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geschrieben 2024 von Jürgen Berus (Jürgen Berus).
Veröffentlicht: 10.09.2024. Rubrik: Nachdenkliches


Krieg Dich selbst

Die Sonne stieg langsam am Horizont empor und nach den Temperaturen zu urteilen, mochte dieser Abschnitt des Tages herrlich beginnen. Wenn man langsam den Weg vorm Haus entlang schlenderte und in völliger Ruhelosigkeit sein Gehör spitzte, konnte man die leisen Gespräche der unsichtbaren Bewohner des Waldes hören.
Doch je weiter man den Weg entlang lief und die Stadt näher kommen sah, entdeckte man einzelne kaputte Häuser und Straßen. Dies wiederholte sich im verstärkten Maße, je näher das Zentrum ins Blickfeld kam.
Eine unheimliche Stille durchzog nun das Land. Wo vorher noch das vereinzelte Zwitschern zu hören war, konnte jetzt die Lautlosigkeit das Gemüt beunruhigen.
Viele Städte lagen bereits in Schutt und Asche und die Leichen säumten die Gräben. Der Geruch, der die Stadt umsäumte, hatte nichts mehr mit dem alten Verkehrsduft zu tun. Es roch verstärkt nach Blut und Verwesung.
Alles war im Moment auf Vernichtung, Tod und Verlust ausgerichtet und die Menschen wünschten sich sehnlichst den Frieden herbei.
Zu einer Zeit, als Frieden in der Welt nur Zukunftsphantasien waren, entschloss sich das Volk zur Gegenwehr. Es mochte nicht mehr im Kreuzfeuer von machtgeilen alten Herren stehen.
Längst war das „normale gemeine“ Volk weltweit vernetzt und dieser Krieg hatte somit eine andere Zeitqualität als wie der erste und der zweite Weltkrieg.
Gerade weil dieser Krieg schon fast sechs Jahre andauerte, hatte sich das Volk über die sozialen Medien verbunden. Um aber nicht von patriotischen Strömungen der Regierungen entdeckt zu werden, wurden bereits seit längerer Zeit viele versteckte Kommunikationsforen und –Möglichkeiten erfunden und ausgebaut. Durch diese neue Technik konnten sie schon etwas bewegen.
Das „normale Volk“ liebte den Frieden über alles. Es wollte nur ganz normal existieren. Leben in einer schönen Heimstatt. Dazu gehörte eine gut bezahlte Arbeit, die Freude machte und dazu das Geld, um im Urlaub fahren zu können. Darüber hinaus war für die meisten die Familie das Wichtigste. Damit waren sie zufrieden.
Das war das Volk und es waren über fünfundneunzig Prozent der Menschheit. Auch quasi in religionsbasierten Ländern. Sie waren weder rechts noch links, noch hatte jemand von ihnen terroristische oder religiöse Ziele.
Ohne das Volk würde die Wirtschaft stillstehen und nichts würde funktionieren, denn das Volk war in jedem Bereich zu Hause. Was aber den Krieg so volksfern machte, war so menschenverachtend wie nichts anderes in dieser Welt. Das Volk wurde nicht gefragt und einfach vor vollendeten Tatsachen gestellt. Es wurde zum Kanonenfutter degradiert, um die Ziele einiger weniger zu befrieden. Dazu kam noch das menschliche und finanzielle Leid der Menschen.
Am Anfang war es nur einer, der diese Idee zur Kriegsbewältigung hatte und für gut befand. Nach und nach kamen immer mehr dazu, bis irgendwann das gesamte Volk diesen Einfall für gut befand.
In einer heißen Diskussionsrunde, die in einem gut besuchten Forum stattfand, war die letzte Aussage die Folgende: „Sollen sich doch die Präsidenten selbst in einer Arena bekämpfen. Dann wären die vielen verlorenen Menschenleben gerettet und die ganze Vernichtung wäre dann nur ein kleines Schauspiel in geordneter Manier.“
Diese Aussage hatte es in sich. In den folgenden Tagen und Wochen wurde dieser Satz so oft weitergeleitet und geteilt, dass er schon fast zum Tagesgespräch in diversen Foren wurde.
Das Volk hatte in den vielen Jahren des Krieges dazugelernt. Sie wussten, das sie die Macht in ihren Händen hielten und dass die „Mächtigen“ nichts dagegen halten konnten, denn sie waren so gut vernetzt und wenn sie es wollten, dann konnten sie ganz schnell zehntausend, hunderttausend oder gar dreihunderttausend Menschen zusammen bringen.
Das Ziel des Volkes war die systematische Ausrottung der Kriege, die nur Leid, Not und Verzweiflung gebracht hatten. Nicht unter den „Mächtigen“, denn sie lebten nach wie vor in Saus und Braus, sondern unter der Mehrheit des Volkes. Sie wollten nicht mehr als Kanonenfutter gebraucht werden, nur für die Ideologien einiger alter Säcke, die sich „Staatsmänner“ nannten.
Diese alten Männer hatten so viel Elend unter das „gemeine Volk“ gebracht. Viele Städte wurden einfach so ausradiert und die armen Bewohner zur Angst und zum Elend erzogen. Dazu kamen noch die unzähligen Toten, die in Straßengräben verrotteten und das arme gemeine Volk musste sich so lange fügen, bis der Krieg zu Ende war. Obendrein mussten sich diese Kriegstreiber auch bei keiner Opposition rechtfertigen, denn bei einem Krieg wurden die normalen Prinzipien über Bord geworfen.
Auch wenn sich einige der Kriegsparteien als die „guten“ bezeichneten, so war das Reale hinter dieser Behauptung nur eine gut vertuschte Lüge. Denn es ging immer nur um Gier nach Macht und Geld. Sollte die Gier eines Tages ausgerottet worden sein, dann würde es wohl auch keine Kriege mehr geben. Auch die Angegriffenen hatten eine Schuld zu tragen, denn wenn sie diplomatischer gewesen wären, hätte man womöglich den Krieg verhindern können. Aber natürlich gab es auch Aggressoren, die ein Land ohne Gegenwehr überfielen. Hier musste man quasi nur den Aggressor züchtigen.
Vielleicht wäre diese Idee ins Trudeln geraten, wenn das Volk nicht zwei „Gönner“ gehabt hätte, die die Bürger aus ihrer Lethargie herausholen sollte. Eine internationale Pop- Ikone, die die Menschen in Scharen anzog, wollte durch ihre Lieder gegen den Krieg, etwas für den Frieden in der Welt tun.

