichtige Gestalt, nicht zu vergleichen mit dem Butler eines britischen Lords.
Diese Butler waren zumeist grundsolide Charaktere, loyal, die von ihrem adligen Herren wie Mitglieder der Familie betrachtet wurden.
Durch seinem Hang zum Opiumrauchen sowie seiner Spiel- und Trunksucht, hatte sich Sao in finanzielle Nöte manövriert, wodurch er sich in die Abhängigkeit der Bruderschaft gebracht hatte.
Er ging nur ein paar Gassen weiter und verschwand hinter irgendeiner Tür.
Der Diener traf sich in einem kleinen Krämerladen mit einem Mittelsmann von Li Peng, der die Rolle des Bergführers übernehmen sollte.
Dem Drachenbruder gefiel es ganz und gar nicht, dass zwei ihm unbekannte Abenteuer sich der Expedition angeschlossen hatte.
Da er jedoch keine Idee hatte, sich der Beiden zu entledigen, zog er es vor, sie vorerst zu akzeptieren.
***
Der Tempel in den Bergen
Sie waren seit einem halben Monat unterwegs und waren während dieser Zeit durch halb China gereist.
Sie hatten auf ihrem Weg endlose Ebenen, Gebirgspässe und Täler hinter sich gelassen, bis sie in das nordwestlich gelegene Bayankarachangebirge gelangten.
Gigantisch und übermächtig lag es nun vor ihnen.
Die vergletscherten Berge reflektierten das Sonnenlicht bis zu ihnen herab.
Die vier Reisenden folgten vorerst einem Flusslauf in die Höhe, änderten später jedoch ihren Kurs.
Der Trupp rastete in kleinen Dörfern oder in längst verlassenen Hütten.
In den höheren Gebirgslagen, wo die Vegetation längst aufgehört hatte und erste Eisschollen auf den Geröllhalden lagen, waren kaum noch Menschen anzutreffen.
Seltsamerweise gab es trotzdem einen ausgebauten Pfad, der noch weiter gen Himmel führte.
Unauffällig entfernte sich der Bergführer immer mehr von Doktor Sternberg und den Mexikanern.
Alle hatten ihre Reitpferde zuvor, bei der letzten Siedlung zurückgelassen, um sie vor unvermeidbaren Stürzen auf den Geröllabschnitten zu schützen.
Ein freundlicher Bergbauer hatte ihnen zugesichert, sich gut um die Tiere zu kümmern.
Der Bergführer hatte bereits einen beträchtlichen Vorsprung vor den Anderen.
Er pfiff schrill in die Luft.
Ein Schatten, oben am Hang, gut versteckt hinter Felsblöcken erwiderte das Zeichen.
Der Schattenmann hatte sich über einer Stelle postiert, unter der der Pfad rechtwinklig abbog.
An dieser Stelle war der Pfad besonders schmal.
***
Der Pfiff war das vereinbarte Zeichen.
Der Schattenmann schob den Felsblock beiseite, der polternd mit jeder Menge Geröll in die Tiefe stützte.
Der Pfad wurde dabei völlig zugeschüttet.
Der zwielichtige Bergführer schien zufrieden zu sein.
Ein unüberwindbarer Gesteinshaufen türmte sich zwischen ihm und den Anderen auf.
"Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu.", wetterte Plata, der vor der Geröllwand stand und neben sich in die Tiefe schaute. "Ich werde das Gefühl nicht los, dass uns unser Führer hier absichtlich festgesetzt hat."
"Ja, irgendjemand will uns hier aufhalten und zur Umkehr zwingen.", bestätigte Doktor Sternberg Platas Einwand.
"Da bleibt uns nichts weiter übrig", spöttelte Salud gelassen, "als uns den Weg frei zu buddeln wie ein Maulwurf. Das wird Stunden dauern, ehe der Pfad wieder passierbar ist."
In der selben Zeit, in der sie das Hindernis frei räumten, eilten die beiden Drachenbrüder in ein nahe gelegenes Hochtal.
***
Eine knappe Stunde später hatten die Drei den Pfad soweit freigeräumt, dass sie die Stelle ohne Gefahr überwinden konnten.
Sie folgten seinem Verlauf.
Dieser schlängelte sich später zwischen Felswänden hindurch, bis er ein weitläufiges Tal erreichte.
Im Zentrum des Tales gruben viele Männer, um ein altes Bauwerk, den legendären Drachentempel, freizulegen.
Die Einen schaufelten emsig und wieder andere transportierten das Geröll mittels Körbe zur Seite.
***
Die drei Verfolger konnten von der Ferne beobachten, dass die Drachenbrüder kurz davor standen, das alte Tor des Tempels zugänglich zu machen.
Nicht mehr lange und das gewaltige Bronzetor ließ sich öffnen.
Ihnen blieben vielleicht noch fünfzehn Minuten bis zu jenem Augenblick.
Sie mussten unbedingt verhindern, dass die Männer der Bruderschaft in den Tempel eindrangen.
Guter Rat war teuer!
"Was machen wir jetzt?", fragte Salud verzweifelt. "Es sieht ganz so aus, als ob die neuen Hausherren des Tempels bereits feststehen."
"Wir haben nur eine Chance", sann Doktor Sternberg nach, "ihren Aberglauben und ihre Ehrfurcht vor dem Unbekannten auszunutzen. Irgend etwas müssen wir unternehmen, was die Drachenbruderschaft in die Flucht schlägt."
"Vielleicht sollten wir ein Feuerwerk veranstalten!", meinte Plata.
Er war ein Mann ausgeklügelter Taten und hatte hier schon wieder eine Lösung inpetto.
"Genau an so etwas hatte ich auch gerade gedacht.", frohlockte der Wissenschaftler. "Doch leider haben wir keine Knallkörper im Gepäck."
"Doch, doch."
Plata grinste über beide Backen.
In seinem Reisegepäck waren etliche Feuerwerkskörper und Raketen verstaut, die er ursprünglich als Mitbringsel in Kanton gekauft hatte.
Er kramte all das hervor.
Dann kroch er im Sichtschatten von Geröll und Felsbrocken ein weiteres Stück an das Geschehen heran, die Reisegefährten folgten ihm.
Die Drei legten die Knallkörper aus und zündete die Lunten an.
Ein, zwei Minuten brannten die langen Lunten, dabei krochen die Flammen zischend auf die Ladungen zu.
Dann entlud sich das Feuerwerk mit Getöse.
Die Donnerschläge wurden vom Echo im Tal noch bis zur Unverträglichkeit verstärkt.
Bunte Sterne wirbelten durch die Luft.
Die Drachenbrüder erschraken, stellten sogleich ihre Arbeiten ein und stoben Hals über Kopf davon.
