Veröffentlicht: 14.02.2021. Rubrik: Kürzestgeschichten
Der Reiz des Äußeren
Da stand sie, vor ihm in greifbarer Nähe. Verlockend wie immer. Schön, geschmackvoll, elegant. Ihr ganzes Äußeres war nur dazu bestimmt anziehend zu sein. Die lieblichen Rundungen und Wölbungen, die zu sagen schienen: „Nimm mich.“ Motten und Licht, fielen ihm dazu ein. Er wusste, dass das betörende Äußere nichts mit ihrem Inneren zu tun hatte, das stand in einem krassen Gegensatz. Das war zwar noch immer anziehend, fast unwiderstehlich und dennoch geradezu abstoßend. Ihm war klar das ihr Duft ihn mehr und mehr in den Bann ziehen würde, er wusste aber auch, sollten seine Lippen sie auch nur sanft berühren würde er sich unweigerlich verbrennen. Am liebsten hätte er sie mit beiden Händen fest umklammert, einerseits um sie fest zu halten, andererseits um sie am liebsten fort zu stoßen. Er wagte nicht über ihr dunkles Inneres nachzudenken, von dem er meinte es wäre abgrundtief, sozusagen ein Fass ohne Boden. Seinen ganzen Mut zusammennehmend schloss er die Augen, ließ alles noch einmal Revue passieren. So wie es beim letzten Mal war. Bitter, abscheulich, ja geradezu ekelhaft. Sofort hatte er einen widerlichen Geschmack im Mund. Trotzdem, es hatte keinen Sinn, er musste da durch. Noch einmal, es sollte das letzte Mal sein. Danach nie wieder. Dann endlich hätte er den Kaffee auf! Es käme für ihn nicht mehr in Frage einen derart billigen Kaffee in solch eine schöne Tasse zu schütten.