Veröffentlicht: 21.04.2025. Rubrik: Persönliches
*Zukunftsmusik
Eigentlich hatte sich mein Wunsch, in die Schule gehen zu dürfen, schon klammheimlich mit vier oder fünf Jahren eingestellt. In der damaligen Zeit war es, zumindest in meiner Verwandtschaft, verpönt, ein Kind in den Kindergarten zu schicken. "Wir wollten dich genießen", tönte meine Mutter, obwohl es eher ein Besitzen war. Zurückstellen wollten sie mich lassen von der Schule, als ich sechs Jahre alt war, zur Kinderärztin ist sie gelaufen mit mir deswegen. Was für ein Glück, dass die Frau Dr. Demml mich selber gefragt hat, und freilich wollte ich in die Schule gehen, was für eine Frage.
Als ich dann als Erstklässlerin eifrig und begeistert im Unterricht saß, reifte in mir der Beschluss, dem Schulalltag treu zu bleiben, eine Lehrerin zu werden. Vier Kinder wollte ich haben, dazu einen Bauernhof nebenher, mit einem Pferd, mit dem ich zur Schule reiten würde. Während des Unterrichts würde meine Mutter sich um ihre Enkelkinder kümmern, stand es doch außer Frage, dass sie das am besten konnte. Nach dem gemeinsam gekochten Mittagessen, hätten die vier Kinder raus zum Spielen gedurft, und meine Mutter wollte mir helfen, die Hefte und Proben, wie die Leistungsnachweise damals in der Grundschule bezeichnet wurden, mit einem Rotstift zu korrigieren, bis mein Mann von der Arbeit nach Hause kam. Genau so hatten wir meinen Lebenslauf ausgemacht.
Lehrerin bin ich tatsächlich geworden, das Pferd habe ich in eine Benzinkutsche eingetauscht, zwei Kinder bin ich dieser Idee schuldig geblieben. Bis ins hohe Alter hat es meine Mutter nicht wirklich verwinden können, dass ich als Fachlehrerin an einer weiterführenden Schule unterrichtet habe, wo sie mir bei den Korrekturarbeiten nie helfen konnte; waren diese doch viel zu hochgestochen für eine einfache Frau wie sie.

