Veröffentlicht: 24.10.2024. Rubrik: Kürzestgeschichten
Die Glasreibe
Vorweg: Papa, mach dir keine Sorgen, ich hab dich auch sehr lieb.
Aber die Glasreibe, das ist Mama. Das steckt so viel Liebe drin. Warum wird mir dies erst Jahrzehnte nach ihrem Tod bewusst? Ich könnte gleich losheulen …
Gestern war mein Geburtstag. Es geht mir seit Tagen schlecht: Corona mit heftigen Halsschmerzen, kann also kaum etwas schlucken. Habe mir mit Eiswürfeln beholfen, damit der Körper wenigstens etwas Flüssigkeit bekommt. Das Lutschen der Eiswürfel reduziert tatsächlich die Schluckbeschwerden und tut dies im Vergleich zu den meisten Medikamenten ganz ohne Nebenwirkungen.
Und heute erinnere ich mich daran, was meine Mama gemacht hat, als es mir als kleiner Bub schlecht ging.
Meine Mama hat mir dann oft auf einer Glasreibe – Glas!, kein Kunststoff! und ohne Motor! – Äpfel zerrieben.
Einen so zerriebenen Apfel kann man auch bei Halsschmerzen hinunterbekommen.
Und, ich habe die alte Glasreibe tatsächlich hier irgendwo gefunden und mich daran erinnert, dass ich meine Mama gerade auch an einem meiner Geburtstage zum Friedhof begleiten musste, das war vor 45 Jahren.
Als ich dann begann, auf dieser alten Reibe zwei eher kleine Äpfel zu zerkleinern, habe ich gemerkt, dass dies eine ganz schön anstrengende Arbeit ist und offensichtlich auch immer schon war.
Und wieviel Mutterliebe für mich in dieser Glasreibe steckt.
Ich könnte schon wieder …