Veröffentlicht: 20.02.2025. Rubrik: Lustiges
Wurst- und Durstgeschichten - Der Hanswurst und der Wurststreit
Es war eine dieser typischen Mittagsstunden im „Imbiss ums Eck“. Der Duft von Pommes und Fett hing schwer in der Luft, und der Grill zischte verlässlich, während der Schorsch mit seiner Grillzange hantierte, als würde er ein Kunstwerk vollenden. Der Hanswurst und der Hape standen wie gewöhnlich an ihrem üblichen Lieblingsstehstammtisch in der Ecke, jeder mit einer Wurst vor sich, dampfend und rotgetränkt in Currysoße. Doch heute war die Stimmung anders. Sie war geladen, wie die Luft vor einem Gewitter.
„Sag mal, Hanswurst,“ begann der Hape, während er einen skeptischen Blick auf die Wurst vor sich warf, „findest du das eigentlich wirklich gesund?“
Der Hanswurst, der gerade voller Enthusiasmus einen großen Bissen von seiner Currywurst genommen hatte, hielt inne. „Hm? Was meinst du?“ fragte er, während er die Wurst gekonnt mit der Gabel in der Soße drehte. „Currywurst? Gesund? Natürlich!“
Der Hape legte die Gabel zur Seite und verschränkte die Arme. „Gesund? Du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass das hier“ – er deutete auf die Wurst – „in irgendeiner Weise gut für deinen Körper ist.“
Der Hanswurst kaute genüsslich weiter und schüttelte den Kopf, als ob er die Zweifel vom Hape nicht ernst nehmen konnte. „Aber klar!“, sagte er schließlich, während er sich zurücklehnte. „Currywurst ist voll von Proteinen. Weißt du, was Proteine für dich tun? Die bauen Muskeln auf, mein Freund. Jeder Bodybuilder schwört auf Proteine, und das hier,“ er deutete mit seiner Gabel auf die Wurst, „ist eine Fleischbombe erster Klasse.“
„Fleischbombe?“ Der Hape zog eine Augenbraue hoch. „Ja, eine Fettbombe, das trifft’s eher. Schau dir doch mal den Fettanteil an. Das Zeug ist voll von gesättigten Fettsäuren. Die machen deine Arterien dicht und verpassen dir einen Herzinfarkt, bevor du auch nur ‚Nachschlag‘ sagen kannst.“
„Ach was,“ konterte der Hanswurst und nahm noch einen Bissen. „Fett liefert Energie. Wenn du den ganzen Tag hart arbeitest, brauchst du Energie, und die bekommst du aus Fett. Dein Körper braucht das, um den ganzen Tag auf Hochtouren zu laufen. Du bist doch sonst so fit – solltest du nicht wissen, dass das Fett in der Wurst der Treibstoff für deinen Körper ist?“
„Du arbeitest doch gar nicht hart, Hanswurst,“ erwiderte der Hape, „Und Energie? Ja, vielleicht. Aber der Preis, den du dafür zahlst, ist viel zu hoch. Schon mal was von Cholesterin gehört? Das ist nicht dein Freund. Und weißt du, was das hier“ – er pickte in die Wurst – „dir bringt? Cholesterin satt.“
Der Hanswurst verdrehte die Augen. „Ja, ja, du kommst jetzt wieder mit den ganzen ‚modernen‘ Gesundheitsstudien. Aber lass mich dir was sagen: Früher, als die Leute noch hart gearbeitet haben, da haben die jeden Tag so was gegessen, und weißt du was? Die waren kerngesund!“
„Früher!“ Der Hape lachte trocken. „Früher haben die Leute auch geglaubt, dass Zigaretten gesund sind, und hast du gesehen, wie das geendet hat? Aber lass uns mal weitergehen. Was ist mit den Ballaststoffen, ha? Die Currywurst hat null Ballaststoffe. Wie soll dein Körper damit arbeiten? Deine Verdauung bleibt auf der Strecke.“
„Ballaststoffe! Was sind das für Luxusprobleme?“ Der Hanswurst winkte ab. „Die brauchst du nicht, wenn du genug Bewegung hast. Und außerdem: Die Soße hat Curry drin, und weißt du, was da alles drinsteckt? Kurkuma! Das ist super für die Verdauung, gut fürs Immunsystem – das sagen sogar die Ayurveda-Leute!“