"Der Drache ist erzürnt.", schrien sie.
Genau wie es Doktor Sternberg voraussah, glaubten die Drachenbrüder an übernatürliche Erscheinungen und nahmen Reißaus.
Die Freunde hielten sich den Bauch vor Lachen, denn nur mit einem großen Bluff war der Bruderschaft beizukommen.
Es dauerte auch keine fünf Minuten und von der Meute war keiner mehr übriggeblieben.
Bis auf einen gebrechlichen alten Mann, der vor dem Tempeleingang hockte.
"Es ist unfassbar, der Drache ist erwacht.", murmelte der Alte, seine Worte immer wiederholend.
Sternberg erkannte Professor Wang und trat an ihn heran.
Zornig war er auf die Drachenbrüder, als er sah wie diese den armen Professor zugerichtet hatten.
Grüne und blaue Flecken bedeckten dessen Gesicht.
Was zum Teufel ging in dem Alten vor?
Erst seine jahrelange Suche nach dem Tempel und jetzt fügte auch er sich dem dummen Aberglauben, so wie vor ihm die Drachenbrüder.
Nur, dass es ihn schlimmer erwischt hatte, er stand unter Schock.
"Nicht weiter schlimm", wehrte Sternberg ab. "Ich bringe Wang schon wieder auf die Beine."
Er packte Wang am Kragen, holte mit der rechten Hand weit aus und versetzte dem Professor eine kräftige, schallende Ohrfeige.
Professor Wang schüttelte sich kurz, erlangte jedoch schnell wieder das volle Bewusstsein.
"Doktor Sternberg!", freute sich der Alte. "Es ist gut, dass sie hier sind und die Drachenbrüder diesem Ort verlassen haben."
Wang begrüßte auch die beiden Mexikaner und schüttelte ihnen dankbar die Hände.
***
Es wurde Zeit, in den Tempel einzutreten.
Mit viel Mühe öffneten sie das riesige Tor.
Erwartungsvoll traten Sie ins Innere, in eine gewaltige Halle, dem Hauptraum des Tempels.
Die Halle wird von mehreren Säulen gestützt, die bis zu den Dachbalken reichten.
Der Fußboden des Tempels war im Schachbrettmuster gekachelt.
An der gegenüberliegenden Wand des Tores ragte ein überdimensionale Drachenstatue in die Höhe, die aus gegossenem Bronze besteht.
Sagenhaft was Menschenhand vor Jahrhunderten vollbrachte.
Zwischen den Säulen standen weitere Nachahmungen von Tieren; Affen, Schlangen, Tiger, Ziegen u.s.w., in verneigender Haltung vor dem riesigen Drachen.
Sämtliche Figuren sind in wunderbarer Weise völlig unbeschadet geblieben.
"Ein historischer Schatz einer sehr alten Religion!", raunte Doktor Sternberg dem Professor zu.
Beide schritten ehrfürchtig vor dem uralten Mächtigen, die Halle in ihrer gesamte Länge ab.
Plata war mit Salud am Tor stehengeblieben und rief jetzt plötzlich, "Die Banditen kommen zurück."
In panischer Hektik versteckten Sie sich im Schutz der Säulen.
Sie zogen ihre Revolver.
"Lasst mich das erledigen", bat Professor Wang die Beiden, "ich weiß was zu tun ist."
Li Peng stürmte mit noch vier Leuten herein.
Er sah sich in der Halle um, entdeckte aber keine Menschenseele.
"Seht ihr es? Euer alberner Aberglaube.", herrschte er seine Männer an. "Der Drache ist starr wie ein Stein."
Dumpf gurgelte eine Stimme von der Statue her. "Glaubt ihr armseligen Narren, dass meine Macht gebannt ist und ihr den Menschen ihren Glauben an mich nehmen könnt. Außerdem wollt ihr mich für euer schändliches Treiben benutzen. Wenn ihr nicht augenblicklich aus dem Tal verschwindet, entlade ich meinen ganzen Zorn über euch schäbigen Ausgeburten."
Die Drachenbrüder kehrten vor lauter Angst um und verschwanden Hals über Kopf aus dem Tempel.
Die Wissenschaftler und die Mexikaner bogen sich lauthals vor Lachen.
Von den Männern der Bruderschaft ward von da an nichts mehr gehört.
***
In den darauf folgenden Wochen wurde der Tempel vollends ausgegraben.
Die Menschen aus den Bergdörfern halfen den Wissenschaftlern bei der Arbeit.
Der Tempel steht noch heute in voller Schönheit in den Bergen von Bayankaraschan und ist wieder ein Wallfahrtsort der Drachenjünger.
Für Plata und Salud war das Abenteuer mit dem Drachentempel an dieser Stelle abgeschlossen.
Sie machten sich auf den langen Heimweg nach Mexiko .
Mit den besten Wünschen wurden sie von Doktor Sternberg und Professor Wang verabschiedet.
Sie versicherten dem Doktor, dass sie sich zu jeder Zeit mit ihm treffen würden, falls dieser ihre Hilfe benötigte.
Sie freuten sich auf ihre geliebtes Mexiko, das Fliegen mit ihren Cessnas und auf eine Flasche Tequila.
Und der schmeckte nirgendwo besser, als in Pedros Bar.
***Ende***
4. Erzählung
Das Vermächtnis der Sternbergs
Schweiz, 1946
Hermine von Sternberg verschüttete fast den Kaffee, als die Glocke am Eingang anschlug.
Hatte Max wieder sein Schulzeug zu Hause vergessen?
"Wer zum Teufel?"
Sie warf sich den Morgenmantel über, öffnete die Haustür.
Dieser Anblick bot sich auch nicht alle Tage.
Ein Mexikaner mit großem Sombrero grinste Hermine über beide Backen an.
"Señora Sternberg? Ich bin Señor Salud."
Er übergab Hermine einen Stapel Notizbücher, obendrein ein Briefkuvert.
"Ich war jetzt bald ein Jahr unterwegs zu ihnen. Ihr Bruder, Doktor Sternberg schickt mich."
"Mein Bruder? Was macht er? Wo steckt er?"
Der Mexikaner zeigte in die Luft.
"Er und einige Deutsche sind zum Himmel geflogen. Gott sei ihnen gnädig! Das steht alles hier im Brief. Mit einer unglaublichen Höllenmaschine."
"Kommen sie doch auf einen Kaffee ins Haus", bat Hermine.
"Nein Señora, bitte keine Umstände wegen mir. Ich möchte endlich zurück nach Hause."
"Über Spanien?"
"Si Señora. Und dann über Portugal weiter nach Mexiko."
"Wo kann ich sie finden?"
"Nirgendwo. Ich bin wie der Wind, mal hier, mal da. Wenn überhaupt, finden sie mich in Pedros Bar. Dort bekommen sie den besten Tequila in ganz Mexiko."