„Du kleiner alter Patriot, Süchtels du nach immer mehr
Bringst dem Volk Leid und Elend, Von Tag zu Tag sehr
Krieg dich selbst in deiner dunklen Phantasie
Krieg dich selbst und vernichte deinen eigenen Besitz.
Denn in Wirklichkeit gehört dir Nichts.“

Dieses Lied wurde zum Selbstläufer und war in den Charts weltweit der Renner. Es wurde zum Hit des Volkes.
Der zweite Gönner dieser Idee kam aus einem anderen Lager und hatte sehr viel Macht. Dieser Einfluss erlaubte ihm fast alles im Verborgenen zu realisieren. Er gehörte einem Geheimdienst an, der wirklich versenkt agierte. Dieser Nachrichtendienst stand über all den anderen nationalen Sicherheitsagenturen und kaum einer kannte ihn. Frieden war für ihn eine Lebensphilosophie, denn im Frieden konnten die Völker wachsen.
Wenn es mal nicht so klappte mit dem Dingfestmachen der Kriegstreiber, dann schritt diese Organisation ein und so konnte in Nullkommanichts das realisiert werden, was das Volk so nicht konnte.
Die Planung der Kampf- Arena war in vollem Gange. Es sollte eine große Friedens- Arena werden, in der diese Kriegshelden nun beweisen konnten, welche Führer die besseren waren. Diese Kampfbahn wurde in einem Gebiet gebaut, das völlig frei von jeglicher Staatsgewalt war. Mitten im atlantischen Ozean entstand eine schwimmende Insel, die so groß wie ein Fußballstadion, nebst Außenanlagen, war.
Zuerst aber mussten beide Kriegsparteien zu diesem Prozedere „eingeladen“ werden. Eine Delegation aus dem Volk besuchte die Führer der jeweiligen Kriegsparteien und unterbreitete ihnen das ultimative Angebot zum Frieden. Dieser Schritt war der Gefährlichste der gesamten Unternehmung. Oft wurden die Delegierten diffamiert, aus dem Land gejagt oder gar verhaftet. Aber das Volk gab es in jedem Land.
Die sechs höchsten Staatsführer eines jeden Kriegslandes wurden zur Kriegsarena eingeladen. Sie mussten komplett und pünktlich erscheinen. Folgten sie der Aufforderung nicht, wurde das Volk zur Ergreifung derer eingesetzt. Es gab kein vielleicht, das Volk hatte sich entschieden. Entweder sie kamen freiwillig oder sie wurden geholt.
Jene, die nicht freiwillig zum Termin erschienen, und das waren fast alle, wurden von Spähern ausgekundschaftet und observiert.
Über eine sichere Verbindung wurden die Späher dann später losgeschickt, um den Aufenthaltsort der Kriegsparteien festzustellen. Ganz schnell war das Volk mit seinen zwanzigtausend oder mehr Leuten am Ort des Aufenthaltes und eh sie sich versahen, waren sie so eingekesselt, dass es kein Entrinnen gab.
Als dann die obersten Kriegsführer beider Parteien dingfest gemacht worden waren, wurden diese nach der Friedensarena gebracht, um das große Schauspiel einzuläuten. So sollte dieses Spektakel in jedes Land übertragen werden. Die Hauptsender der wichtigsten TV- Anstalten schacherten schon um die besten Austragungszeiten. Auch konnte man jetzt schon Karten für die Arena buchen. Es sollte ein ähnlicher Event wie zum Beispiel die olympischen Spiele werden.
In der Arena mussten sich die Kriegstreiber verschiedenen Disziplinen unterwerfen, wie zum Beispiel Wettlaufen, Boxen, Ringen und einige andere mehr. Auf das Alter, Krankheit und sonstige Gebrechen wurde keine Rücksicht genommen, jeder der ausgewählten Kriegstreiber musste in die Arena. Denn in den extremen Zeiten des Krieges wurde auch keine Träne für das arme geschundene Volk vergossen.
