Veröffentlicht: 20.07.2019. Rubrik: Menschliches
Sommerohren
Sommerohren
Es ist Sommer. Es gibt nichts Schöneres als den Morgen mit frischen Brötchen und einem guten Kaffee auf der Terrasse zu beginnen. Gut, es dauert etwas, bis alles draußen ist. Dafür ist man an der frischen Luft. Die Kubanischen Klänge aus dem Nebenhaus stören mich nicht. Naja, jeden Morgen ist das schon etwas nervig aber wenn es die Nachbarin glücklich macht. Dabei dachte ich, sie würde mehr auf asiatische Musik stehen, da sie daherkommt. Jedem das Seine. Von der anderen Seite meldet sich lautstark der Kater, der wird wohl auch Hunger haben. Der Hund von gegenüber kläfft.
Ich gieße mir Kaffee in die Tasse und schmiere mein erstes Brötchen. Vielleicht, denke ich, hätten wir die Hecke doch nicht so kurz schneiden sollen, jetzt können wir direkt zum Nachbar sehen.
„Weißt du Schatz, ich werde heute schon die Reifen prüfen lassen, dann habe ich morgen weniger Stress!“, meint der Nachbar durch die kubanischen Klänge. Ich tippe, er ist Psychiater oder Pfarrer, er hört sich für mich so an. Sie antwortet nur mit einem, „Okay.“ Geschirr klappert, Papier raschelt.
„Du Schatz, fahr doch mit nach München!“, schlägt er vor.
München, denke ich, nicht schlecht. Englischer Garten und oder eine Maß Bier.
„Nein“, zieht sie es künstlich in die Länge. Gerade läuft ein wehmütiger Song von der kubanischen Band.
„Aber wieso? München ist schön!“, schlägt er weiter vor. „Ach nein, ich möchte nicht mit.“ Wieder klappert das Geschirr.
Der erste Biss in mein mit Honig beschmiertes Brötchen, ein lauer Wind kommt auf, ich kaue genüsslich.
„Du solltest mitkommen, es wird Dir gefallen!“, bohrt er weiter. „Nein!“
Nun fahr doch mit, denke ich und beiße nochmal herzhaft zu, Krümel fallen auf den Boden. Drüben rührt einer in der Tasse und der Kater aus dem Nebenhaus meldet sich auch noch mal zu Wort. Vermutlich war es das falsche Futter. Der Hund ist gerade still.
„Doch komm doch mit! Dann kommst Du mal raus, bekommst mal was Anderes zu sehen.“, startet er einen neuen Versuch. „Nein! Ich möchte nicht mit! Ich möchte allein sein!“ kommt es knapp aber bestimmt zurück. „Du willst allein sein? Warum?“ Es wird nicht mehr gerührt, dafür klirrt das Porzellan, vermutlich der Löffel. „Ich bin lieber allein. Du fährst allein.“
Wieder kläfft der Hund.
Schade, denke ich und nehme einen kräftigen Schluck von meinem Kaffee, die extra starke Mischung von der man so richtig wach wird.
„Ja, wenn Du allein sein willst, dann solltest Du Dir direkt eine andere Wohnung suchen!“, ein bisschen klingt er jetzt beleidigt, behält aber seinen salbungsvollen Ton bei, „ich gebe Dir aber nichts dazu!“ Die Kubaner werden wieder rhythmischer, fasst möchte man ja mit steppen.
„Was willst Du mir schon geben?“, sagt sie mit dieser süßen asiatischen Stimme die sich immer ein wenig nach Kind anhört, „Du kannst mir sowieso nicht geben was ich brauche.“
Und wieder schreit der Kater, man hat das Gefühl er möchte alles übertönen. Hab erbarmen und gebe dem Tier doch endlich was es braucht, flehe ich still vor mich hin. Der Wind streicht durch die Bäume. Ein paar vertrocknete Blätter rieseln herab. Trotz allem ist das Wetter eher drückend, die Sonnenstrahlen fast stechend. Ich frage mich weshalb ich den Hund im Fenster sehe? Der muss auf der Anrichte stehen!
„Was soll das nun heißen?“, hakt er nach. Ein Fenster knallt zu, Kuba verstummt. Der Hund gegenüber kratzt an der Scheibe, die Kurzgardine gibt nach und rutscht herunter. Ist da niemand zu Hause? Wieder bellt er, der Kater maunzt.
Ein Fenster wird aufgerissen. „Liebe, ich meine Liebe. Da brauche ich mehr!“, schwappt es mit asiatisch unterlegten Slang zu mir herüber. Wieder knallt das Fenster zu. Ein anderes Fenster wir geöffnet. „Nun geh schon nach draußen“, höre ich im liebevollem Ton und gleich darauf rennt der Kater durch meinen Garten, ich gehe davon aus, dass er genau unter meinen Hortensien sein Geschäft verrichten will. Gegenüber wird auch ein Fenster geklappt.
„Meine Güte Bella! Was hast du denn da gemacht?“ Hat der Nachbar jetzt mitbekommen, dass sein Hund nur Blödsinn macht, wenn man ihn allein lässt?
„Du hast den ganzen Mülleimer ausgeleert. Welch eine Schweinerei! Oh wie sieht denn die Küche aus?!“
Irgendwie ist die Sonne verschwunden. Der Wind frischt weiter auf und ehe ich mich versehe fallen dicke Tropfen auf die Terrasse. Schnell räume ich alles zusammen und verziehe mich nach drinnen.
Genau genommen ist es hier viel angenehmer, auch kann ich die Musik hören die mir gefällt. Und ja, der Kaffee ist noch heiß und ein Brötchen bleibt mir noch.