Veröffentlicht: 12.01.2024. Rubrik: Unsortiert
Gier
Dort, wo in der kleinen Klitsche am Rande der Großstadt ein komfortables Anwesen stand, wohnte der Mechanikermeister Eddy Krawzyk.
Ede wie er gemeinhin genannt wurde, hatte wahrlich begnadete Fähigkeiten.
Kamen die Bürger mit defekten Geräten aller Art zu ihm, fand er Mittel und Wege, um sie kurzer Hand zu reparieren.
So hatte er sich nach Abschluss seiner Lehre innerhalb weniger Jahre eine goldene Nase verdient.
Aber auch bei den Frauen bewies er großes Geschick, lobten sie doch seine Fingerfertigkeiten.
Es trug sich zu, dass der behäbige Bankdirektor von Tannenheim der gleichnamigen Privatkundenbank bei Eddy Krawzyk im Büro anrief.
"Herr Krawzyk, von Tannenheim am Apparat, könnten sie es bitte einrichten und einen Blick auf die Schließanlage meines Gartentores werfen? Die Automatik scheint defekt zu sein. Meine Frau wird ihnen alles weitere zeigen."
"Wann?", fragte Ede.
"Wenn sie Zeit haben, noch heute."
Ede blätterte im Kalender.
"Ich habe gleich einen Termin. Aber im Anschluss komme ich. Über ihren Auftrag freue ich mich...."
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Frau von Tannenheim öffnete die Haustür.
Eine wunderschöne, große und schlanke Frau stand vor Ede.
Sie hatte eine tolle Figur mit wohlgeformten Brüsten, jedenfalls ließ sich das unter ihrem Morgenmantel erahnen.
"Ihr Mann hatte mich heute Früh angerufen und mich mit der Reparatur ihres Gartentores beauftragt."
"Wenn das so ist, hätte er mich vorher auch mal anrufen können. Dann müsste ich ihnen nicht im Morgenmantel aufmachen."
"Sehr geehrte Frau, ich denke sie müssen sich nicht verstecken.", sprach er und schmunzelte verschmitzt.
In seinem Hinterkopf spielte sich sogleich ein erotisches Kopfkino ab.
Hier geht noch was, war er sich sicher.
Aber erst die Arbeit und später das Vergnügen.
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Für die Reparatur benötigte Ede nicht lange.
Ein passendes Ersatzteil hatte er im Caddy parat.
Nachdem er das Tor auf seine Funktionalität geprüft hatte, ging er zum Haus.
Er war angenehm überrascht, dass sie noch immer mit dem Morgenmantel bekleidet war.
"Kommen sie doch bitte herein, Herr Krawzyk. Ich habe uns ein kleines Frühstück zur Stärkung zubereitet."
Jetzt lächelte sie verschmitzt.
Sie wies zur Küchenanrichte, auf der zwei gefüllte Champagnergläser, dazu Baguetteschnittchen mit Kaviar aufgetafelt waren.
"Ihr Bankiers versteht zu leben.", meinte Ede.
Sie trat nah an ihn heran und küsste ihn leidenschaftlich.
Später sanken die Beiden im Wohnzimmer auf den Plüschteppich.
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Ein halbes Jahr war seit diesem Auftrag ins Land gegangen.
Frau von Tannenheim entpuppte sich als nimmersatte Geliebte.
So kam es, dass Ede als Haus- und Hofhandwerker bei den Tannenheims ein- und ausging.
Dank der Fülle an Aufträgen lohnte es sich für ihn auch nicht, anderweitig Arbeit heranzuschaffen.
Ede entging natürlich auch nicht, dass die Bankiersfamilie regelrecht im Geld schwamm.
Außerdem beobachtete er auf den Videos der Kameras im Tresorraum, als er die Software der Überwachungssysteme wartete, dass immense Bargeldbeträge sowie Schmuck in die Schließfächer eingelagert wurden.
Das machte ihn gierig.
Er witterte seine Chance an das große Geld zu kommen.
Er schmiedete einen genialen Plan.
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In den kommenden Tagen nahm er sich frei.
Er reiste über die Grenze nach Salzburg und mietete sich da unter einem falschen Namen eine kleine Wohnung.
Dank seiner lukrativen Aufträge zahlte er die Kaution und die Miete für die Wohnung ein Jahr im voraus.
Zufrieden trat er den Heimweg an.
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18:00 Uhr schloss das Bankhaus Tannenheim für gewöhnlich.
Der Direktor verließ gegen 18:30 Uhr das Gebäude und fuhr direkt nach Hause zu seiner Frau.
Er hatte keine großen Ansprüche an sie.