Nach dem Wettkampf kam die Gesprächsrunde, die ähnlich dem Treffen der anonymen Alkoholiker ablief. Jedoch konnte diese Gesprächsrunde locker vier Tage lang dauern. Eine neuartige Therapieform, die aus Hypnose, Tiefenentspannung und Musikfrequenzen bestand, wurde in dieser Diskussion verwendet.
In diesen Tagen der Gespräche wurde das Gier- Level der beteiligten Personen gemessen und dies war das entscheidende Kriterium, um als Verlierer oder Gewinner in die Geschichte einzugehen. All dies wurde gesendet und die Massen der Zuschauer stiegen ins Unermessliche.
So konnte herausgefunden werden, dass die Ursachen der Kriegstreiberei zu sechsundneunzig Prozent in der Kindheit der Politiker lag. So bekam auch jeder mit, welch eine schlimme Kindheit die Übeltäter hatten.
„Krieg Dich selbst“ rief das Volk und bei jeder Übertragung lief auch das Lied der Pop- Ikone, die die Massen in Scharen anzog.
Bei den Ländern aber, die im Bürgerkrieg erstickten, musste das Prozedere etwas anders sein. Doch auch dort gab es Gruppenchefs oder Untergrundbosse, die etwas zu sagen hatten und auf der anderen Seite das Militär oder die designierte Regierung. Aber auch hier gab es das Volk und dieses befand sich auch im Militär.
Das Land oder die Kriegspartei die verlor, mussten ihre Ämter abgeben und niemals wieder durften diese Politiker öffentliche Ämter annehmen, ansonsten drohte Gefängnis oder Verbannung. Die Regierung wurde dann neu gewählt, aber mit getesteten Probanden, deren Gier- Level bei null lag. Auch musste die verlorene Fraktion beim Wiederaufbau des gegnerischen Landes helfen. Als neues Gesetz musste festgelegt werden, dass die Gier schlimmer zu verurteilen galt als ein Totschlag oder Mord.
Die aber gewonnen hatten, durften ihre Ämter behalten, doch mussten die Kriegshandlungen sofort eingestellt werden und bei der nächsten Wahl wurden nur die Kandidaten zugelassen, die eine einwandfreie und glückliche Kindheit hatten. Somit wurde sichergestellt, dass die nächste Regierung nur humane und volkseigene Interessen verfolgt und nicht eigene Gier- Belange.
Nachdem dieses Prozedere eingeführt wurde, überlegten es sich die Führer zweimal, bevor sie kriegerische Handlungen anfingen. Als es dann soweit war, konnte kein Staatsmann oder Herrscher etwas dagegen tun. Nach dem ersten erfolgreichen „Volksbegehren“ begannen einige kriegstreibenden Länder schnell mit Friedensverhandlungen. Aus Angst vor der Schmach, die ihnen die Kriegsarena antun konnte.
In der Kriegsarena konnten große Probleme, die den Krieg verursacht hatten, plötzlich schnell aus dem Weg geräumt werden. Andere zögerten noch und wollten sich nicht auf diese „Spielereien“ von regierungsfremden einlassen. Stattdessen setzten sie ihre Personensicherheit auf sehr hoch. Aber auch hier bedachten sie nicht, dass sich das Volk überall befand.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

geschrieben von F X am 16.09.2024:

Es gibt zu viele Menschen die dem Machtrausch und damit dem Blutrausch wie eine Sucht verfallen sind . Sind nur zu Stoppen durch Masse die sie erdrücken!

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