Salud döste davon.
Hermine von Sternberg holte einen Brieföffner, nahm wieder am Küchentisch platz und studierte den Inhalt.
'Meine liebe Hermine, mein lieber Neffe Max,
vermutlich sind das meine letzten Zeilen.
Sagt den anderen Mitgliedern unserer Familie, das ich wohlauf bin.
Keiner muss sich wegen mir Sorgen machen.
Ich bin am Ziel meiner Suche angelangt.
Wir haben eine geheimnisvolle Stadt im Dschungel Amazoniens endlich entdeckt.
Vielleicht erinnert Ihr Euch an meine Erzählung von meiner Reise zur Insel der Götter?
Der Wesir übergab mir bei unserem Abschied einen rubinroten Kristall, dessen Rätsel wir hier entschlüsselt haben.
Dieser Kristall ist das Herzstück eines prähistorischen Raumschiffantriebes einer außerirdischen Spezies.
Durch ihn wird Energie kanalisiert, das die Aggregate des besagten Raumschiffes in Gang setzt.
Die geheimnisvolle Stadt wurde einst über dem Raumschiff errichtet, nach meiner Vermutung als Tarnung.
Wer die Bewohner der Stadt waren und was aus ihnen geworden ist, hatte sich uns nicht erschlossen.
Nirgends hatten wir Grabstätten oder andere Hinweise in unmittelbarer Umgebung gefunden.
Auch wenn mich die Außenwelt dafür verurteilen wird, ich hätte die ganze Expedition nicht zu Ende führen können, hätten mich nicht meine Freunde Salud und Plato sowie Deutsche Forscher unter Führung eines Majors der Wehrmacht unterstützt.
Alles sind gute Männer, auf die ich mich jeder Zeit verlassen konnte.
Doch nun ein paar Zeilen zu unserer Entdeckung.
Wie alles im Leben wollte es die Vorsehung, dass meine mexikanischen Freunde Salud und Plata von einem amerikanischen Piloten erzählt bekamen, dass er bei einem Flug über den Dschungel Amazoniens eine verborgene Stadt entdeckt hatte.
Die Beiden hakten nach (vermutlich half ihnen eine Flasche hochprozentiger Tequila dabei) bis der Amerikaner ihnen eine sehr genaue Beschreibung des Ortes gegeben hatte.
Da ich zu dieser Zeit bei Ausgrabungen in Mexiko zugegen war, suchten sie mich auf und gaben mir den entsprechenden Hinweis.
Bereits ein Vierteljahr später, hatten wir einige Vorbereitungen getroffen und sind nach Brasilien gereist.
Nach der Landung vor Ort waren wir sogleich ins Landesinnere aufgebrochen.
Eine weitere Vorsehung brachte uns mit Major von Hagen zusammen.
Diesmal hatte Salud dem Alkohol gefrönt und war mit dem Deutschen ins Gespräch gekommen.
Der Major a. D., selbst ein studierter Doktor Ingenieur auf Forschermission, hatte mich gleich ins Herz geschlossen und mir angeboten, dass er meine Unternehmung unterstützt und mich im Gegenzug begleiten würde.
Mir kam dieses Angebot recht.
Mir persönlich ist es ein Rätsel wie es der Major angestellt hatte, denn überall bei den Behörden und Menschen erfuhren wir große Unterstützung.
Am Geld allein lag es jedenfalls nicht.
Es lag wohl eher an seiner ehrlichen Ausstrahlung.
Wir kamen ziemlich zügig voran zur geheimnisvollen Stadt.
Meine Aufzeichnungen, die auf den Schilderungen des amerikanischen Piloten beruhten, halfen unserer Expedition.
Ging es mir um die Erforschung und Dokumentation der Bauwerke, interessierte die Deutschen hauptsächlich mechanische Gegenstände und prähistorische Konstruktionen.
Major von Hagen sagte mir einmal in einem Vieraugengespräch, dass es die von Gott vorgesehene Aufgabe der deutschen Völker sei, die Welt am Wesen der Deutschen genesen zu lassen.
Von Hagen war persönlich sehr traurig darüber, dass Deutschland dieses Vertrauen durch diesen Krieg momentan verspielt hatte.
Ich musste ihm versprechen, dass ich an die gute Sache glauben werde, egal was noch kommen möge.
Schließlich sicherte ich ihm meine Zusammenarbeit zu.
Wenn zu Dir liebe Hermine oder zu Max in der Zukunft Deutsche heran treten, dann unterstützt sie mit Herz und Seele.
Es werden diejenigen sein, die das Wissen bewahren, bis zu dem Tag, an dem es ans Licht der Öffentlichkeit gelangen darf.
Wir inspizierten also die Stadt von Ost nach West, von Oben bis in den Untergrund und fanden endlich, nach dem Major von Hagen seit Jahren suchte.
Ein Sternenschiff einer außerirdischen Spezies.
Wir konnten nicht bestimmen wie lange es schon hier lag.
Es war in einem Ruhezustand.
In dem Moment, da wir es betraten, erwachte es aus seinem Schlaf.
Von Hagen zeigte mir einen Generatorraum.
Auf einem Bedienpult gab es eine Öffnung, in die eine Art Schlüssel gehörte.
Während ich die Form der Öffnung betrachtete, hatte ich dann diese Eingebung.
Dieser rubinrote Kristall, den ich reichlich zwei Jahrzehnte in meiner Umhängetasche bei mir trug, passte genau in diese Öffnung.
Innerhalb weniger Sekunden schien das Raumschiff betriebsbereit zu sein.
Aggregate starteten, Kontroll-Lampen flackerten, ein sanftes Vibrieren im gesamten Schiff.
Eine Art Uhr mit stäbchenförmiger Zahlenanzeige lief rückwärts.
Irgendetwas würde in acht Stunden passieren.
Wir alle waren extrem angespannt.
Egal was geschehen würde, die Deutschen, Plata und ich waren bereit für dieses unbekannte Abenteuer.
So schreibe ich Euch schnell noch diesen Brief, den Euch Salud mein treuer Freund überbringen wird.
Außerdem die Notizbücher und die Kontaktadressen des Majors, die unbedingt zu den Eingeweihten gelangen müssen.
Salud wird Euch auch sagen, was nach den acht Stunden passiert ist.
Denkt bitte an das Versprechen und lasst es den Wesir wissen, was es mit dem Kristall auf sich hatte.
In tiefer Verbundenheit, Euer Alexander'
Gedankenverloren legte Hermine den Brief beiseite und schüttelte den Kopf.
Das was sie da gelesen hatte, war zu phantastisch um wahr zu sein.