Lediglich, dass sie ihm täglich ein schmackhaftes Abendmahl servierte, das Haus sauber hielt, bei öffentlichen Anlässen eine gute Figur abgab und gelegentlich mal Sex.
Da er bereits älter war, übertrieb er es damit nicht.
Sie hatte also zwischen 8:00 bis 19:00 Uhr alle Freiheiten der Welt und er fragte nicht wie oder mit wem sie ihre Zeit verbrachte.
Wenn der Bankier nach Hause kam, fragte er meist, "Wie war dein Tag, Liebling?"
Sie antwortete dann, "Es war aufregend."
Worauf er lapidar sprach, "Schön! Aber bitte keine Details jetzt. Ich brauch ein paar Augenblicke Ruhe. Wir reden später beim Abendessen."
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Da es um diese Jahreszeit 19:30 Uhr bereits stockfinster war, fuhr Ede, ohne Aufsehen zu erregen, mit dem Caddy auf den Parkplatz hinter das Bankgebäude.
Die Außenkameras hatte er mit seinem Mobiltelefon bereits abgeschaltet.
Außerdem entaktivierte er sämtliche Sicherheitseinrichtungen der Bank.
Im Anschluss begab er sich in den Tresorraum mit den Schließfächern.
Die Tannenheims hatten ein derartig festes Vertrauen zu Ede, dass er zu allen Anwesen und Gebäuden der Familie freien Zugang hatte.
Dank seiner Ausbildung als Mechaniker öffnete er sämtliche Schließfächer der wohlsituierten Kundschaft.
Er nahm sich jedoch, damit es nicht auffiel, jeweils immer nur einen Teil der Banknoten sowie einige Goldmünzen heraus.
In einem großen Schließfach mit mehreren Schiebern gingen ihm die Augen über.
Beryll-, Diamanten- sowie Smaragd-Colliers, für jeden Anlass das Passende.
Er wurde schwach und griff zu.
Vor dem Verlassen der Bank verschloss er alle Fächer. Anschließend stellte er sämtliche Sicherheitssysteme wieder scharf.
Keine Menschenseele hatte etwas bemerkt.
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Zu Hause angekommen, stapelte er die Beute in einen Koffer.
Morgen Vormittag, vor dem Abtransport des Diebesgutes in seine Zweitwohnung würde er Frau von Tannenheim einen Besuch abstatten und ihr einige "kleine Freuden" bereiten.
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Frau von Tannenheim öffnete in erregter Erwartung die Haustür.
Ede trat ein.
Dabei verschlug es ihm die Sprache.
Sie stand vor ihm in einen Nachthemd, das mehr offenbarte, als es verdeckte.
Das Material schien zu je gleichen Teilen aus Luft und Seide beschaffen zu sein.
Dazu trug sie feine Absatzschuhe, die ihre langen Beine betonten.
Schon im Flur öffnete sie seine Hose und zerrte ihn ins Wohnzimmer zum Plüschteppich....
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"Ich habe da eine Überraschung für dich.", sprach Ede lächelnd und reichte ihr ein Kästchen mit einem Collier.
Sie öffnete es, zuckte kurz zusammen, wobei ihr Gesicht errötete.
Sie stand auf.
"Ich gehe schnell ins Badezimmer und lege es für dich an."
Im Davoneilen schnappte sie sich ihr Mobiltelefon vom Tisch.
Einen Augenblick später kehrte sie zurück.
Das edle Schmuckstück bedeckte ihren nackten Busen.
Sie legte sich zu ihm.
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Es läutete an der Haustür.
"Wer ist das?", fragte Ede. "Etwa dein Mann?"
"Nein, der Briefträger, ich erwarte ein Einschreiben.", log sie.
Sie ging zum Flur und warf sie sich dort einen Mantel über.
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Kommissar Hiller erschien im Wohnzimmer, in Begleitung eines uniformierten Hauptwachtmeisters.
Ede bedeckte erschrocken seine Blöße.
"Eddy Krawzyk, der sind sie doch?", fragte der Kommissar. "Wir verhaften sie wegen Bankraubes. Alles was sie ab jetzt sagen, kann gegen sie verwendet werden."
Nachdem sich Ede angekleidet hatte, klickten die Handschellen.
Frau von Tannenheim ohrfeigte ihn zornig.
"Du Idiot hast meinen Schmuck aus der Bank geklaut!"
Und im Vorbeigehen, als er abgeführt wurde, rief sie ihm traurig hinterher, "Wir Beiden hatten so eine schöne Zeit miteinander und du hast es mit deiner Gier vermasselt."
(C) Jens Richter im Januar 2024