„Ach komm,“ sagte der Hape, „nur weil du einen Hauch von Kurkuma auf deiner Wurst hast, wird das Ganze nicht plötzlich zum Superfood. Was ist denn mit dem ganzen Zucker in der Soße? Du kippst dir da ein Ketchup-Zucker-Massaker über deine Wurst, und du weißt, was das mit deinem Blutzuckerspiegel macht? Der schießt hoch und fällt danach ins Bodenlose. Am Ende fühlst du dich nur noch müde und platt.“
Der Hanswurst runzelte die Stirn, aber ließ sich nicht beirren. „Zucker ist Geschmack, mein Freund. Und außerdem: Wenn du glücklich bist, bist du gesund. Das hat die Wissenschaft schon längst bewiesen. Und sag mir bitte nicht, dass eine Currywurst dich nicht glücklich macht. Ich meine, schau dich um: Alle hier essen Currywurst und lachen, weil sie wissen, dass das Leben gut ist, solange die Wurst heiß und das Bier kalt ist.“
„Lachen?“ Der Hape lachte diesmal wirklich, aber aus anderen Gründen. „Das mag ja sein, aber was ist morgen? Was ist, wenn du morgen mit Sodbrennen aufwachst und dein Körper anfängt, wegen dem ganzen Salz in der Wurst zu rebellieren? Du weißt doch, dass zu viel Salz den Blutdruck in die Höhe treibt. Und die Currywurst hat Salz, mehr als gut für dich ist.“
„Ja klar, Salz,“ sagte der Hanswurst und wedelte abermals mit der Gabel. „Aber du kannst nicht alles haben im Leben. Salz ist für den Geschmack. Du willst doch keine fade Wurst essen, oder? Was wäre das für ein Leben, wenn du bei allem an die Gesundheitsapostel denkst? Mal ehrlich: Wir reden hier über Lebensfreude, nicht über Diätplaner. Currywurst ist ein Genussmittel, und Genuss ist ein wichtiger Teil des Lebens.“
„Hanswurst, du redest dich da in was rein,“ sagte der Hape und lehnte sich vor. „Gesundheit ist auch Lebensfreude. Was nützt dir der ganze Genuss, wenn du in ein paar Jahren auf dem OP-Tisch liegst, weil deine Arterien verstopft sind? Und dann? Dann denkst du an die Wurst zurück und fragst dich, ob sie das wirklich wert war.“
Der Hanswurst setzte sich aufrecht hin, schob den leeren Teller zur Seite und verschränkte die Arme. „Weißt du was, Hape? Du denkst viel zu viel nach. Eine Currywurst wird dich nicht umbringen, solange du sie mit Freude isst und dabei ein bisschen Lebenslust bewahrst. Was das Leben ungesund macht, sind all die Sorgen und der Stress, den du dir wegen jedem Bissen machst. Currywurst ist nicht nur Essen. Sie ist ein Ritual, eine soziale Sache. Du isst sie mit Freunden, teilst sie mit guten Gesprächen und einem kalten Bier. Das, mein lieber Freund, ist gesunde Ernährung für die Seele.“
Der Hape schüttelte den Kopf, aber es war kein Widerspruch mehr in seinen Augen. „Hanswurst,“ sagte er schließlich, „du kannst echt alles schönreden.“
„Schönreden?“ sagte der Hanswurst triumphierend. „Nee, Hape. Schönessen. Und das ist der wahre Trick.“
Der Schorsch, der hinter dem Tresen stand und die Diskussion still verfolgt hatte, grinste breit. „Also, Jungs, was soll's sein? Noch eine Runde Wurst? Oder vielleicht doch ein Salatblatt zur Abwechslung?“
Der Hanswurst und der Hape sahen sich an, und nach einem kurzen Moment der Stille brachen beide in schallendes Gelächter aus.
„Noch ’ne Wurst,“ sagte der Hanswurst und hob sein Bier. „Aber diesmal mit doppelt Kurkuma, bitte. Ich hab was für mein Immunsystem übrig.“
ENDE
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