Aber genauso hatte sie sich ihren Bruder Alexander, den sie in den letzten dreißig Jahren nur drei, viermal gesehen hatte, immer vorgestellt.
Ja, das war das wahre Leben eines Archäologen.
Nicht wie bei anderen seiner Zunft, die alte Schriften in Bibliotheken studieren und vor Studenten langweilige Vorträge halten mussten.
"Na dann gute Reise, lieber Alexander. Und mache dir keine Sorgen, ich erfülle dein Versprechen gegenüber dem Deutschen Major."
***Ende***
5. Erzählung
Das Versteck im Wald
Als Max von Sternberg aufwachte, war es stockfinster um ihn herum.
Er versuchte sich aufzurichten, setzte sich jedoch sofort wieder auf seine vier Buchstaben.
Sein Kopf dröhnte, als hätte er einen Schlag mit dem Schmiedehammer verpasst bekommen.
Alles kreiste um ihn herum.
Ihm war schlecht.
Dazu fror er wie ein junger Hund.
'Was war eigentlich geschehen?', fragte er sich.
Er fand vorerst keine Antwort.
Nachdem er noch einmal kurz weg genickt war, rappelte er sich erneut auf.
Er sah jetzt deutlich klarer.
Sternberg hatte inmitten eines Waldes auf weichem Moos gelegen.
Nur wie kam er hierher?
Er beschloss abzuwarten bis die morgendliche Dämmerung einsetzte.
Im finsteren Wald herumzuirren brachte rein gar nichts.
Er grübelte jetzt intensiv darüber nach, wie er hierherkam bzw. wer ihn im Wald abgelegt hatte.
Szenenfetzen reihten sich aneinander, erst bruchstückhaft, später ergab alles einen Sinn.
Er war auf der Suche nach dem Versteck des legendären Bernsteinzimmers gewesen.
Sein Auftraggeber war ein russischer Diplomat, der über einige Ecken mit den Romanows verwandt war.
Und dann geriet er in die Fänge eines Oberstleutnants der Staatssicherheit, denen er bei seinen Nachforschungen in die Quere kam.
***
Aber alles von vorn.
Es begann im Frühsommer 1988.
Max von Sternberg empfing in seiner Villa einen hochrangigen russischen Diplomaten, der ihn bat nach dem Verbleib des Bernsteinzimmers zu forschen.
Der Diplomat bezog sich auf Quellen des KGBs, das das Bernsteinzimmer vermutlich in einem Waldstück bei Schlema im Erzgebirge eingelagert worden war.
In den Wirren der letzten Kriegstage im Jahre 1945 wurden von hochrangigen Militärangehörigen der Wehrmacht einige handliche Einzelstücke oder Mosaiktafeln abgezweigt, die irgendwann in Kunstliebhaberkreisen wieder auftauchten.
Ab den 70iger Jahren kam die Staatssicherheit ins Spiel.
Die Mitarbeiter des MfS hatten das Versteck entdeckt.
Es war bei den Russen durchgedrungen, dass die besterhaltenen Täflungen vor Ort verblieben waren.
Beschädigte oder lose Bernsteinstücke hatte man nach Dresden in ein neues Versteck gebracht.
Der Diplomat hatte Sternberg eine handgezeichnete Karte übergeben, mit dem Standort des vermeintlichen Versteckes.
Er versicherte Sternberg, dass die Reise in die DDR und das Hotel in Dresden über diplomatische Kontakte abgesichert war.
***
Sternberg machte sich unverzüglich auf die Reise.
Im Normalfall war es für einen Schweizer Staatsangehörigen nicht einfach, sich in der DDR unbehelligt zu bewegen bzw. in einem Quartier unterzukommen, aber sein Auftraggeber hatte offenbar dafür gesorgt.
In diplomatischen Kreisen schien alles möglich zu sein.
Trotzdem hatte Sternberg immer das ungute Gefühl, dass im Verborgenen Augen auf ihm ruhten.
Das war während der Bahnfahrt so, an den Grenzübergängen, im Taxi zum Hotel und ja, auch in seinem Hotelzimmer.
Vielleicht war er auch schon schizophren.
Wer weiß das schon?
***
Max von Sternberg hatte im berühmten 'Hotel de bücke dich' eingecheckt.
In diesem kleinen Hotel war bereits Napoleon einquartiert, als er die Schlacht bei Kesselsdorf befehligte.
Da die Türen zu den Zimmern vormals sehr niedrig waren, hatte der Feldherr verkündet, dass er sich bücken musste, um in sie zu gelangen.
Daher der Name.
***
Der Begriff Hotel war hier vielleicht ein wenig übertrieben.
Es war eher ein Absteige.
Egal, alt werden wollte er hier ohnehin nicht.
Das Wichtigste war für ihn, dass sein Zimmer penibel sauber war und er Halbpension hatte.
Auf das Mittagsmahl konnte er gut verzichten.
Der Wirt war ein überfreundlicher Mann, der seinen Gast stets und ständig ausfrug, was er zu unternehmen gedachte.
Sternberg ließ sich nicht aushorchen.
"Dresdn angucken un e bissel wandrn", versuchte er zu sächseln.
Darauf lachte der Wirt kopfschüttelnd.
Die handgefertigte Karte des Diplomaten enthielt alle Koordinaten, wo Max mit der Suche beginnen sollte.
Doch darin war er als studierter Archäologe geübt.
Der Eingang zum 'Gabe-Gottes-Stollen' war nicht weit vom Hotel entfernt, etwa eineinhalb Kilometer zu Fuß.
Er huckte seinen Rucksack auf den Rücken und zog los.
Er stieg einen Wiesenhang hinab und kam an einer halb zerfallenen Bachmühle heraus.
Ab hier folgte er einem Wanderpfad, der ihn direkt an den Stollen führte.
Das Stollenmundloch war mit Beton verfüllt.
Er hatte nichts anderes erwartet.
Die Leute, die einen Teil des Bernsteinzimmers aus der Schusslinie verschwinden lassen wollten, hatten aus seiner Sicht absolut nachvollziehbar gehandelt.
Doch was nutzte ihnen ein Schatz hinter derart dicken Mauern?
Bergwerke hatten fast immer Licht- oder Luftlöcher.
Vielleicht befanden sich genau dort Lichtlöcher, wo die Kreuze in der Karte eingezeichnet waren.
Das Mundloch lag hinter einem Bächlein, der sich entlang eines Felsmassivs schlängelte.
Gegenüber des Felsmassivs waren langgezogene Wiesen.
Die Lichtlöcher mussten sich also oben auf dem Felsmassiv befinden.
Die weitere Suche hatte Max von Sternberg für den morgigen Tag eingeplant.
Er wollte auch nicht zuviel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, denn der Wanderweg, der am Mundloch vorbeiführte, war trotz eines Wochentages gut frequentiert.
