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geschrieben 2025 von Florian Link (Hanswurst).
Veröffentlicht: 20.02.2025. Rubrik: Lustiges


Wurst- und Durstgeschichten - Der Hanswurst und die Fastnacht

Eigentlich, das muss ich gleich klarstellen, wollte ich mit dieser Fastnacht nichts zu tun haben. Ich weiß nicht, was sich der Autor dabei gedacht hat, mich hier reinzuschreiben. Ich meine, wer mich kennt, weiß: Verkleiden ist nicht mein Ding. Schunkeln erst recht nicht. Und Masken – also bitte. Man muss doch wissen, mit wem man sich in den Untergang trinkt.

SatirepatzerSatirepatzerAber, und das ist das Tragische an der ganzen Sache: Ich habe keine Wahl. Der Autor will, dass ich hier stehe. Und so stehe ich im Imbiss ums Eck, zwischen Bratwurstdunst und Bierfahnen, und höre zu, wie der Hape mit dem Schorsch eine der existenziellen Fragen des Lebens diskutiert und ich werde dieses Déjà-vu-Gefühl nicht los.

„Schorsch“, sagt der Hape und beugt sich über den Tresen, „wie hält man das eigentlich aus, wenn man den ganzen Tag nach Fett riecht?“

Der Schorsch hebt langsam den Blick, so als müsse er erst überlegen, ob er auf diese Frage antworten will.

„Man nimmt’s halt hin“, sagt er dann und wendet eine Wurst mit der Präzision eines Mannes, der diesen Bewegungsablauf schon 50.000 Mal gemacht hat.

„Aber verändert das nicht was?“ bohrt der Hape weiter. „Ich meine, verliert Essen nicht seine Magie, wenn man den ganzen Tag von Currywurstdunst umhüllt ist?“

„Ich weiß nicht“, sage ich und schiebe mir eine Pommes in den Mund. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Hape aufhören würde, Kunst für Kunst zu halten, nur weil er in einer Galerie wohnt.“

„Das ist was anderes“, sagt der Hape.

„Nein“, sage ich.

„Doch.“

„Nein.“

„Doch.“

Der Schorsch seufzt und reicht uns wortlos zwei neue Biere.

Und dann passiert das, was immer passiert, wenn eine Diskussion zu keinem Ergebnis kommt: Der Hape beschließt, dass wir gehen.

„Komm, Hanswurst, wir machen mal einen Rundgang. Fastnacht passiert da draußen.“

„Ich will aber nicht, dass Fastnacht passiert“, sage ich.

„Ja, aber der Autor will das“, sagt der Hape.

Und damit hat er leider recht.

Der nächste logische Halt ist die Tristessa. Die Tristessa ist kein Ort, an dem Fastnacht gefeiert wird. Die Tristessa ist der Ort, an den man geht, wenn man so tun will, als gäbe es keine Fastnacht. Ein sicherer Hafen.

Der Josh steht hinterm Tresen und sieht uns an, als würde er sich fragen, warum wir nicht einfach wie normale Menschen zu Hause geblieben sind.

„Hanswurst“, sagt er und stellt mir wortlos ein Bier hin.

„Josh“, sage ich und nehme es entgegen.

Daneben am Tresen sitzt ein Typ, der aussieht, als hätte er sich auf dem Weg zum Fastnachtsumzug verlaufen und dann beschlossen, einfach hier sitzen zu bleiben.

„Das ist der Tobi“, sagt der Josh.

„Tobi“, sage ich und nicke ihm zu.

„Hanswurst“, sagt er und nickt zurück.

Dann trinken wir.

Irgendwann lehnt sich der Hape zu mir rüber. „Hanswurst, ich glaub, wir müssen los.“

„Warum?“ frage ich.

„Weil wir sonst wieder bis zum letzten Bier hier hängen bleiben, und dann wird’s wieder so eine Geschichte, wo am Ende keiner mehr weiß, warum wir eigentlich rausgegangen sind.“

„Aber das sind doch die besten Geschichten“, sage ich.

„Ja, aber der Autor hat sich diesmal eine andere ausgedacht“, sagt der Hape.

Und damit gehen wir.

Die Stadt ist ein wogendes Meer aus Verkleidungen, Alkoholfahnen und schlechten Entscheidungen. Die Musik kommt von irgendwo, aber auch von überall. Menschen tanzen, obwohl sie nicht tanzen können. Menschen singen, obwohl sie nicht singen können. Menschen trinken, obwohl sie nicht trinken sollten.

Ich sehe mich um. Ich will gehen. Aber ich weiß, dass das nicht passieren wird.

„Hanswurst“, sagt der Hape und klopft mir auf die Schulter, „wenn du jetzt fliehen willst, dann musst du es schnell tun.“

Ich drehe mich um. Hinter uns steht eine Gruppe als Clowns verkleideter Leute, die auf uns zukommt, als hätten sie beschlossen, dass wir neue Freunde sind. Gruselig.

„Zu spät“, sage ich.

Der erste Clown packt mich am Arm und zieht mich in einen Schunkelkreis. Der zweite Clown drückt mir einen Schnaps in die Hand. Der dritte Clown ruft: „Und jetzt alle!“ und auf einmal singen alle um mich herum irgendein Lied, das ich nicht kenne und nicht kennen will.

Ich verliere das Gleichgewicht, taumle rückwärts und knalle gegen einen Brunnen. Wasser. Kalt.

„Hanswurst“, sagt der Hape und zieht mich raus, „du bist nass.“

„Ich bin mir dessen bewusst“, sage ich.

Ich will nach Hause. Ich weiß, dass das nicht passieren wird.

Wir beschließen, den Kack-Fastnachtstrubel zu verlassen. Zu Fuß. Weil kein Taxi uns mitnehmen will.

„Vielleicht solltest du aufhören, über die Fastnacht zu schimpfen“, schlägt der Hape vor.

„Vielleicht solltest du aufhören, Vorschläge zu machen“, sage ich.

Wir gehen. Wir gehen lange. Wir gehen zu lange.

Dann stehen wir vor der Tristessa.

„Ich habe was gelernt heute“, sage ich.

„Was denn?“ fragt der Hape.

„Dass der Autor mich vielleicht irgendwann mal in eine Geschichte schreiben könnte, in der ich nicht in einem Brunnen lande.“

„Das glaube ich nicht“, sagt der Hape und klopft mir auf die Schulter.

Ich glaube es auch nicht. Aber zumindest ist Fastnacht jetzt vorbei...

ENDE

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