Veröffentlicht: 30.03.2025. Rubrik: Persönliches
Salina
Salina rauf und runter stolzierte, hoch erhobenen Hauptes. Ihre Jugendlichkeit war aus ihrem Gesicht entwichen, unter ihrem Tigerhut, aus dem ihre blonden Haare hervorschauten. Ein weißes Fransen-Jäckchen drauf, fein gekleidet, wie sie annahm. Sie war eine eingebildete „Tussi“, das sah man ihr gleich an. Auf der Platte ging sie rauf und runter – die hatte auch mal besser ausgesehen.
Salina hatte 10 Milliarden irgendwo vergraben, aber wo, wusste sie nicht mehr. ‘Wo waren die Scheinchen abgeblieben?’ Es war schon über 30 Jahre her, dass sie es vergraben hatte, aber den Platz wusste sie nicht mehr. Beim Nikelberg oben hatte sie ein Karottenfeld angelegt. Waren die Scheinchen wahrscheinlich schon vermodert?
Stinkreich! dachte sie, denn die Doller-Scheinchen müssten doch jetzt mehr wert sein. Immer wieder ging Salina es gedanklich durch: Schublade um Schublade, auch durch die hintersten Spinnwebenecken ihres Gehirns – aber nichts. NICHTS!
‘Jetzt ist aber Schluss mit der Grübelei!’ Den Weg zum Berg muss man sich schon gönnen, zum Nikelberg hochgestiegen, die ganzen Treppen bis zur ersten Ebene, alles grün und voller Bäume.
‘Das kann doch gar nicht sein. Wo könnte nur die Stelle sein?’
Abgelenkt - erkannte sie den uralten Eichenbaum mit dem riesengroßen Astloch, fast so groß wie ein Mensch. Als Kinder hatten sie da oft gespielt. Neugierig, mit Schmetterlingen im Bauch, stand Salina im Astlochraum, dunkel wars noch einen Schritt hinein. ‘Was? Da geht es noch weiter? Vielleicht dort war ihr Versteck?’ Weiter ins Dunkle hinein.
Eine Kerze herangeflogen kam, mit Lichteschein direkt in Ihre Hand hinein. ‘Das muss ein Traum sein’, dachte Salina. Sie folgte den Windungen weiter. Ast- und Steingebilde waren schemenhaft zu erkennen.‘Blh… i…’ Ein Spinnennest direkt ins Gesicht! So ein murmeliges Gefühl bekeitete sie. Lang und fast unendlich schien der tunnelartige Gang. Hier und da waren Ausbuchtungen zu erkennen. Akribisch suchte sie alles ab, nach den Scheinen der Begierde.
Ihre Gehirnzellen angestrengt, durchsuchte sie ihre Schubladen, sogar die kleinsten Winkel.
‘Wo könnte sie damals den ganzen -Patzen- nur vergraben haben?’
Ein Lichtschein war zu erkennen, dem sie folgte. Am Ende eine Stahltreppe hinaufstieg, durch einen viereckigen Betonschacht. Salina hatte es geschafft. Sie stieg die Treppe hinunter. Von hier aus konnte sie die Nische sehen, die durch den Bau der Treppe versperrt war. Dort stand ein Einkaufwagen, Decken… Da war ihr Schatz – ihr Spiegel.
Der Dollerspiegel!
Der aussah wie ein riesiger Dollerschein, den sie vor 30 Jahren dort hinhängte. Sie sieht sich im Spiegelbild, rückt ihren Hut zurecht und erkennt: „Ich bin es, die ich die ganzen Jahre gesucht habe!“
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Salina hatte es sofort erkannt. Es war ihr Schlafplatz bei der U-Bahn.
‘Daheim ist daheim, da ist es doch am schönsten,’ dachte sich Salina und legte ein Tänzchen hin, dass es in der Blechdose Klimpern - Klingel soll, bis es voll wird.