***
Ein gepflegter Herr, dem mit seinem Zwergschnauzer unterwegs war, hatte Sternberg ins Visier genommen.
"Kann ich ihnen behilflich sein?", fragte er freundlich.
Sternberg musste seinen Schweizer Akzent verbergen und sprach mit dem Brandenburgischen Dialekt der Leute seines Geburtsortes.
"Ich bin Geologe und interessiere mich für die Sächsische Bergbaugeschichte. Dabei erforsche und kartographiere ich alte Stollen. Doch der "Gabe-Gottes-Stollen ist wie ich sehe verschlossen."
"Das war Ende der 70er Jahre geschehen, nachdem ein Kind im Stollen zu Tode gekommen war."
"Ist ihnen bekannt, ob der Stollen Lichtlöcher hat?"
Der Mann zögerte mit seiner Antwort.
"Nein! Glaube ich auch nicht! Soviel ich weiß, nein!"
Sternberg hatte feines Gespür dafür, wenn jemand etwas verbergen wollte.
Er war sich 100prozentig sicher, dass die in der Karte eingezeichneten Kreuze Lichtlöcher waren.
"Vielen Dank für ihre Auskunft", dankte er dem Herren und verließ die Stelle.
'Der wusste bestimmt etwas', vermutete Sternberg.
Warum sollte der Diplomat ihm eine ungenaue oder falsche Karte ausgehändigt haben.
Der morgige Tag würde ihm Klarheit bringen.
Mann und Zwergschnauzer schauten Sternberg noch eine Weile nach.
***
Im Hotel angekommen schrieb er jedes Detail penibel genau in sein Notizbuch.
***
Max von Sternberg stand am nächsten Morgen schon sehr zeitig auf.
Hastig frühstückte er im Hotel, packte anschließend seinen Rucksack und zog los.
Er hatte an alles gedacht, die Karte, einen Kompass, sein Kletterseil, eine Armeetaschenlampe mit Farbfiltern und seinen Wanderstock.
Er nahm diesmal den Wanderpfad, der sich oberhalb des Felsenkamms entlang zog.
Das gesamte Gebiet war mit Laubbäumen bestanden.
Dann ragte inmitten der Bäume eine lange einzelne Fichte empor.
Hier musste sich irgendwo das Lichtloch befinden.
Mit seinem Stock stocherte er den Boden im Umkreis der Fichte ab.
Plötzlich ein dumpfer Ton, als würde Holz auf Holz schlagen, dass dahinter einen Hohlraum verbarg.
Mit bloßen Händen scharrte er verrottetes Laub, Moos und Erde beiseite.
Eine massive Abdeckplatte kam zum Vorschein, die er öffnete.
Irgendwo hinter ihm knackten Äste.
Sicher waren das Spaziergänger, die unweit vorbei liefen.
Doch das Unterholz verhinderte, dass Lichtloch vom Weg einzusehen war.
Mit seiner Taschenlampe leuchte er in das Loch.
Kälte schlug ihm entgegen.
Er befestigte das Seil an der Fichte und seilte sich ca. zwei Meter ab, bis seine Füße Untergrund erspürten.
Der Gang führte vom Lichtloch tief in den Stollen hinunter.
Er kam gut vorwärts, erreichte einen größeren Raum, in dessen Zentrum das Wasser eines künstlichen Sees das Licht der Taschenlampe reflektierte.
In einem, der in den Felsen getriebenes Löcher stapelten sich olivgrüne Blechkisten mit der Aufschrift "GEFAHRGUT - NICHT FALLEN LASSEN!".
Darunter SS-Runen.
Er öffnete eine Kiste, langte hinein und brachte modrige Holzreste und flache Bernsteinstücke hervor.
Plötzlich Schritte!
Sternberg erschrak.
Zwei Männer tauchten aus dem Dunklen auf.
Ein Offizier und dahinter ein Zivilist, dessen Gesicht noch nicht gleich zu erkennen war.
"Hände hoch", befahl der Offizier, seine Makarov auf Sternbergs Brust gerichtet. "Was machen sie hier?"
Jetzt trat auch sein Begleiter herzu.
Es war derjenige Herr, der gestern mit seinem Zwergschnauzer unterwegs war.
"Ich bin auf der Suche nach dem Bernsteinzimmer", antwortete Sternberg und reichte dem Offizier die Bernsteinstücke hin.
"Herr von Sternberg, das wissen wir bereits", feixte der Offizier hämisch.
'Max, du bist in der DDR', dachte Sternberg. 'Da hat jeder Stein verborgene Augen und Ohren.'
"Wir wissen auch, dass sie im Auftrag der Romanows unterwegs sind."
"Da brauchen wir ja erst gar nicht Höflichkeitsfloskeln austauschen", kicherte Sternberg vor sich hin. "Doch dürfte ich jetzt wissen, mit wem ich es hier zu tun habe?"
"Oh, Entschuldigung. Ich bin Oberstleutnant Knauer vom MfS. Ich schütze Kunst- und Kulturgüter vor neugierigen Augen."
"Gestatten sie mir eine Frage, Herr Oberstleutnant? Warum geben sie das Bernsteinzimmer (Er zeigte auf die Kisten.) nicht an die Sowjetunion zurück?"
"Herr von Sternberg, wissen sie eigentlich, was die Sowjets von der DDR für Reparationsleistungen erhalten haben und noch erhalten?"
"Woher denn?"
"Ja, woher denn auch."
Knauer schwieg einen Moment, ehe er mit seinen Ausführungen fortfuhr.
"Wir in der DDR hatten nie das Privileg von einem Marshallplan zu profitieren. Wie die BRD. Nach dem Krieg nahmen die Sowjets aus dem Osten alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Was nicht dem Bombenterror der Amis zum Opfer gefallen war, haben sie mitgenommen. Die Sowjets hatten es sogar fertiggebracht, ganze Bahnstrecken zu demontieren. Sternberg, wir haben den noch gut erhalten Hauptteil des Bernsteinzimmers sicher verwahrt. Um ehrlich zu sein, wir haben gar kein Interesse daran, dass es nach Leningrad in den Katharinenpalast überführt wird. Die DDR braucht dringend Devisen, um das Leben für unsere Bürger attraktiver zu gestalten. Und die bekommen wir über Kunstliebhaber im Westen und bei den Amis. Wenn es um Geld geht, da werden sich alle Seiten schnell einig."
"Das ist doch ein Frevel, den sie da mit den Kunstschätzen begehen."
Der Oberstleutnant lachte auf.
"Die Sowjets fertigen bereits seit 1976 ein Duplikat des historischen Bernsteinzimmers an, dass sich an alten Fotos orientiert. Denken sie ernsthaft, dass wenn das fertig ist, noch ein Hahn nach dem Original kräht?"
