Veröffentlicht: 19.07.2024. Rubrik: Abenteuerliches
Flohmarktfahrer/innen ich gehörte einen Tag dazu
Hatte ein Feinlederwarengeschäft im ersten Bezirk, importierte selbst aus Rimini. Stellt euch vor, es ist das Jahr 1982, Österreich hat den Schilling und Italien die Lire.Beim Umtausch in der Bank erhielt man 5.000 Lire für 10 Schilling, doch am Mexikoplatz waren es sogar 5.600 Lire. Für 24000 Lire konnte man bereits ein modisches Herrenhemd erwerben..
In Rimini gab es zahlreiche viereckige Betonbauten, Lagerhallen mit Büros, eine neben der anderen, die alle mit Lederwaren handelten. Die Produkte, darunter Handtaschen, Geldbörsen, Gürtel und Aktentaschen, wurden in Heimarbeit hergestellt.
Zunächst lud mich ein Geschäftsmann zu einem sieben- oder acht gängigen Essen auf einem Schiffrestaurant ein, das zwei Stunden dauerte. Anschließend wurde mein VW Passat nicht nur beladen, sondern auch jeder verfügbare Zwischenraum mit Gürteln und Geldbörsen gefüllt, sowie Führerscheinausweise, alles für 40.000 Ö.S.
Das war nur der Anfang, um das Schaufenster zu schmücken und die Regale zu bestücken. Der Rest der Lieferung kam per Spedition. Um 20 Uhr setzte ich meine Fahrt fort, erreichte um 23:30 die Tankstelle in Tarvisio, genoss meinen Kaffee und brach zehn Minuten vor Mitternacht auf. Es war genau wie beschrieben: Kein Zoll, keine Kontrollen, ich wurde einfach durchgewunken
Vier Monate lang florierte das Geschäft hervorragend, so sehr, dass die Tür oft nicht geschlossen werden konnte, weil so viele Kunden da waren. Obwohl ich mit einer Kalkulation von 100 % arbeitete, war ich dennoch der günstigste Anbieter in der ganzen Umgebung.
So schnell wie es begonnen hatte, so rasch war es auch wieder vorbei. Die arbeitende Bevölkerung in der Umgebung hatte bereits alles Nötige gekauft, sowohl für den Eigenbedarf als auch als Geschenke, und der Umsatz kam zum Stillstand.
Ich bin kein Mensch, der an materiellen Dingen hängt, deshalb habe ich
das Lokal inseriert und mit den übrigen Taschen und Geldbörsen zum größten Flohmarkt Wiens, vielleicht sogar Österreichs, gebracht – damals jedenfalls, samstags um 4 Uhr auf dem Naschmarkt. Handeln und Feilschen lag mir nicht, nur wenn jemand mehrere Stücke kaufte, war der Preis verhandelbar, der an der Ware angebracht war.
Ein merkwürdiges Ereignis! Ich hatte noch einen fast vollen Karton mit Sporttaschen, schwarz und rot, mit dem bekannten Krokodil-Logo. Ihr wisst, welches ich meine. Normalerweise schaut das Krokodil nach rechts, aber auf den Taschen war es spiegelverkehrt. Ein Mann in Anzug, Krawatte und Hut, der sich als Anwalt ausgab, kam zu mir. Ohne zu fragen, woher ich die Taschen hatte, sagte er, er würde mich anzeigen, nahm den Karton mit 12 oder 13 Taschen und verschwand einfach in der Menge. Ich gebe zu, sein bestimmtes Auftreten und sein Aussehen schüchterten mich ein, und ich erwartete eine Strafe, aber was nun?
Es kam nie etwas und an jenem Tag konnte ich noch alles Übriggebliebene an einen Verkaufsfahrer veräußern. Für 100 Schilling pro Karton, insgesamt acht Kartons beim Umschichten, und mit beinahe 3000 Schilling kehrte ich nach Hause zurück.
Feinlederwaren gehören jetzt für mich der Vergangenheit an, aber es gab eine andere Entdeckung. Im Lager des Händlers entdeckte ich Plastiksäcke, Patchwork-Hauspatschen, bunt, aus Stoffresten zusammengenäht. Ich war der Erste in Österreich, der diese importierte. Einen Waggon voll für 8000 Schilling und für 14.000 Schilling an Herrn Direktor Scha. vom Merkur Lebensmittelhandel angeboten und verkauft.
Auch Grablichter in drei Größen, mit goldenen Kappen in roten Plastikgehäusen, einen ganzen Waggon. So lassen sich schnelle Geschäfte ohne viel Arbeit und Lagerkosten realisieren.