Veröffentlicht: 10.03.2025. Rubrik: Märchenhaftes
Das Märchen vom Jäger und der Prinzessin
In einem Land hinter den sieben Bergen,
noch weit hinter dem Reich von Zwergen,
gab es im Fels einen Drachen,
von dem man munkelte gruselige Sachen.
So war es bei ihm Sitte,
dass er des Königs erste Tochter stahl, aus der Familienmitte.
Immer dann, wenn diese 21 Lenze erreichen,
ließ der Unhold keine Zeit verstreichen.
Mit wildem Getöse gleich dem Wirbelwind,
entriss er den Eltern ihr liebliches Kind.
Es half nicht wehen, nicht klagen,
im Palast sollte man den Verlust ertragen.
Außer einem mutigen Jägersmann,
bot keiner dem Königspaar seine Hilfe an.
Doch der war von niedrigem Geblüt,
so war am Hof die Freude wohl verfrüht.
Der Jäger zog zur Drachenhöhle hin,
das Böse herauszufordern lag ihm im Sinn.
Laut rief er ins dunkle Loch.
Das Untier hörte die Rufe doch.
„Welch dreister Wicht,
respektiert meine finstre Wohnstatt nicht.“
Er hielt die Schöne in seinen Krallen,
sie war aus Angst in Ohnmacht gefallen.
Grummelnd kam der Drache zum Tageslicht hervor.
Oh Schreck, dem Jäger das Blut in den Adern gefror.
Fix spannte er an der Flinte den Hahn,
der Drache tat schon übles erahn.
Einen lauten Knall musste er vernehmen,
es taten ihm die Augen tränen.
Tausend kleine Kugeln aus Schrot
färbten des Drachen Körper rot.
Schwer getroffen fiel er auf der Erde Boden,
des Jägers Treffer galt es zu loben.
Das Untier verrichtet jetzt keinen Schaden mehr,
die Menschen im Reich erfreute das sehr.
Mit der Prinzessin hoch zu Ross,
ritt er hin zum königlichen Schloss.
Doch man wollte dem Jäger die Schöne nicht geben,
worauf der König meinte, niederes Blut, nimm es sportlich eben.
„Dich zu belohnen ist meine Pflicht,
nur die Prinzessin bekommst du nicht.“
Das riss dem Jäger der Faden der Geduld,
„König, ihr steht in meiner Schuld.
Ich möchte mich mit eurer Tochter vermählen
oder diese Schande wird euch bis ans Ende quälen.“
Der Jäger nahm die Prinzessin an die Hand,
über Felder und durch den Wald flohen Beide aus dem Land.
Wie der Jäger es dem König im Voraus sagte,
bis zum Lebensende Sorge die Eltern plagte.
In so manch melancholischer Stunde,
sprach der König an des Tafels Runde.
„Hätte ich nur dem Helden unsre Tochter nicht verwehrt,
vielleicht gäbe es heute Enkelchen auf der Erd.
Die unser hiesiges Dasein verzücken
und uns mit schönen Stunden beglücken."
Ende
(C) Jens Richter, 2024