Knauer schüttelte den Kopf.
"Vielleicht ja doch!"
"Sternberg sie sind naiv! In dem Teil des Bernsteinzimmers, den sie hier in diesen Kisten finden, sind nur noch die losen Überreste. Die Täflungen, auf denen sie sich eins befanden, sind längst verrottet. Sie wurden wahrscheinlich von den Mannschaften, die sie aus Königsberg abtransportiert hatten, falsch eingelagert. Was davon noch zu gebrauchen war, haben wir restauriert und gegen harte DM verkauft. Die losen Steine werden zu Schmuck verarbeitet und ebenfalls unter die Leute gebracht. Sternberg, bitte lassen sie es gut sein und melden sie ihrem Auftraggeber, dass ihre Suche erfolglos war. Wir lassen sie im Gegenzug unbehelligt von Dannen ziehen."
"Das muss ich mir noch reichlich überlegen", knurrte Max von Sternberg.
"Bei ihrer Entscheidungsfindung kann ich ihnen gern behilflich sein."
Ungeduldig holte der Oberstleutnant den Arm mit der Makarov aus und schlug mit dem Pistolenschaft gegen Sternbergs Schläfe.
Der Getroffene sackte ohnmächtig zusammen.
***
Zwei grelle Lichtkegel blendeten Sternberg.
Er hatte nicht bemerkt, dass sich zwei Uniformierte lautlos angeschlichen hatten.
"Grenztruppen der DDR, ich bin Unteroffizier Weber", sprach's plötzlich.
"Was tun sie hier?"
Sternberg zuckte zusammen.
"Ma...Max...vo...von...Ster...Sternberg", stammelte er, fing sich jedoch schnell. "Schweizer Staatsangehöriger. Wie ich hierherkomme, weiß ich selbst nicht so genau."
Der zweite Grenzsoldat zerrte Sternberg grob hoch.
Mit ihren Handlampen suchten sie die unmittelbare Umgebung ab, fanden Sternbergs Koffer und den Wanderrucksack.
"Wir verhaften sie wegen des Verdachtes eines illegalen Grenzübertrittes und bringen sie in unsere Dienststelle."
Der Aufenthalt in der Kaserne der Grenztruppen dauerte nicht lange.
Nachdem Sternbergs Identität geklärt war, wurde er zum Grenzübergang gefahren und ins Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland entlassen.
Weber murmelte leise, nachdem er Sternbergs Gepäck vom Jeep abgeladen hatte, "Sternberg, sie müssen sehr einflussreiche Freunde haben. Die meisten Menschen, die wir an der Grenze aufgabeln, durchlaufen viele Jahre die Hölle auf Erden, ehe sie in den Westen abgeschoben werden."
Dann fuhr Weber mit dem Jeep davon.
***
2010
Sternberg durchforstete die neuesten Meldungen aus dem Weltnetz auf seinem Tablett.
"JUWELIERFAMILIE HAT JAHRZEHNTE HISTORISCHE BERNSTEINE VERARBEITET", ploppte die Schlagzeile in der Online-Ausgabe der Sächsischen Zeitung auf.
Max von Sternberg prustete den Kaffee über den Frühstückstisch.
Es war nicht der Text, der ihn überrascht hatte, es war das alte Foto im besagten Artikel, von dem Mann, der ihn in die Fänge des Stasioffiziers spielte.
Er war der vermeintliche "Einheimische" mit dem Zwergschnauzer, der Sternberg am Mundloch des Bergwerkes angesprochen und ihn tags darauf mit dem Stasioberst im Stollen überrascht hatte.
Dieser Mann, so der Artikel, hatte im Auftrag staatlicher Devisenbeschaffer Bernsteinstücke zu Schmuck verarbeitet, die im Westen rege nachgefragt wurden.
Aus offengelegten Stasiakten ging hervor, dass der Bernstein vom verschollenen Bernsteinzimmer her stammte.
Im Zuge der Akteneinsichtnahme durch die Staatsanwaltschaft flog der Juwelier auf, der bis zu seiner Festnahme diese alten Schmuckstücke umarbeitete.
***Ende***
6. Erzählung
Max von Sternberg und der 2te Wächter
Um ehrlich zu sein, passte es mir überhaupt nicht in den Kram, dass dieser Notarbrief auf meinem Küchentisch lag.
Mein Onkel mütterlicherseits hatte seinen letzten Weg angetreten und ich wurde als alleiniger Erbe auserkoren.
Was bedeutete das für mich?
Ein uraltes Siedlungshaus entrümpeln, einigermaßen herrichten, um es noch für einen vernünftigen Preis verticken zu können.
Ich wusste so gut wie nichts über Onkel Otto.
Das letzte Mal war ich mit meiner Oma, als junger Mann Anfang der neunziger Jahre bei ihm zu Besuch.
Da war er noch gar nicht so alt.
Er hatte damals ungefähr das Alter wie ich heute, Mitte Fünfzig.
Zu Lebzeiten hatte er, so war es jedenfalls mein Eindruck gewesen, keine Reichtümer angehäuft.
Es gab im Haus eine Küche, die gute Stube, ein Schlafzimmer, das Waschhaus mit Plumpsklo und einen Stall.
Alles war spartanisch eingerichtet auf 80 Quadratmeter.
Otto war Bauer mit Leib und Seele, hatte damals ein Schwein, Karnickel, Gänse und einen riesigen Garten.
***
Ich fuhr also in sein 120-Seelen-Dorf ins Brandenburgische.
Kein Mensch war auf der Straße.
Es gab in dem Nest verlassene LPG-Anlagen, einen Teich der staatlichen Fischereiwirtschaft, eine barocke Kirche und eine Schlossruine mit Rittergut.
Ottos Haus fand ich gar nicht gleich auf Anhieb und so musste ich einige Ehrenrunden im Dorf drehen.
Das Navi behauptete aber felsenfest, "Sie haben ihr Ziel erreicht."
Ich stieg aus meinem Nemo aus und setzte die Suche zu Fuß fort.
Hinter einer unscheinbaren Durchfahrt zwischen zwei ehemaligen Rinderställen befanden sich einige Grundstücke mit Einfamilienhäusern, die in den frühen Jahren der DDR gebaut wurden waren.
Ich schloss das Haus auf, ein muffiger Gestank schlug mir entgegen.
Wer weiß wie lange hier keiner mehr drin war.
Nachdem ich alle Fenster geöffnet hatte, begann ich mit der Sichtung der Hinterlassenschaft.
Alles, wirklich alles war auf einem Stand der frühen fünfziger Jahre.
Otto hatte auch nichts weiter an persönlichen Wertgegenständen, außer einer Glashütte-Uhr und die Hochzeitsringe von seiner ersten Ehe.
Ansonsten hatte er einen guten Anzug, ein Paar italienische Designerschuhe und Arbeitswäsche für jedes Wetter.
***
Noch am gleichen Abend fuhr ich zurück nach Hause.
***
Ich hatte mir eine Holzkiste mit vergilbten Fotos, Tagebüchern, Briefen und Zeichnungen mitgenommen.
Da im GEZ-finanzierten Fernsehen erwartungsgemäß nur Müll flimmerte, hatte ich genügend Zeit, um mir den Inhalt der Kiste anzuschauen.
Mir fielen handgemalte Grundrisse des Rittergutes sowie des Schlosses ins Auge, letzteren nahm ich mir genauer unter die Lupe.
Dabei handelte sich um das Kellergewölbe der Schlossruine.
Hinter dem Kohlenkeller musste sich ein kleiner Raum befinden, der laut Zeichnung zugemauert war.
Dieser verschlossene Raum war mit einem blauen X markiert.
Was hier wohl verborgen war?
In meinem Kopf ratterte es und ich malte mir allerlei wilde Spekulationen aus.
Außerdem fiel mir Ottos Tagebuch aus den Jahren 1944/ 45 in die Hände.
Das war jetzt doch interessant!
Hier einige Auszüge daraus:
Max von Sternberg (der Sohn des Schlossbesitzers) zeigte mir einen Tunnel, der vom Schloss bis zum Wäldchen führte, das an unseren Garten grenzte.
Max sagte mir, dass sein Urur...großvater den Tunnel während des dreißigjährigen Krieges graben ließ, um in größter Not fliehen zu können.
Heute verabschiedete ich mich von Max.
Seine Familie wollte unser Dorf noch vor dem drohenden Einmarsch der Roten Armee verlassen.
Ihr Ziel war die Schweiz.
Auf meine Frage, ob er bald zurückkehren würde, antwortete er, 'Vielleicht, wenn der Krieg einmal vorbei ist.'
Heute kam ein Transporter der Wehrmacht im Dorf an.
Hektisch luden die Soldaten Kisten ab und brachten sie ins Schloss.
Es wurde tagelang im Schloss gewerkelt.
Ich hatte nicht schlecht gestaunt, dass die Soldaten wieder verschwunden waren, als hätte sie der Erdboden verschluckt.
Das Schloss ist verriegelt und verrammelt.
Auch der Tunnelausgang am Waldrand ist mit großen Gesteinsbrocken zugeschüttet.
Seiten weiter:
Die Russen sind jetzt in unserem Dorf.
Ein Major wohnt im Schloss und seine Soldaten in den Gesindehäusern.
Der Krieg, so sagen die Russen, ist vorbei.
Mutter arbeitet als Köchin bei ihnen.
***
Aus den Aufzeichnungen reimte ich mir meinen Teil zurecht.
Was ist, wenn die deutschen Soldaten Kriegsbeute im Schloss versteckt hatten?
Das musste ich unbedingt erkunden.
Für die nächsten Wochen hatte ich mir Urlaub genommen, um Ottos Haus zu entrümpeln.
Dazu hatte ich extra einen Container bestellt.
Außerdem hatte ich einen Termin mit einer Maklerin zwecks Hausbesichtigung vereinbart.
***
Wenn in einem Dorf ein neues Gesicht auftaucht, dann hast du stets das Gefühl, dass alle Augenpaare auf Dir ruhen.
Anfangs tuschelte man, ob der Neue wohl, gemeint war natürlich ich, sich im Ort dauerhaft niederlässt.
Immerhin war ich jetzt schon einige Wochen präsent.
Im Vorfeld hatte ich mich erst einmal nicht mehr um Aufträge für meinen Einmannbetrieb bemüht, weil ich Ottos Haus so herrichten wollte, dass ich es nicht für ein Äppel und ein Ei verkaufen musste.
Zwischenzeitlich sah die Hütte richtig schmuck aus.
Die Maklerin hatte mir da einige gute Tipps gegeben.
Und nicht nur das!
***
Ich war mir sicher, dass jemand mein Treiben ganz intensiv beobachtete.
Da gab es immer mal wieder reflektierende Strahlen wie von einem Fernglas erzeugt oder einen Schatten, der blitzschnell hinter den Büschen verschwand, wenn ich nur in die Richtung schaute.
Vielleicht war ich auch schon schizophren.
***
Irgendwann war ich auch mal zur Ruine gegangen, besser gesagt in das Kellergewölbe hinabgestiegen.
Ich wollte die Ecke erkunden, wo der Tunnel herauskommen musste.
Wie ich es bereits vermutet hatte, war eine zweite Wand davor gemauert wurden.
Sehr professionell, denn ein ungeschultes Auge hätte die Veränderung nicht so ohne weiteres erkennen können.
Wenn ich heraus bekommen wollte, welches Geheimnis sich hinter der Wand verbarg, musste ich den Tunnel vom Waldrand her freilegen.
Als ich die Ruine verlassen wollte, hörte ich oben Schritte, traf aber wieder keine Menschenseele an.
Sicher bildete ich mir das alles wieder nur ein.
***
In der abendlichen Dämmerung machte ich mich daran, den alten Tunnelzugang freizulegen.
Dabei war ich so in die Arbeit vertieft, dass ich nicht bemerkte, dass sich jemand von hinten an mich herangeschlichen hatte.
Erst als es laut klickte, zuckte ich zusammen und drehte mich um.
Ein älterer Herr im Jägeranzug und Schiebermütze auf dem Kopf stand vor mir.
In seiner Hand hielt er einen Colt, den er auf mich gerichtet hatte.
Instinktiv hob ich beide Hände.
"Ich will ihnen nichts böses", begann er gleich, "aber ich denke, dass sie nicht das finden werden, was sie zu finden erhoffen."
"Einen Schatz?", rutschte es mir heraus.
"Schütten sie bitte das Loch wieder zu oder ich überlege es mir doch noch anders."
Mist, die ganze Schufterei für die Katz.
Ich verfüllte das Loch wie geheißen.
Den Kerl musste ich loswerden.
Meine Kampfkunsterfahrung nutzte mir hier gar nichts, denn ich fand keine Möglichkeit, den Alten außer Gefecht zu setzen, ohne selbst eine Kugel in den Bauch zu kassieren.
Nachdem ich fertig war, steckte er die Waffe in die Jacke.
"Kommen sie bitte mit.", befahl er forsch.
Wir gingen zum Rittergut, besser gesagt in das Gesindehaus.
Zu meinem Erstaunen war dieses komfortabel wie eine Villa eingerichtet.
Er wies mir einen Platz im Arbeitszimmer zu und holte eine Thermoskanne mit Tee sowie zwei Tassen aus der Küche.
"Herr Georgi, sie heißen doch so oder?"
Ich nickte.
Woher wusste er, wer ich bin?
Dorf eben, da spricht sich alles herum.
Was hatte ich auch anderes erwartet?
"Entschuldigen sie bitte, dass ich sie mit der Waffe bedroht habe.
Ich versichere ihnen, dass ich niemals auf sie geschossen hätte.
Ich bin Max, Freiherr von Sternberg.
Mir gehört das Anwesen und ich wache über das Schloss."
Ich wache über das Schloss, schien mir eine seltsame Formulierung zu sein.
Abwarten, was der Alte mir jetzt offenbart.
"Sie und das wusste ich von ihrem Onkel Otto sind ein recht pfiffiges Kerlchen.
Es stand zu befürchten, dass sie, wenn sie an die Unterlagen ihres Onkels gelangen würden, eins und eins zusammen rechnen und unserem Geheimnis auf die Schliche kommen.
Eins im Vorab, es ist im Schloss ein Schatz versteckt.
Aber keinen Schatz wie sie ihn sich vorstellen, aus silbernen Besteck, Gold und Edelsteinen.
Nein, es ist Wissen!"
"Wissen?", fragte ich. "Das versteckt man doch nicht. Wissen muss der Menschheit dienen."
Er lachte.
"Herr Georgi, das haben sie schön gesagt. Und sie haben damit auch recht. Sie vergaßen nur dazu zu sagen, einer freien Menschheit."
"Sind wir denn keine freien Menschen?"
"Die einzige Freiheit der Menschen besteht zur Zeit darin, eine freie Entscheidung zu treffen, dem Mammon zu dienen und sich damit freiwillig zu versklaven oder fernab von jeder Zivilisation in einer Einöde ein karges Leben zu fristen."
"Mmh!", knurrte ich. "Da haben sie vermutlich recht."
"Im Verlauf der letzten zweitausend Jahre haben verborgene Kräfte ein perfektes System installiert, um alle Menschen freiwillig als Sklaven dienen zu lassen.
Das geschieht in unserer Zeit durch das Einreden von Schuld, dem Erzeugen von Mangel, beim Bedarf an Energie und zukünftig vielleicht auch beim Trinkwasser.
Gerade letzteres sollte doch der Menschheit frei zur Verfügung stehen.
Aber gerade mit Energie verdienen sich ein paar Wenige eine goldene Nase.
Diese Herrschaften sind auch nicht gewillt, ihre sprudelnden Geldquellen aufzugeben.
Glauben sie mir, Herr Georgi, um wieder auf das Wissen zurückzukommen.
In der Ära des dritten Reiches gab es genügend fortschrittliche Köpfe, die die Zeit nach dem Krieg im Auge behielten.
Sie hatten an der Nutzung freier Energien geforscht und alles Wissen zusammengefasst, dass es unserem Land ab einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung steht.
Ich rede da von Technologien beruhend auf den Erkenntnissen von Nikola Tesla, der Forschung zum Thema Nullpunktenergie oder die Nutzung der kalten Fusion.
Leider ist der 2te Weltkrieg bis zum heutigen Tag nicht beendet.
Der Einfluss der verborgenen Kräfte dauert unverändert an."
Er holte tief Luft und sprach sogleich weiter.
"Nun aber auch mal eine gute Nachricht. Es existiert auch eine lichte Seite."
"Also befinden sich hinter dem Tunnel nichts als Akten?"
"Wenn sie so wollen, ja.
Es sind Bau- und Konstruktionspläne aller Art für die Gewinnung und Nutzung freier Energien, die sich auf Fotorollen befinden.
Unseren nachfolgenden Generationen steht wahrlich ein goldenes Zeitalter bevor.
Wenn eines Tages die deutschen Völker aus ihrem hundertjährigen Dauerschlaf aufwachen und ihre spirituelle sowie technologische Verantwortung gegenüber der Menschheit wahrnehmen, dann dürfen sie, Herr Georgi oder auch ihr Nachfolger, das gesamte Archiv der Öffentlichkeit übergeben.
Sie haben doch sicher schon den Ausspruch: 'Am Deutschen Wesen soll die Welt genesen!' gehört?
Denken sie bitte mal über diese Aussage nach!"
"Herr von Sternberg, was soll ich ihrer Meinung nach jetzt tun?"
"Ganz einfach, Verantwortung übernehmen.
Ich denke, dass es in den nächsten zwanzig Jahren Veränderungen auf der Erde geben wird, die die Menschheit in eine neue Epoche führen wird.
Prophezeiungen sprechen vom 1000jährigen Friedensreich Gottes.
Ich werde dann Geschichte sein, aber sie, Herr Georgi können bis dahin als Wächter (dabei lachte er) den Schatz im Auge behalten.
Wenn die Zeit des Wandels gekommen ist, werden die Wissenden an sie herantreten und erst dann darf der Tunnelausgang geöffnet werden."
Ich musste mich sammeln.
War das eine Verschwörungstheorie?
Meiner Meinung nach nein.
Der Freiherr brachte seine Ausführungen so ruhig und überzeugend rüber, dass meine innere Stimme zu mir sagte, 'Vertraue ihm!'
"Reden sie mit ihrer Frau.
Wenn sie wollen, können sie bereits ab dem nächsten Monat Verwalter über das Rittergut sein.
An Geld soll es nicht fehlen.
Meine Familie hat alles organisiert.
Sie werden nach ihrem Onkel der 2te Wächter sein.
Und falls sie nicht an dieser Aufgabe interessiert sind, dann erwarte ich von ihnen gegen eine ordentliche Abstandszahlung absolute Diskretion.
Ihr Onkel war sich jedoch sicher, dass man sich auf sie 100prozentig verlassen kann.
Ich denke, dass sie ihn nicht enttäuschen werden."
***
Was gab es sonst noch zu erzählen?
Meine Frau, mein Sohn und ich hatten uns schnell entschieden.
Noch vor Ende des Jahres zogen wir ins Brandenburgische.
Freiherr von Sternberg ging wieder in die Schweiz zurück.
Wie versprochen, standen uns reichlich finanzielle Mittel zur Verfügung, um das Rittergut zu verschönern.
Das Schloss sollte, so war mein Zukunftsplan, ein Hort der Wissenschaften werden. Doch bis dahin war es noch ein weiter Weg.
Hin und wieder kamen wildfremde Leute zu uns, gesellschaftlich vom Stand Sternbergs, gut gebildet oder Nachfahren von Rittern wie sie behaupteten.
Wir wussten dann ganz genau, dass es die Wissenden waren, die uns ihrerseits im Auge behielten.
***Ende***
(C) Jens Richter